Nyerere Nationalpark in Tansania: Welterbe trotz Stauseebau

Ein Stauseeprojekt gefährdet den Nyerere Nationalpark. In Tansania prallen Wirtschaft und Umweltschutz aufeinander.

Leopard hängt auf einem Baum ab

Gute Aussicht: Leopard im Nationalpark Foto: YAY/imago

Es war knapp, aber es ist der tansanischen Regierung gelungen, den Nyerere Nationalpark auf der Liste der Welterbestätten zu halten. Die Unesco hatte gedroht, den Park von der Liste zu streichen, weil ein riesiger Stausee mittendrin gebaut wird. Tansania hat der Unesco nun zugesichert, mit Naturschutzbehörden zusammenzuarbeiten, um die Anforderungen doch zu erfüllen. Vor allem die Weltnaturschutz­union (IUCN) hatte einen sofortigen Stopp der Abholzung für das Staudammprojekt und einen Stopp des Bauprojekts selbst gefordert. Es habe „katastrophale Auswirkungen auf die Tierwelt“, so die IUCN als Reaktion auf eine unabhängige Recherche.

Der tansanische Minister für Tourismus und natürliche Ressourcen, Allan Kijazi, behauptete, das basiere auf Fehlinformationen. „Als Land sind wir bereit, mit den jeweiligen Missionen zusammenzuarbeiten, um Fakten vor Ort zu sammeln“, sagte er auf einer Pressekonferenz. Der riesige Wildpark von 30.000 Quadratkilometern, so groß wie Belgien, beherbergt eine immense Vielfalt an Vegetationszonen, darunter offenes Grasland, Wälder, Sümpfe und Seen. Häufig werden Raubtiere wie Löwen, Leoparden und Hyänen gesichtet, und es gibt eine große Elefantenpopulation.

Drei große Flüsse – Ruaha, Kilombero und Rufiji – fließen aus dem Hochland durch den Park, in denen viele Nilpferde und Krokodile leben. Es ist am Rufiji, wo der Stausee von mehr als 900 Quadratkilometern geplant ist und nächstes Jahr 2.115 Megawatt Strom liefern soll. Die Wasserkraftkapazität von Tansania soll dadurch mehr als verdreifacht werden. Nach der Fertigstellung wird es der viertgrößte Damm in Afrika sein.

Tansania erwägt bereits seit den sechziger Jahren den Bau des Kraftwerkes. Obwohl immer mehr Haushalte ans Stromnetz angeschlossen sind, sind es immer noch weniger als 40 Prozent. Für wirtschaftliche Entwicklung braucht das Land mehr Elektrizität, aber die Frage ist, ob die aus einem Naturschutzgebiet kommen soll, und wie beide nebeneinander existieren können.

Gefährdetes Welterbe

Der Nyerere Nationalpark hieß früher Selous-Wildreservat und erhielt 2019 Nationalparkstatus; es ist der größte in Afrika. Das Reservat wurde 1922 gegründet und nach Fredrick Courtney Selous benannt, einem britischen Wildjäger und Offizier. Heute trägt der Wildpark den Namen von Julius Nyerere, dem ersten Präsidenten Tansanias, der weithin als Vater des modernen Nationalstaats gilt.

2014 hatte die Unesco das Wildreservat schon mal auf ihre Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt, damals aufgrund der schweren Elefantenwilderei. Auf dem Höhepunkt der Krise wurden jeden Tag durchschnittlich sechs Elefanten von Wilderern erschossen. Die Lage hat sich mittlerweile gebessert.

Eisenbahnstrecke durch den Park

Nicht nur in Tansania werden Naturerbe und wirtschaftliche Entwicklungsprojekte zu Konkurrenz gedrängt. So wurde im Nachbarland Kenia trotz Protesten eine Eisenbahnstrecke quer durch den Nairobi Nationalpark (NNP) gebaut, weil eine Umleitung der Regierung zu kostspielig war. Touristen klagen, der Park habe seinen Glanz verloren.

In Uganda wiederum lässt die Regierung Öl im Murchison Wildpark fördern, der für seine riesige Zahl an Krokodilen und Vogelarten berühmt ist. Dabei werden wichtige Lebensräume von Elefanten, Löwen und Schimpansen sowie zwölf Waldreservate und mehr als 200 Flüsse durchquert, bevor die Pipeline den Indischen Ozean erreicht.

Und im südlichen Afrika machen Natur- und Umweltschützer sich Sorgen, seit Namibia und Botswana dem kanadischen Öl- und Gasunternehmen ReconAfrica grünes Licht gegeben haben, um in der Kalahariwüste wie auch im Okavangodelta Öl zu suchen. Letzteres ist Afrikas letzte intakte Feuchtgebietswildnis. Wüste und Delta formen eine einzigartige Kombination, ein wichtiges Ökosystem, in dem zahlreiche Wildtiere leben. Ebenfalls ein Welterbe der Unesco.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.