Onlinepetition gegen Post-Werbesendung: Fast 3.000 Tonnen Plastik pro Jahr
Die Deutsche Post verschickt ihr Werbeblättchen „Einkauf aktuell“ an rund 20 Millionen Haushalte – und steckt es vorher in Plastikfolie. Fabian Lehner passt das nicht.
SIMBACH AM INN/BONN dpa | Fast jeder kennt die Werbezeitschrift Einkauf aktuell. Samstags liegt sie bundesweit in den Briefkästen von etwa 20 Millionen Haushalten. Wer die Broschüre aber einfach ungeöffnet ins Altpapier werfen will, steht vor einem Problem: Das Heftchen ist in eine Plastikfolie gehüllt. Genau dagegen setzt sich nun ein 18 Jahre alter Niederbayer zur Wehr – und legt sich dabei sogar mit der Deutschen Post AG an, die die Zeitschrift versendet.
„Schlimm genug, dass man sich nicht gegen die Werbung wehren kann. Aber dass das Heft in Plastik gehüllt wird, geht gar nicht“, sagt Fabian Lehner aus Simbach am Inn unweit der österreichischen Grenze.
Vor mehr als zwei Monaten steckte die umhüllte Werbung erstmals in Lehners Briefkasten. „Einfach wegschmeißen geht nicht, die Tüte muss in den Gelben Sack und der Prospekt ins Altpapier“, sagt er. Ob dahinter eine Methode steckt, damit der Kunde die Zeitschrift nach dem Enthüllen erst einmal in der Hand hat und auch liest, weiß der 18-Jährige nicht. „Es ist aber aus Umweltschutzgründen nicht zu akzeptieren, dass so viel Plastik verschwendet wird.“
Lehner startete eine Online-Petition auf change.org. Rasch hatte er knapp 60.000 Unterstützer: „Die Beteiligung hat mich schon überrascht.“ Offenbar hatte Lehnert, der sich bei der freiwilligen Feuerwehr und der SPD in seinem Heimatort engagiert, den Nerv vieler getroffen. „Laut Deutscher Umwelthilfe beläuft sich die Menge an diesen unnötigen Folienverpackungen, die das Fernsehprogramm und die Werbeprospekte umhüllen, pro Jahr auf rund 2.886 Tonnen, was der jährlichen Menge an Kunststoffverpackungen von rund 83.000 Bürgern entspricht“, steht in der Petition.
Die Aufregung blieb auch der Deutschen Post AG nicht verborgen, die Lehner einlud. Er fuhr nach Nürnberg und überreichte eine CD mit der Petition und den Zehntausenden Unterschriften. An einem Stehtisch im Flur habe ihn jemand empfangen. „Als ich die Hintergründe erklären wollte, wurde ich gleich abgewimmelt. Nach 15 Minuten war ich wieder aus dem Gebäude“, sagt Lehner. Die zuständige Fachabteilung müsse den Fall prüfen, hieß es.
„Obwohl Herr Lehner erst 18 Jahre alt ist, nehmen wir sein Anliegen sehr ernst“, sagt indes Postsprecher Erwin Nier. Die Petition habe ein hochrangiger Produktmanager übernommen. Nach einer Prüfung der Unterlagen werde es zeitnah in den kommenden Wochen eine Antwort geben, versichert Nier.
Einkauf aktuell ist ein Produkt der Deutschen Post mit einem Fernsehprogramm und einem kleinen redaktionellen Inhalt. Im Jahr 2003 wurde das Heft erstmals verteilt, seitdem wächst der Markt stetig. Im Innenteil steckt zudem Werbung. „Der Wunsch unser Werbekunden ist es, die Sendung sauber und trocken zu verschicken“, sagt Nier.
Prüfungen hätten ergeben, dass die 0,012 Millimeter dünne Polyethylen-Folie unter Berücksichtigung von Rohstoffeinsatz, Energieaufwand, Wasserverbrauch bei der Herstellung und Gewicht zur Zeit die ökologisch schonendste Umhüllung sei. Der Empfänger könne durchaus das komplette Werbeheftchen samt Folie wegwerfen, sagt Nier. „In Gesprächen mit der Altpapierindustrie haben uns die Experten versichert, dass beim Recycling Papier und Folie sauber getrennt werden.“
Die Broschüre wird wie eine Wurfsendung an alle Haushalte behandelt. „Wer das Heft nicht haben möchte, sollte den Hinweis „Keine Werbung“ an seinen Briefkasten kleben“, sagt der Postsprecher. Sollte es dennoch im Briefkasten landen, sei dies ein bedauerlicher Fehler des Zustellers.
Vor mehr als eineinhalb Jahren hatte ein Rechtsanwalt aus Lüneburg erfolgreich gegen die Deutsche Post geklagt. Er hatte Einkauf aktuell in den Briefkasten bekommen, obwohl er mehrfach schriftlich gegen die Zustellung der wöchentlichen Sendung protestiert hatte.
Einen Aufkleber „Werbung – nein danke!“ wollte der Anwalt nicht an seinem Briefkasten anbringen. „Ich möchte selbst entscheiden, welche Werbung ich bekomme und welche nicht“, hatte er damals erklärt. Die Richter am Landgericht Lüneburg gaben ihm Recht und beriefen sich bei ihrer Entscheidung auch auf den Artikel 2 des Grundgesetzes, der das Selbstbestimmungsrecht garantiert.
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