Österreichs Dragqueen Conchita Wurst: Selbstbestimmung durch Coming Out

Conchita Wurst hat auf Instagram öffentlich gemacht, HIV-positiv zu sein. Ein Ex-Freund hatte gedroht, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

Ein Mensch mit langen Haaren sing auf einer Bühen in ein Mikrofon

Conchita Wurst im April 2018 in Frankfurt am Main Foto: dpa

WIEN dpa/taz | Conchita Wurst hat öffentlich gemacht, mit HIV infiziert zu sein. Auf der Plattform Instagram postete der österreichische Travestiekünstler und Sänger Thomas Neuwirth (29), der hinter dem Make-up der erfolgreichen Dragqueen steckt, am Sonntag: „Ich bin seit vielen Jahren HIV-positiv.“

Für die Entscheidung, die Information genau jetzt öffentlich zu machen, gibt es einen traurigen Grund: Ein Ex-Freund habe ihm gedroht, die Info zu verbreiten. „Ich gebe auch in Zukunft niemandem das Recht, mir Angst zu machen und mein Leben derart zu beeinflussen“, schrieb Neuwirth und fügte hinzu: „Coming Out ist besser, als von Dritten geoutet zu werden.“

Man kann darüber streiten, ob das Coming Out, veranlasst durch die Erpressung, wirklich als freiwillig bezeichnet werden kann. Aus der Opferrolle, in die man bei einer Erpressung zwangsweise kommt, hat sich Conchita durch seinen Instagram-Post jedenfalls selbst herausmanövriert, indem er sich selbstbestimmt ausgesucht hat, wie, wo und wann genau er sich outet. Nebenbei hat die Dragqueen dem Erpresser noch jeglichen erpresserischen Wind aus den Segeln genommen.

2014 hatte die Kunstfigur mit Abendkleid und Vollbart mit dem Song „Rise like a Phoenix“ den Eurovision Song Contest gewonnen. Trotz der HIV-Infektion gehe es ihm aber gesundheitlich gut, versicherte er seinen Fans. Seit der Diagnose sei er in medizinischer Behandlung „und seit vielen Jahren unterbrechungsfrei unter der Nachweisgrenze, damit also nicht in der Lage, den Virus weiter zu geben“.

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Er hoffe, Mut zu machen und einen weiteren Schritt gegen die Stigmatisierung von Menschen zu setzen, die sich durch ihr eigenes Verhalten oder aber unverschuldet mit HIV infiziert hätten. Auf jeden Fall habe er sich mit dieser Veröffentlichung „für den Rest meines Lebens von einem Damoklesschwert“ befreit – auch wenn diese private Information für die Öffentlichkeit eigentlich irrelevant sei.

Bisher sei er nicht an die Öffentlichkeit gegangen, um seiner Familie die damit verbundene Aufmerksamkeit zu ersparen. Auch seine Freunde wüssten seit geraumer Zeit Bescheid „und gehen in einer Unbefangenheit damit um, die ich jeder und jedem Betroffenen wünschen würde“. Darüber hinaus sei es „eine Information, die meiner Meinung nach hauptsächlich für diejenigen Menschen von Relevanz ist, mit denen sexueller Kontakt infrage kommt“.

Conchita Wursts Fans reagierten verständnisvoll und zollten ihm Respekt für den Mut, sich zu outen. „Der heutige Tag wird dir als einer der besten Tage deines Lebens in Erinnerung bleiben und ganz sicher auch vielen anderen Mut machen, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen“, schrieb einer auf Wursts Instagramseite. Ein anderer bedauerte, dass Wurst die Entscheidung durch einen „grausamen Menschen abgenommen wurde“. Wieder ein anderer meinte, HIV sollte heutzutage kein Druckmittel mehr sein dürfen. „Idioten wird es leider immer geben und Dummheit ist NICHT behandelbar.“

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