Olympia-Bewerbung abgelehnt: Claudia Roth abgewatscht
Die Mehrheit der grünen Delegierten stimmt gegen eine Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2018 – und düpiert damit ihre Parteivorsitzende.
FREIBURG taz | Die Überraschung kam am späten Samstagabend. Mit 289 zu 244 Stimmen votierten die Grünen gegen ein Lieblingsprojekt ihrer Führung: die Bewerbung Münchens um die Austragung der Olympischen Winterspiele in München in acht Jahren. Damit entschieden die Delegierten einen seit Langem schwelenden Konflikt in der Partei - und düpierten nebenbei ihre Vorsitzende.
Vergeblich hatte Claudia Roth dafür geworben, dass die Spiele 2018 die ökologischsten der Olympiageschichte werden könnten. Auch der sportpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Winfried Hermann, bemühte sich in seinem Redebeitrag ohne Erfolg, die skeptischen Delegierten für ein Ja zur Bewerbung zu gewinnen: "Wer sich nicht bewirbt, wird nichts am System ändern."
Olympia spaltet die Grünen. Während die Münchener Ratsfraktion mehrheitlich für die Bewerbung ist, spricht sich die bayerische Landtagsfraktion gegen die Austragung des Mammutprojekts aus. Florian Roth aus München führte vergeblich ins Feld, dass 90 Prozent der Tätigkeiten - Bau, Verkehr und Abfälle rund um die Spiele - ökologisch ausgeglichen würden. Katharina Schulze, ebenfalls aus München, konterte: "Wir müssen Ecken und Kanten zeigen." Nun sei für ein Nein zu Olympia der richtige Zeitpunkt.
Andere Redner kritisierten, die vorliegende Bewerbung sei "ökologisch alles andere als vorbildlich" und verursache Kosten in Milliardenhöhe für die Steuerzahler. Die Arbeit der beteiligten Gremien sei vollkommen intransparent verlaufen. Das war eine gezielte Kritik an der Führung. Manche Redner mahnten, die Olympiabewerbung könne zum nächsten Stuttgart 21 werden. Nur mit dem Unterschied, dass diesmal die Grünen in der Kritik stehen könnten.
Am Sonntagmorgen gab die düpierte Roth bekannt, das Führungsgremium habe als Reaktion auf die Abstimmung "einmütig" beschlossen, das Kuratorium der Olympiabewerbergesellschaft zu verlassen. Roth saß bislang im Kuratorium. Nun versprach die Koparteichefin Besserung: Auch als Person werde sie sich nicht mehr für das Vorhaben einbringen.
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