Omikron in Spanien: Aus den Feiertagen in die Welle
Spaniens Gesundheitszentren sind überlastet. Auch vor den Notaufnahmen der Krankenhäuser bilden sich lange Schlangen.
Seit Beginn der Pandemie wurden in Spanien 7,6 Millionen Covid-Fälle festgestellt. Mehr als 1,5 Millionen allein in den letzten zwei Wochen. Mittlerweile stecken sich über 90 Prozent mit der Omikron-Variante an.
Die Folgen: Die Gesundheitszentren, die in Stadtteilen und Dörfern die Grundversorgung übernehmen, sind völlig überlastet. Wer im Selbsttest eine Covid-19-Infektion festgestellt hat, kommt telefonisch nicht durch. Auf den Straßen vor den Zentren und auch vor den Notaufnahmen der Krankenhäuser bilden sich lange Schlangen. Wer per App um einen Termin bittet, wird von einer Krankenschwester angerufen, allerdings erst nach einer mehrtägigen Wartezeit. Dann kommt der Rat: „Wenn Sie Atembeschwerden bekommen sollten, rufen Sie an“ – jene Telefonnummern, bei denen eh nicht abgenommen wird.
Auch wenn bei vielen die Krankheit relativ glimpflich verläuft, kommen die Krankenhäuser unter Druck. Die Welle ist einfach zu groß. In 26 der 52 spanischen Provinzen sind wieder mehr als ein Viertel aller Intensivpatienten an Covid Erkrankte. Ein Trost bleibt: Vor einem Jahr, ohne Impfung, waren bei wesentlich weniger Fällen die Intensivstationen doppelt so stark belegt.
Unter den Covid-Patienten befinden sich nicht nur Ungeimpfte. Denn auch wer bereits geboostert hat, ist nicht wirklich vor Omikron geschützt. Jedoch sind unter denjenigen, die einen schweren Krankheitsverlauf haben, mehr Ungeimpfte als Geimpfte.
Trotz der aktuellen Covid-Welle, der sechsten in Spanien, wurden über Weihnachten außer einer generellen Maskenpflicht kaum neue Beschränkungen eingeführt. Zwar wurden in einigen Regionen nächtliche Ausgangssperren verhängt, allerdings erst von irgendwann nach Mitternacht bis sechs Uhr in der Früh.
In anderen Regionen, wie etwa Madrid, waren selbst Großveranstaltungen zu Silvester legal. Nichts sollte dieses Jahr das Weihnachtsgeschäft behindern.
Die Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez lockerte gar einige Bestimmungen. So wurde die Quarantäne von 10 auf 7 Tage verkürzt, sollte die Ansteckung keine Symptome hervorrufen. Damit der Schulbetrieb nicht völlig zusammenbricht, werden künftig nur noch die Klassen komplett in Quarantäne geschickt, die mehr als fünf Fälle melden. Bisher genügte ein Fall.
Spanienweit sind laut der größten spanischen Gewerkschaft CCOO sechs Prozent aller Lehrer krankgeschrieben. In der Hauptstadtregion sind es 15 Prozent, in den Vor- und Grundschulen fehlen in einigen Stadtteilen gar bis zu 40 Prozent.
Regierungschef Sánchez erklärte in einem Radiointerview, dass die Gesundheitsbehörden sich auf ein neues Szenario einstellen würden. Es zeichne sich „die Entwicklung des Coronavirus zu einer endemischen Krankheit“ ab. Er sprach sich deshalb gegen weitere staatliche Beschränkungen aus. „Wir müssen mit neuen Instrumenten reagieren, die stärker mit Impfungen und Selbstschutz verbunden sind“, sagte Sánchez. Kritik an der Idee wurde aber nicht nur in Spanien laut. Die WHO Europa sieht die Zeit noch nicht gekommen, die Pandemie zu einer Endemie zu erklären.
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