Onlinedurchsuchung: "Totaler Quatsch"

Bei Onlinedurchsuchungen geht es darum, ob der Staat in die Rechner seiner Bürger eindringen darf, meint Online-Aktivist Markus Beckedahl. Dass nur einzelne Verdächtige durchsucht werden, glaubt er nicht.

Einen vollkommen sicheren Code für einen Bundestrojaner gibt es nicht, sagt Beckedahl. Bild: ap

taz: Herr Beckedahl was halten Sie als Technikexperte von den Vorstellungen des Innenministeriums zur Onlinedurchsuchung?

Markus Beckedahl: Ich hätte technisch mehr erwartet. Bisher haben sich vor allem ältere Herren wie Wolfgang Schäuble zum Thema geäußert, bei denen klar war, dass die technischen Kenntnisse nicht vorhanden sind. Die haben aber immer auf ihre Fachleute verwiesen. Doch auch bei denen scheint es mit der Kompetenz nicht allzu weit her zu sein, das zeigen ihre jetzt bekannt gewordenen Pläne.

Können Sie diese Behauptung belegen?

Nehmen wir ein Beispiel: Die Leute des Bundesinnenministeriums schreiben, dass ihre Programmierer die Spionagesoftware, den sogenannten Bundestrojaner, so schützen wollen, dass man seinen Code unmöglich herausfinden kann. Das ist totaler Quatsch. Man kann bei jeder Software den Code herausfinden, es ist nur eine Frage des Aufwandes. Und den werden viele gut ausgebildete Menschen betreiben, wenn der erste Bundestrojaner gefunden wird.

Das heißt also, wir müssen uns alle keine Sorgen machen, denn das Innenministerium ist technisch unterbelichtet?

Nein. Die technische Debatte ist ein Nebenschauplatz. Es geht um die grundsätzliche Frage, ob der Staat heimlich in die privaten Computer seiner Bürger eindringen darf. Einen Raum also, in dem immer mehr Menschen einen Großteil ihres persönlichen Lebens unterbringen - von Fotos über Liebesbriefe bis hin zu Tagebüchern. Sich technisch zu schützen, kommt zudem nur für eine kleine Minderheit in Betracht, ein Großteil der Menschen wäre dazu nicht in der Lage oder würde sich gar nicht die Zeit dafür nehmen.

Das BKA spricht von sehr wenigen Untersuchungen.

Und dafür der ganze Aufwand - Grundgesetzänderung, fünfstellige Kosten? Schwer zu glauben. Das Schwierige an dieser Debatte ist, dass die Argumentation und die Vorstellungen des Innenministeriums sehr nebulös sind. Sollen wirklich nur die zehn Top-Terroristen überwacht werden, haben die mit Sicherheit die Möglichkeit, sich zu schützen. Soll die Onlineüberwachung aber auf einen größeren Kreis ausgeweitet werden, besteht die Gefahr, dass auf bloßen Verdacht hin Unbeteiligte zu Opfern einer heimlichen Durchsuchung werden. Dass die Behörden mit ihren Kompetenzen manchmal recht freizügig umgehen, ließ sich erst wieder im Vorfeld des G-8-Gipfels beobachten.

Warum glauben Sie, dass sich Terroristen schützen können? Die Telefonüberwachung zeigt doch, dass selbst Mafiosi sich noch am Hörer verplappern.

Das mag sein, doch um manchmal an wirklich verwertbare Informationen zu kommen, werden die Telefone sehr vieler Menschen überwacht. Das ist wohl kaum verhältnismäßig.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ

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