Ostermärsche der Friedensbewegung: Käßmann warnt vor Diffamierung

Ex-Bischöfin Margot Käßmann sprach sich in Hannover erneut gegen Waffenlieferungen aus. Die Zahl der Ostermarschteilnehmer lag auf Vorjahresniveau.

Zwei Männer halten auf dem Berliner Ostermarsch Plakate mit folgender Aufschrift hoch: „Weder Nato noch Putin" und „Frieden sofort“

Teilnehmer des Berliner Ostermarsches am Samstag Foto: Fabian Sommer/dpa

FRANKFURT/BERLIN epd | Bei den diesjährigen Ostermärschen haben bundesweit mehrere Tausend Menschen für den Frieden und einen Waffenstillstand in der Ukraine demonstriert. Nach vorläufigen Angaben des Netzwerks Friedenskooperative von Samstagnachmittag bewegten sich die Teilnehmerzahlen in vielen Orten in etwa auf dem Niveau des Vorjahres oder lagen leicht darüber, wie ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst sagte. Mancherorts kamen jedoch auch weniger Friedensbewegte als an Ostern 2022.

In Hannover forderte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, bei einer Kundgebung ein Ende der westlichen Waffenlieferungen an das von Russland überfallene Land. „Wir wollen nicht, dass die Eskalation weitergetrieben wird und noch mehr Waffen in das Kriegsgebiet geliefert werden“, sagte die Theologin und frühere evangelische Landesbischöfin in der Ruine der kriegszerstörten Aegidienkirche. „Denn mit diesen Waffenlieferungen werden wir mitverantwortlich für all die Toten.“ An einem Demonstrationszug durch die Innenstadt unter dem Motto „Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg“ beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 1.100 Menschen.

Auf Plakaten und Transparenten forderten die Demonstrierenden in Hannover eine gewaltfreie Konfliktlösung im Ukraine-Krieg und sofortige Verhandlungen. „Wenn hier nicht ein glasklares Stoppschild gesetzt wird, werden die Nato-Staaten zur Kriegspartei“, sagte Käßmann unter Applaus: „Dann liefern wir Kampfbomber, Kriegsschiffe, vielleicht gar Soldaten und stehen am Rande eines dritten Weltkriegs, der auch mit atomaren Waffen geführt wird. Diese Eskalationsspirale muss sofort beendet werden.“ Käßmann wandte sich auch gegen eine Diffamierung der Friedensbewegung und sprach sich dafür aus, dass russische Kriegsdienstverweigerer Asyl in Deutschland erhalten.

Erneut zwei konkurrierende Veranstaltungen in Berlin

Zahlreiche Menschen haben am Karsamstag in Berlin auf zwei Ostermärschen für Frieden demonstriert. Zum traditionellen Ostermarsch der Friedenskoordination unter dem Motto „Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg“ versammelten sich nach Polizeiangaben 1.500 Menschen.

In Berlin gab es vor dem Hintergrund der Debatte um den Umgang Deutschlands mit dem Krieg in der Ukraine erneut zwei konkurrierende Veranstaltungen. Bei der zeitgleich stattfindenden Versammlung unter dem Titel „Kritische Perspektive auf den Berliner Ostermarsch“ zählte die Polizei 150 Teilnehmer. An einer weiteren Kundgebung unter dem Motto „Stand With Ukraine“ nahmen demnach ebenfalls 150 Menschen teil.

In dem Aufruf zum traditionellen Berliner Ostermarsch warnten die Veranstalter vor einer Eskalation des Krieges in der Ukraine. Deutschland mache sich durch Waffenlieferungen, „permanente Kriegsrhetorik und durch Schüren von Feindbildern“ mitschuldig.

Der Verein „Gerade denken“ betonte auf Twitter Offenheit für Kritik an Nato und Waffenlobby. Als Veranstalter der Versammlung „Kritische Perspektive auf den Berliner Ostermarsch“ lehnte er „rechtsoffene Verschwörungsideologien“ ab.

Im Aufruf zum traditionellen Ostermarsch hieß es weiter, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen auch in Deutschland zu Preissteigerungen und Armut führten. Gelder würden verschwendet, die dringend zur Überwindung der drängenden Probleme in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Umwelt und Klima benötigt würden: „Jeder weitere Kriegstag erhöht die Gefahr eines Dritten Weltkrieges.“

In Bremen zogen laut Polizei etwa 1.000 Menschen vom „Friedenstunnel“ zum Marktplatz und folgten damit einem Aufruf des Bremer Friedensforums. Die Veranstalter sprachen von rund 2.000 Teilnehmenden. Bei der Abschlusskundgebung verurteilte der katholische Theologe Eugen Drewermann aus Paderborn den Militarismus in jeder Form. „Wir werden die Angst nicht überwinden, wenn wir anderen Angst machen“, sagte er. „Man kann auf das Böse nicht mit den gleichen Mitteln reagieren.“

In der Leipziger Innenstadt nahmen an dem dortigen Ostermarsch unter dem Motto „We are the people! We are peace!“ (Deutsch: Wir sind die Menschen! Wir sind Frieden!) nach Angaben des Anti-Kriegs-Forums Leipzig 300 Menschen teil.

Mit einer Auftaktkundgebung in Duisburg begann auch der dreitägige Ostermarsch Rhein-Ruhr, der bis Ostermontag durch zahlreiche Städte der Region zieht. Er zählt zu den bundesweit größten und wichtigsten Aktivitäten der Friedensbewegung zu Ostern, die traditionell am Karsamstag ihren Schwerpunkt haben.

Bundesweit gab es Kundgebungen an mehr als 100 Orten. „Die Ostermärsche bleiben auch in diesen kriegerischen Zeiten das Rückgrat einer lebendigen Friedensbewegung im Lande“, sagte Willi van Ooyen von der Infostelle Ostermarsch in Frankfurt am Main.

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