Opposition fordert Abschiebestopp: Sicherheit für Syrer
Flüchtlinge aus Syrien sollen dauerhaft in Berlin bleiben dürfen. Vorbild ist Brandenburg: Dort gilt seit Mittwoch ein formaler Abschiebestopp.
Alle drei Oppositionsparteien und der Flüchtlingsrat fordern von Innensenator Frank Henkel (CDU) einen formellen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Syrien. "Darüber hinaus sollen alle syrischen Flüchtlinge ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten", sagt Martina Mauer vom Flüchtlingsrat. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Situation in Syrien in absehbarer Zeit verbessere. Betroffen sind nach Schätzung syrischer Vereine 700 Menschen. Die Innenverwaltung spricht hingegen von 150 neu eingereisten Menschen, zu denen noch abgelehnte Asylbewerber hinzukämen.
Allerdings musste die Opposition in dieser Frage erst wachgeküsst werden. Noch im Januar hatte Henkel erklärt, es werde seit April 2011 sowieso nicht nach Syrien abgeschoben. Damit folge Berlin einer Empfehlung des Bundes. Mit dieser Erklärung hatte die Opposition sich zufriedengegeben. Anders als Linke und Grüne im Bundestag, die schon damals einen Abschiebestopp für mindestens 6 Monate forderten.
Der Prinz, der die Berliner Opposition wachküsste, ist Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidtke (SPD). Er hatte am Mittwoch für Brandenburg einen solchen förmlichen Abschiebestopp für sechs Monate verfügt: "Wir können niemanden in ein Land zurückschicken, in dem die Regierung mit Panzern und Artillerie auf Zivilisten schießen lässt." Vor Brandenburg hatte das auch Schleswig-Holstein getan, in Rheinland-Pfalz wird der Schritt diskutiert.
Henkel hingegen verzichtet darauf. "Das wird in unserem Haus aus fachlicher Sicht nicht für notwendig gehalten", sagt eine Sprecherin der Innenverwaltung. Der formale Abschiebestopp in Brandenburg hat für die Betroffenen gegenüber der Berliner Situation jedoch viele Vorteile. Er gibt Rechtssicherheit für ein halbes Jahr; die Empfehlung des Bundes hingegen kann jederzeit widerrufen werden. "Diese Sicherheit ist für diejenigen unumgänglich, die als Opfer von Folter und Misshandlungen eine Psychotherapie machen", sagt der gebürtige Syrer Ferhad Ahma, der für die Grünen Bezirkspolitiker in Mitte ist. Sie könne aber auch jüngeren Menschen bei der Integration helfen, so Ahma weiter. "Denn gegenwärtig sind sie dazu verdammt, tatenlos im Wohnheim rumzusitzen. Viele wollen gern Deutsch lernen, eine Ausbildung machen oder arbeiten." Mit einer Bleiberechtsregelung wie in Brandenburg wäre das möglich.
Schwierig sei für die Asylbewerber auch, dass der Bund die Asylverfahren wegen der Lage in Syrien ausgesetzt hat, berichtet Ahma. "Das vergrößert die Unsicherheit." Martina Mauer vom Flüchtlingsrat sagt: "Gerade jetzt hätten viele gute Chancen auf Asyl und damit auf ein dauerhaftes Bleiberecht. Diese Chance nimmt ihnen der Bund."
Die wachgeküsste Berliner Opposition diskutiert über einen gemeinsamen Antrag im Abgeordnetenhaus, syrischen Flüchtlingen Rechtssicherheit zu geben. Pirat Fabio Reinhardt fordert, "dass Berlin mit Brandenburg gleichzieht, und zwar sofort". Für Hakan Tas von den Linken wäre das auch ein wichtiges Signal an den auch in Berlin tätigen syrischen Geheimdienst, dass Berlin die Opposition vor diesem schützt. Seine Kollegin Canan Bayram (Grüne) ist noch vorsichtig: "Ich halte dieses Anliegen für unterstützenswert."