Ozeangipfel in Berlin: Meere? Nicht wichtig!
Auch wenn der neue Umweltminister Carsten Schneider anderes zu tun hat: Sein Fernbleiben beim Ozeangipfel setzt ein falsches Zeichen.
E s ist eine Abrechnung mit Ansage: Am Tag des Nationalen Ozeangipfels feuert die neue Bundesregierung den Meeresbeauftragten. Deutlicher kann sie den Bruch mit der Ampelpolitik kaum markieren. Die Botschaft: Weg mit allem, was irgendwie „grün“ aussieht. Meeres- und Klimaschutz passen Union und SPD nicht ins Programm. Es kommt nicht von ungefähr, dass auch die Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik gehen muss.
Dabei hat die Stelle von Sebastian Unger im Umweltministerium nichts zusätzlich gekostet, aber Öffentlichkeit für ein Thema geschaffen, das immer wichtiger wird. Nord- und Ostsee stehen massiv unter Druck – durch Klimawandel, Überfischung, Nährstoffeinträge. Jetzt sollen sie laut Koalitionsvertrag auch noch für CO2-Speicherung und Gasförderung herhalten, neben dem weiteren Ausbau der Windenergie. In puncto Fischerei ist von der Koalition keine Abkehr zu erwarten.
Aus der Verantwortung stehlen kann sich die neue Regierung aber nicht, denn die Wiederherstellung der Natur ist EU-Gesetz. Großflächige Schutzgebiete oder gar ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei? Daran bissen sich auch die grüne Ex-Umweltministerin Steffi Lemke und Ex-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die Zähne aus. Lemke gelang immerhin das Kunststück, dauerhaft Geld für den Meeresnaturschutz lockerzumachen. An Geld mangelt es Union und SPD dank Sondervermögen nicht, wohl aber am Willen.
Der neue SPD-Umweltminister Carsten Schneider blieb der Ozeankonferenz fern. Man muss ihm zugutehalten, das Treffen kam zur Unzeit: Er war mit der Kanzlerwahl, seiner Vereidigung und der Wahl des SPD-Fraktionsvorsitzenden beschäftigt. Schneider hat jedoch keine Schonfrist: Im Juni beginnt in Nizza die Weltozeankonferenz.

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Bis dahin wollte Deutschland eigentlich das UN-Abkommen zum Hochseeschutz ratifiziert haben, doch das Ampel-Aus machte Lemke einen Strich durch die Rechnung. In Nizza dürfte Deutschland mit leeren Händen dastehen. Das Signal ist international dasselbe wie national: Die Meere sind nicht wichtig.
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