Olympiade der Schwulen und Lesben: Nicht nur Sport, auch Statement
Die Gay Games sind die Olympischen Spiele der Schwulen und Lesben - und zum ersten Mal in Deutschland. Köln erwartet kommende Woche mehr als 10.000 TeilnehmerInnen
Für die meisten ist mit der Fußball-Weltmeisterschaft das sportliche Großereignis in diesem Jahr vorbei. Für einige beginnt es hingegen erst am nächsten Samstag. Dann nämlich wird in Köln das "olympische Feuer" entfacht: Knapp 10.000 SportlerInnen aus über siebzig Nationen werden ins Stadion einlaufen - vereint unter der Regenbogenfahne. Sie ist das Symbol der Gay Games, der lesbisch-schwulen Olympischen Spiele. Zum ersten Mal seit 1982 finden sie in diesem Sommer in Deutschland statt.
Die Gay Games sind nicht nur das größte lesbisch-schwule Sport- und Kulturevent. Sie haben auch den Anspruch, ein politisches Zeichen zu setzen. "Wir wollen zeigen, dass der Ausgrenzung von Schwulen und Lesben - gerade im Sport - ein Ende gesetzt werden muss", sagt Thorsten Moeck vom Organisationsteam Games Cologne. "Zur politischen Botschaft gehört unter anderem, dass alle teilnehmen können." Das Motto "Be part of it!" gelte nicht nur unabhängig von Alter, Geschlecht, Leistung, ethnischer Herkunft oder Religion.
Auch Heterosexuelle gehen an den Start - genauso wie Homosexuelle, die gar nicht geoutet sind. "Einige nehmen sogar unter einem falschen Namen teil", erklärt Moeck. Unter den vertretenen Ländern seien "auch solche, in denen es ein absolutes Problem ist, sich zu outen." Die meisten AthletInnen kommen zwar aus Deutschland und den USA, doch auch Länder wie Südafrika, Sri Lanka oder die Vereinigten Arabischen Emirate sind vertreten. Die Gay Games sollen für sie, so Moeck, zu einer Art "Freiheitserlebnis" werden - weil sie eine ganze Woche lang von tausenden Schwulen und Lesben umgeben sein werden.
Um gezielt SportlerInnen zu ermutigen und ihnen finanziell zu helfen, wurde das sogenannte Outreach-Programm initiiert. In diesem Jahr richten sich die Macher der Gay Games damit vor allem an osteuropäische SportlerInnen. Ihnen werden die Fahrtkosten erstattet, die Teilnahmegebühren erlassen und zum Teil die Unterbringung organisiert.
Dieser Artikel ist aus der aktuellen Sonntaz vom 24. Juli 2010 - ab Sonnabend gemeinsam mit der taz am Kiosk erhältlich oder direkt an Ihrem Briefkasten.
Andere TeilnehmerInnen kostet es zwar keinen Mut, doch auch sie bringen Opfer, um dabei sein zu können. "In unserer Mannschaft sind alle berufstätig. Darum hat jede extra ihren Urlaub nur dafür genommen und auch viel Geld dafür bezahlt", sagt Sonja Krings von der überwiegend lesbischen Hobbymannschaft Torfabrik aus Köln. Als Spielertrainerin hat sie daher den Anspruch, jeder ihre Chance zu geben und nicht nur nach Leistung aufzustellen. Das Spannende sei sowieso, dass sich viele der gegnerischen internationalen Mannschaften nicht kennen würden: "Die Gay Games sind einfach ein großes Überraschungspaket", sagt Krings.
Für Krings zählen bei den Gay Games nicht nur die sportlichen Aspekte, sondern auch das Miteinander. Sie hofft darauf, dass geoutete SportlerInnen andere ermutigen und vielleicht ihre Erfahrungen weitergeben können. "Da denke ich speziell an die jüngeren", sagt sie.
Ein Vorbild ist für viele der australische Turmspringer Matthew Mitcham, der bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 die Goldmedaille gewann und sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt. Er wird bei der Eröffnungsfeier den olympischen Eid sprechen. "Dieses Ereignis bringt lesbisch-schwules Leben auf den Sportplatz, an die Rennstrecke und in den Pool", sagt Mitcham. "Die Teilnahme an den Gay Games ist eine großartige Chance für alle Schwulen und Lesben, der Welt zu zeigen, dass wir als Community nicht nur aus Stereotypen bestehen."
Ihren Ursprung haben die Gay Games in San Francisco, wo sie 1982 das erste Mal ausgetragen wurden. Ihr Vater war der Zehnkämpfer und damals offen schwul lebende Tom Waddell. 1987 starb er an Aids. Daraufhin hatte seine Witwe, die lesbische Aktivistin Sara Waddell Lewinstein, dafür gesorgt, dass die Gay Games weitergeführt wurden und immer größere Kreise zogen. Die bisher größten Wettkämpfe stellte 1998 Amsterdam auf die Beine - doch dieses Ereignis war zugleich auch das bislang einzige dieser Art in Europa.
Dass in diesem Jahr Köln zum Zuge kam, dafür hatte der Verein SC Janus gesorgt, der in Köln beheimatete, größte lesbisch-schwule Sportverein Europas. Denn anders als bei den Olympischen Spielen bewirbt sich nicht eine Stadt um die Austragung, sondern eben ein Verein.
Woher nehmt ihr den Mut?
Anne Laws spielt beim SC Janus Handball und freut sich darauf, einmal nicht nur ihren Verein bei einem Turnier, sondern auch ihre Stadt zu vertreten. Die 25-Jährige wird mit allen anderen Kölnerinnen gemeinsam als Team Cologne einlaufen. Ihr ist es auch wichtig, internationale Kontakte zu knüpfen. "Ich würde manche schon gern fragen: Wie sieht es denn bei euch aus? Woher nehmt ihr den Mut hierherzufliegen? Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wie manche mit ihrer Homosexualität in ihren Ländern leben", sagt sie. "Auf so etwas bin ich gespannt."
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