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Ostkonvent der SPD in ErfurtMoral und Milliarden für den Osten

Bei ihrem Ostkonvent inszeniert sich die SPD weiter als Kümmererpartei Ost. Mit den Landtagswahlen im Herbst habe das natürlich nichts zu tun.

SPD-Spitzenpolitiker stellen in Erfurt ihre „Zukunftsprogramm Ost“ vor Foto: dpa

Erfurt taz | Die Autofahrt auf der A4 von Dresden zum Ostkonvent der SPD am Sonnabend in Erfurt führt sehr praktisch ins Thema ein. Rund 30 Kilometer sehen inzwischen aus wie die alte Reichsautobahn: über weite Strecken Tempolimits wegen des Fahrbahnzustandes. Die Aufbau-Ost-Milliarden des Nachwendeschubs für die Infrastruktur sind aufgebraucht, aber auch 30 Jahre danach wird das Beitrittsgebiet immer noch wie ein hilfsbedürftiges Entwicklungsland betrachtet.

Die Sozialdemokraten widmen der Problemzone jetzt ein 24-seitiges „Zukunftsprogramm Ost“, das in Erfurt vorgestellt wurde. Selbstverständlich nicht auf die drei im Herbst stattfindenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg schielend, wie der SPD-Ostbeauftragte und sächsische Landeschef Martin Dulig dementierte.

Zwei Tage zuvor hatten sich nur ein Dutzend Kilometer entfernt in Neudietendorf die Ost-Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin getroffen. Auch hier ging es um gleichwertige Lebensverhältnisse, DDR-Sonderrenten, die drohende Herabstufung Ostdeutschlands als EU-Förderziel ab 2021, die psychologisch wichtige Ansiedlung von Bundesbehörden oder die Dominanz von Westdeutschen auf allen Leitungsebenen. Beide Termine hatten gemeinsam, dass die Problembeschreibung wesentlich leichter fiel als die Formulierung einer konkreten Handlungsagenda.

Wenn eine solche in Erfurt zu vernehmen war, ging es vor allem um Ziele, die die sich neu „verlinkende“ SPD derzeit auch auf Bundesebene in der GroKo durchsetzen möchte. Bundesvorsitzende Andrea Nahles erwartet, dass 750.000 Ostdeutsche von der geforderten bedingungslosen Grundrente profitieren würden. Familienministerin Franziska Giffey fand die Kinderbetreuung wie auch die Impfpflicht in der DDR nachahmenswert und pries das kürzlich vom Bundestag verabschiedete sogenannte „Starke-Familien-Gesetz“. Mietwucher in ganz Deutschland soll durch ein mieterfreundlicheres Recht begegnet werden.

Eine Art Mekka für Ossis

Die Stimmung, die die komplett versammelte Parteispitze und die Bundes- und Landesminister auch unter den 300 versammelten Gästen zu wecken versuchten, erinnerte an die geschickte Ermunterungsstrategie des „Sachsenkönigs“ Kurt Biedenkopf während der 1990er Jahre. Auf die Moral kommt es an, auf den Glauben an sich, auf das, was in der sozialistischen DDR mal „subjektiver Faktor“ hieß. „Selbstbewusstsein mit den Mundwinkeln nach oben“, nennt das Martin Dulig.

Dazu gehört die Anerkennung der früheren Lebensleistungen wie die der Kraftanstrengung nach 1990, wie Matthias Platzeck sagte, ebenso die Benennung der Verletzungen und der biografischen Brüche während der Nachwendeturbulenzen.

Auf den früheren Brandenburgischen Ministerpräsidenten geht auch der Vorschlag zurück, ein architektonisch attraktives „Zukunftszentrum Ost“ einzurichten. Eine Art Mekka für Ossis, wo dieser Umbruch erzählt und nach vorn diskutiert wird.

An die Biedenkopf-Ära wiederum erinnert das greifbarste technologisch-industrielle Vorhaben der SPD. „Nicht West-Nachbau, sondern Ost-Vorsprung“, lautet das Motto, unter dem speziell Martin Dulig „Europäische Leitprojekte“ für Batteriezellentechnologie und alternative Antriebe fördern will.

Gefordert wird auch ein Kompetenzzentrum „Digitalisierung und ländlicher Raum“ in Ostdeutschland. Das könnte den Bund einige Milliarden kosten, ebenso wie weitere Bundesförderung strukturschwacher Regionen nach Auslaufen des Solidarpaktes in diesem Jahr.

Neben SPD-Üblichkeiten wie Sozialem, Arbeit und Bildung wird auch eine Beseitigung der „strukturellen Schieflage bei der Zerlegung der Einkommens- und Körperschaftssteuer“ angesprochen. Warum die SPD ein spezielles Ostprogramm brauche, wo sie doch in allen sechs Ostländern regiert oder mitregiert, fragten Journalisten. Man merke schon, „wo Sozialdemokraten ihre Pfoten drin haben“, erklärte Parteichefin Nahles.

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1 Kommentar

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  • Im Klartext zu den Wirtschaftsflüchtlingen Ostdeutschlands von 1989/1990 – bis heute.







    Es war die größte Konsum- und Wirtschaftsflucht in der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Vergleichbares wurde selbst nicht nach den I. und II. Weltkrieg erreicht.







    Dabei auch nicht einmal aus sozialen Elend und vergleichbarer Armut, so wie die heutige große Mehrzahl der Flüchtlinge und Migranten, aus den asiatischen, arabischen und afrikanischen Weltregionen!







    Eine Minderheit wurde nach 1990 mit bürgerlichen Partei- und Beamtenposten und entsprechenden Pensionsansprüchen belohnt (siehe u.a. Gauck und Merkel) und wurden dabei selbst VermögensmillionärInnen (deren Konsum- und Traumziel?). Für eine Mehrheit gab es westliche Rentenanpassung. Die ihnen heute häufig aber immer noch nicht ausreicht.

    Heute liegt die durchschnittliche Wirtschaftsleistung Ostdeutschlands bei 69 Prozent der eigenständigen Wirtschaftsleistung Westdeutschlands (100 Prozent). –

    Aber auch Andrea Nahles (SPD) verspricht ihren ostdeutschen Brüdern und Schwestern, so wie schon Helmut Kohl (CDU) Jahrzehnte zuvor, eine analoge Angleichung des Lebensstandards wie in Westdeutschland. Dabei bezieht die Mehrzahl der westdeutschen Rentnerinnen, ohne Beamtinnen und Wirtschaftslobbyistinnen, eine Armutsrente, deutlich unterhalb von 60 Prozent der durchschnittlichen GRV-Rente für ostdeutsche Frauen. – Im Gegensatz zu Ostdeutschland befinden sich in Westdeutschland Millionen Frauen in einer Rentenehe, bzw. Pensionsehe.

    Um den ostdeutschen Rechtspopulismus und imperialistischen Nationalismus zu besänftigen, da werden die sozial gut-versorgten und materiell gut-geschmierten westdeutschen Wirtschafts- und Parlamentspopulisten und ihre ostdeutschen parlamentarischen Hofschranzen schon dafür sorgen, dass die westdeutsche w/m Arbeiterklasse ihren Gürtel enger schnürt, um die ostdeutschen Brüder und Schwestern noch besser mit deren Konsumerwartungen und -wünschen zu versorgen.

    - ungeschminkt.

    8.4.2019, R.S.