Onlineshops renommierter Zeitungen: Geschichtsrevisionismus per Mausklick
In Onlineshops von "FAZ", "Süddeutscher Zeitung" und "Spiegel" sind Bücher und Tonträger rechtsextremer Autoren zu erwerben. Zum Beispiel von David Irving. Warum?
BERLIN taz | Die Onlineshops von Süddeutscher Zeitung, Spiegel und FAZ bieten Nazibücher und rechte CDs zum Verkauf an. Angeboten werden dort unter anderem Werke des Geschichtsrevisionisten und Holocaustleugners David Irving, von Léon Degrelle, dem ehemaligen Offizier der Waffen-SS, oder von Otto Skorzeny, Hitlers wichtigstem Mann für Geheimaktionen. Die über die Onlineshops zu bestellenden Medien stammen aus dem rechtsextremen Dresdener Winkelried-Verlag, der sich auf Bücher, Tonträger, aber auch auf den Flaggenversand spezialisiert hat. Informative Verlagswerbung wird in manchem Fall gleich mitgeschickt. Der Winkelried-Verlag wird von Eric Kaden geleitet, einem ehemaligen Aktivisten der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) und zeitweiligem Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern. Kaden hat auch selbst schon zur Feder gegriffen. In seinem Buch "Das Wort als Waffe" über Kurt Eggers, einen SS-Kriegsberichterstatter, lässt Kaden jede Distanz zum NS-Staat vermissen. Auch dieses Buch ist über die Onlineshops von Süddeutscher Zeitung, FAZ und Spiegel zu beziehen. "Haben FAZ, Spiegel, Süddeutsche das nötig, solchen Dreck unter ihrem Label zu verkaufen", fragt sich der Berliner Antisemitismusforscher Wolfgang Benz. Der Süddeutsche Verlag beruft sich auf Verpflichtungen, die sich aus dem Sortiment ihres Lieferanten Libri ergeben. Demnach hat jeder Nutzer über den SZ-Shop Zugriff auf das gesamte Libri-Sortiment. Obendrein argumentierte die Süddeutsche, dass "eine Durchsicht im Hinblick auf rechtsextreme Titel aufgrund des großes Umfangs nicht möglich ist", wie es in einer Stellungnahme des Süddeutschen Verlags heißt. Dieser Zustand sei "bedauerlich, aber leider nicht zu ändern". Auch die Pressestelle des Spiegel verweist auf den Großhändler Libri. Er habe Titel im Sortiment, "deren Inhalte wir im Spiegel regelmäßig hinterfragen und verurteilen, weil sie rechts- oder auch linksextremistische Tendenzen aufweisen", sagt Spiegel-Sprecherin Anja zum Hingst. Doch seien die Bücher nicht verboten, sondern über jede Buchhandlung zu beziehen und damit automatisch Bestandteil des Vollsortiments im Onlineshop, sagt zum Hingst. "Wir gewähren unseren Lesern Zugang zu diesem Gesamtsortiment, weil auch wir Verfechter der grundrechtlich verbrieften Meinungs- und Pressefreiheit sind." Bei Libri.de ist der Sachverhalt ebenfalls bekannt, und man "ist nicht darüber erfreut, dass derartige rechtsextremistische Druck-Erzeugnisse vertrieben werden". Verhindern könne man es aber auch nicht. Im Buchhandel gibt es Großanbieter wie etwa Libri, die gewährleisten müssen, dass jedes in Deutschland veröffentlichte und nicht verbotene Buch erhältlich ist. "Eine Zensur durch Händler ist ausdrücklich untersagt", teilte eine Sprecherin von Libri.de mit. Man halte sich folglich nur an die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Nach Recherchen des ARD-Magazins "Report Mainz" wäre es aber für die Onlineshops von SZ, FAZ und Spiegel durchaus möglich, einzelne Bücher oder Verlage auszuschließen. Eine Negativliste sei machbar. Dieses "Verlagsshopmodell" koste allerdings zusätzlich: 30.000 Euro Anfangsinvestitionen plus Folgekosten. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, spricht in der ARD von einem Skandal: "Es ist mir unverständlich, dass der gute Name dafür hergegeben wird, eine solche Literatur zu verbreiten, die eigentlich darauf aus ist, das demokratische System zu unterhöhlen und abzuschaffen."
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