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Olympisches InformationssystemFlippiges Portal nach draußen

Medienschaffende dürfen die olympische Blase nicht verlassen. Ihr Fenster zur echten Welt ist ein Infoportal, das erstaunlich gut gefüttert ist.

Abgeschirmt von der Außenwelt: Journalisten vor ihren Bildchirmen Foto: Sebastian Wells/ostkreuz

E s ist nahezu unmöglich, in der Medienblase ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie in der Bevölkerung von Tokio diese Olympischen Spielen nach den ersten Tagen so ankommen. Überstrahlt der Sport, sobald er mal in Gang gekommen ist, all die Missstimmungen, die zuvor Umfrageergebnisse und Demonstrationen offenbart haben? Fällt jede japanische Goldmedaille so schwer ins Gewicht, dass sich die zuvor gewichtigen antiolympischen Bedenken verflüchtigen? Oder sind die Japaner nach wie vor Olympiamuffel und lassen sich von ein paar Goldplaketten nicht so einfach blenden?

Doch zum Glück gibt es myinfo.tokyo2020, ein Internetportal das von den Veranstaltern den Olym­pia­be­richt­erstat­te­r:in­nen zugänglich gemacht wird. Und das hat, nachdem die 13-jährige Nishiya Momiji Gold und die 16-jährige Nakayama Funa Bronze im Skateboardwettbewerb gewonnen haben, vermeldet: „Japan flippt aus.“ Wie sich das genau bemerkbar macht, ist leider nicht weiter ausgeführt. Die Botschaft ist jedenfalls in der Welt. Sie wird sicherlich in dem ein oder anderen Artikel auf dem ein oder anderen Kontinent eingesickert sein.

Zur Verteidigung von myinfo.tokyo2020 muss man sagen, dass es eigentlich ein großartiges Portal ist. Eine sehr reichhaltige Faktensammlung zu den Olympischen Spielen und seinen Athlet:innen. Mit ein paar Klicks bekommt man zu den randigsten Randsportlern Erfolge, Rekorde, Vereine, Trainer, Lebensmotto, Sprachkenntnisse, Hobbys und biografische Besonderheiten geboten. Und die Quellenrecherche kann sich wirklich sehen lassen. Wie ich am Beispiel einer deutschen Athletin feststellen konnte, wurde sogar die Stuttgarter Kinderzeitung gelesen.

Das Portal ist wegen seiner zahlreichen Fakten für die Arbeit nahezu unentbehrlich und wer die persönliche Bestzeit von der vorletzten Weltmeisterschaft abtippt, schreibt vielleicht auch auf, dass Japan wegen zwei Skateboarderinnen ausgeflippt ist. Myinfo.peking2022 wird gewiss bald auch erzählen, wie begeistert die Chi­ne­s:in­nen von den Winterspielen sind.

Gefüttert wird das Portal von den fleißigen Mit­ar­bei­te­r:in­nen des internationalen olympischen Komitees. Die haben unter der Rubrik General-Facts einen Text eingestellt mit der Überschrift: „Die Kulturveranstaltungen von Tokyo 2020 stellen Strömungen der Hoffnung und der Einheit in Aussicht.“ Weiter heißt es im Text, Kulturen wie Sport „können die Menschen inspirieren. Das Teilen dieser Inspiration kann alle Grenzen überschreiten und uns miteinander verbinden. Verbindung bringt Freude, Heilung und Hoffnung.“

Selbst IOC-Chef Thomas Bach hätte es nicht schöner ausdrücken können. Wer die Eröffnungsfeier gesehen hat, weiß eh Bescheid, welcher Segen der Sport für die Menschheit ist, und kann sich dieses Kulturprogramm sparen. Zumal eben Myinfo.tokio2020 alle Fakten dazu zusammengetragen hat.

In der Blase wird man bestens informiert.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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