Offener Brief an die Bundeskanzlerin: NRW-Städte für Seenotrettung
Die BürgermeisterInnen von Köln, Bonn und Düsseldorf würden gerettete Flüchtlinge aufnehmen. Die Bundesregierung ignoriert das Angebot.
Die Bundesregierung hat bisher nicht reagiert. „Stand Freitagvormittag ist der Brief noch nicht eingegangen“, sagte eine Regierungssprecherin der taz. Und selbst wenn: „Offene Briefe kommentieren wir grundsätzlich nicht.“
Seit Beginn des Jahres 2018 sind mehr als 1.400 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Allein im Juni ertranken 629 Menschen. Aktuell ist die Überfahrt so gefährlich wie selten: Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) ertrinkt bei der Flucht über das Mittelmeer mittlerweile einer von sieben Menschen. Im ersten Halbjahr 2018 lag die Zahl noch bei einem von 19 Menschen, 2017 bei einem von 38. Der Anstieg folgt unmittelbar auf die Behinderung und Kriminalisierung privater Initiativen zur Seenotrettung.
Italien und Malta haben die seit Mitte 2014 praktizierte informelle Zusammenarbeit mit „Ärzten ohne Grenzen“, Sea Watch und anderen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aufgekündigt und die Häfen dicht gemacht. Wenigstens über den Sommer würden NGOs „Italien nur auf einer Postkarte sehen“, sagte Innenminister Matteo Salvini dazu. Das UNHCR schätzt, dass 40 Prozent der Seenotrettung von NGOs geleistet wurde.
Seenotrettung dringend geboten
Bis eine europäische Lösung mit allen Beteiligten vereinbart ist, sei es dringend geboten, die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen und die Aufnahme der geretteten Menschen zu sichern, heißt es im Brief der OberbürgermeisterInnen an die Kanzlerin. „Wir stimmen mit Ihnen überein, dass es eine europäische Lösung für die Aufnahme, die Asylverfahren sowie die Integration oder die Rückführung von Geflüchteten geben muss.“
Mit ihrer Initiative würden sie sich gegen die vermeintlich herrschende Stimmung stellen wollen, dass „Zäune und Mauern statt eines gerechten europäischen Verteilsystems die Not der Geflüchteten lösen können“. Weiter schreiben sie: „Unsere Städte können und wollen in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen – genauso wie andere Städte und Kommunen in Deutschland es bereits angeboten haben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind