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Illustration: Manuel Fazzini

Ost trifft West beim Kirchentag 2025 Evangelische Kirche zwischen Mauer und Wandel

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Beim Kirchentag: zwei Pfarrer aus Ost und West über Glauben, DDR-Erfahrungen und warum die Kirche heute klar Haltung gegen die AfD zeigen muss.

Diese Woche meldet sich „Mauerecho – Ost trifft West“, der Einheitspodcast der taz Panter Stiftung, vom Deutschen Evangelischen Kirchentag 2025 in Hannover. Moderator Dennis Chiponda spricht am Rande des Kirchentags mit zwei Gästen, die die evangelische Kirche aus Ost und West vertreten: Andreas Behr, Pastor aus Niedersachsen, und Tobias Jachmann, Pfarrer aus Forst in der Lausitz.

Die Folge beginnt mit einem Blick auf die Entwicklung der evangelischen Kirche in Ost und West seit dem Zweiten Weltkrieg. In der DDR waren zeitweise bis zu 96 Prozent der Bevölkerung evangelisch, heute sind es weniger als 15 Prozent. Im Westen gehörten in den 1950ern über die Hälfte der Menschen der Kirche an, aktuell ist es etwa ein Drittel.

In der Rubrik „Mauergeflüster“ erzählen beide von ihren Erfahrungen mit Kirche und Glauben im geteilten Deutschland. Behr nahm Unterschiede atmosphärisch wahr, Jachmann schildert, wie seine Familie in der DDR wegen ihres Glaubens Nachteile in Bildung und Beruf erlebte. „Wenn man in den Westen rübergeguckt hat, da konnte man freier Christ sein. Man konnte Abitur machen, studieren als Christ, was auch immer man wollte. Das war im Osten schwierig.“

Die Folge zeigt, wie die Kirche im Osten nicht nur Glaubensraum, sondern auch Schutzraum und Bildungsweg war – oft die einzige Alternative, wenn staatliche Wege verschlossen blieben. Darüber erzählt Behr: „Deswegen, wenn Tobias sagt, dass aus Ostsicht im Westen alles besser sei, was die Kirche angeht, an dieser Stelle haben wir manchmal auch das Gefühl gehabt: Im Osten ist es nicht besser, aber die sind verbindlicher in der Kirche.“ Beide berichten, wie sich diese Prägungen bis heute in Familien und Gemeinden fortsetzen. Die Gäste erzählen, wie ihre Familien sie im Glauben prägten – mit Tisch- und Nachtgebeten, aber auch mit Widerständen: Behr wuchs in einer offenen Atmosphäre auf, Jachmann berichtet von der Spannung zwischen religiöser Tradition und atheistischem Elternhaus.

Verbindungen über die Mauer: Kirchliche Partnerschaften

Behr berichtet von kirchlichen Partnerschaften zwischen Ost und West, die trotz politischer Trennung gepflegt wurden – etwa durch Jugendbegegnungen in Ungarn oder den Austausch von Informationen über persönliche Kontakte. „Wir haben das geschafft, dass wir uns 1988 in Ungarn getroffen haben. Da durften die im Osten hinfahren und wir auch. Es ist immer mündlich kooperiert worden. Wenn mal jemand drübergefahren ist, dann haben die gesagt: So, passt auf, dann geht das los.“

Im weiteren Verlauf der Folge geht es um die gesellschaftliche Herausforderung durch die AfD und den Umgang der Kirche damit. Die Gäste sprechen über die Verantwortung der Kirche, Haltung gegen Rechtsextremismus zu zeigen, ohne den Kontakt zu Menschen zu verlieren, die AfD wählen. Auch die Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren wird beleuchtet. „Man darf sich nicht vormachen, dass man die Probleme durch Feinde der Demokratie nur durch Verbotsverfahren lösen kann. Viel wichtiger ist es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und im Dialog zu bleiben“, so Behr.

Ein weiterer Schwerpunkt im Gespräch ist die Rolle der CDU im gesellschaftlichen Klima und ihre Verantwortung für die Stärkung der Zivilgesellschaft. Die Gäste diskutieren, wie sich die Haltung der CDU gegenüber Kirche und Engagement verändert hat und fordern ein klares Bekenntnis der Partei zu Demokratie und Vielfalt. „Wir brauchen von der CDU ein klares Bekenntnis zur Zivilgesellschaft – und nicht das ständige Misstrauen gegenüber Initiativen, die sich für Demokratie und Vielfalt einsetzen“, sagt Jachmann.

Kirche als Raum für Dialog und Zukunft

Die Folge endet mit der Erkenntnis, dass die evangelische Kirche in Ost und West trotz aller Unterschiede heute vor ähnlichen Herausforderungen steht: Mitgliederschwund, Säkularisierung und die Suche nach gesellschaftlicher Relevanz. Die persönlichen Geschichten der Gäste zeigen, wie wichtig Dialog, gegenseitiges Verständnis und neue Allianzen für die Zukunft der Kirche sind. Die Herausforderungen seien zwar groß, es gebe aber auch viele Chancen, Brücken zu bauen und gemeinsam Zukunft zu gestalten, sind sich beide Gäste einig. So entsteht ein Bild der evangelischen Kirche als Raum für Widerstand, Gemeinschaft und Wandel – und als Ort, an dem Ost und West heute mehr verbindet als trennt.

„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.

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