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Österreichische StudieIslamlehrer sind Feind der Demokratie

Eine Studie in Österreich sorgt für Furore: Jeder vierte Islamlehrer ist gegen die Demokratie. Für die islamische Glaubensgemeinschaft ist die Sache höchst unangenehm.

Demokratie und Islam - in der Karlskirche in Wien vereinbar, in der Realität offenbar nicht. Bild: dpa

WIEN taz "Lehnen Sie die Menschenrechtserklärung ab, weil sie sich mit dem Islam nicht vereinbaren lässt?" 27,1 Prozent der befragten islamischen Religionslehrer in Österreich kreuzten bei einer Befragung das "Ja" an. Die Umfrage, die Teil einer religionspädagogischen Dissertation bildet, sorgt seit Tagen in Politik und Schulwesen für Verstörung.

Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide, 37, hatte im Rahmen seiner Doktorarbeit bei einem Kongress der muslimischen Religionslehrer im Jahr 2007 seine Fragebögen verteilt. Über 200 der damals anwesenden Lehrer schickten die Bögen ausgefüllt zurück. Das ist mehr als die Hälfte der derzeit 394 Islamlehrer in ganz Österreich. Deswegen bestreitet auch niemand die Aussagekraft der Studie, in der 21,9 Prozent auf die Frage "Lehnen Sie Demokratie ab, weil sie sich mit dem Islam nicht vereinbaren lässt?" zustimmend antworteten. Fast jeder Fünfte, nämlich 18,2 Prozent, zeigte Verständnis, dass "Muslime, die vom Islam abgefallen sind, mit dem Tod bestraft würden". Und 28,4 Prozent sehen einen Widerspruch "zwischen Muslim sein und Europäer sein".

Für die islamische Glaubensgemeinschaft, die die Vertretung aller 400.000 in Österreich lebenden Muslime beansprucht und der auch die Aufsicht über den Religionsunterricht obliegt, ist die Sache höchst unangenehm. Ihr Vorsitzender, der gebürtige Syrer Anas Schakfeh, bemüht sich um ein gemäßigtes Bild des Islam. Der Staat, so ist es im Konkordat festgelegt, hat sich in den Religionsunterricht nicht einzumischen. Das gilt für die christlichen Bekenntnisse ebenso wie für den Islamunterricht, der seit 1982 in öffentlichen Schulen angeboten wird. Bezahlt werden die Lehrer aber vom Ministerium. Daß nur etwa 30 Prozent der Islamlehrer eine Ausbildung nach europäischem Standard vorweisen können, war lediglich Experten bekannt. Ursache sei der Engpaß bei kompetenten Fachkräften in den 1980er Jahren. Damals habe man Leute aus Ländern wie der Türkei oder Ägypten geholt, so der Universitätsprofessor für Religionspädagogik Ednan Aslan. Die demokratiefeindlichen Lehrer seien mehrheitlich solche "Altlasten". Aslan hält die jetzt losgetretene Debatte für wichtig und sieht die Säkularisierung als Überlebenschance für den Islam.

Gegen Anas Schakfeh, der selbst unterrichtet hat und als Inspektor der islamischen Religionslehrer Mitverantwortung für das vermittelte Weltbild trägt, beginnt sich Protest zu regen. Seine sechsjährige Amtszeit ist 2007 abgelaufen. Für Neuwahlen hat er noch keinen Termin angesetzt. Daher hat Günther Ahmed Rusznak vom Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum in Oberösterreich eine Klage gegen die Glaubensgemeinschaft eingebracht.

Natürlich läßt sich auch die FPÖ, die in ihren Wahlkämpfen Fremdenhaß und Islamophobie schürt, den Anlaß nicht entgehen. Vorsitzender Heinz Christian Strache will dem Islam den 1912 verliehenen Status als anerkannte Religionsgemeinschaft entziehen und Islamlehrer vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus überwachen lassen.

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15 Kommentare

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  • A
    archimedes

    @ Anne: Den Hinweis auf Artikel 16 der AEMR finde ich ausgezeichnet !

     

    @ Torsten: Du reproduzierst hier ein typisches Vorurteil, nämlich das "Alte Testament" sei nur voll von dem, was deutsch als "Rache" übersetzt wird u.s.w. und das "Neue" dagegen nur voll von "Nächstenliebe" u.s.w. Das ist stereotyp und falsch. Natürlich hatten sich auch damals die Zeiten immer wieder geändert und schon einige Jahre vor Jeshua aus Galiläa hat z.B. der ebenfalls jüdische Rabbi Hillel die Nächstenliebe als das größte Gebot bezeichnet!

     

    Umgekehrt findet sich z.B. im "Neuen Testament" folgende Aussagen: "Frauen haben bei Gemeindeversamlungen zu schweigen.", "Frauen, seid Eueren Männern untertan, wie auch der Mann Christus untertan ist!" (strenge patriarchaische Hierarchie, wie sie damals ziemlich weltweit etabliert war - mit ausnahme von einzelnen Subkulturen, wie Teilen der KynikerInnen z.B. Kartes und seine Frau u.a.!), und manches andere, was mit Demokratie nicht viel zu tun hat.

     

    Kritische Lektüre, kritisches Hinhören auf Gurus, Lehrer etc. ist in jeder! Religion angebracht und nur eine "fundamentalistische" Herangehensweise verbietet dies.

     

    Zu "Traditionen der Befreiung" in der hebräischen Bibel, die genannten Stereotypen widersprechen, gibt/gab es übrigens auch schon viel (wissenschaftlich orientierte) Literatur, von Autoren wie W. Schottroff , E. Zenger u.a. (um nur 2 deutschsprachige Namen zu nennen).

     

    (p.s. auch Martin Luther war noch mindestens ein 50%iger Fundamentalist, am Ende zugleich ein extreistischer antijudaistischer Hetzprediger - wie so viele damals ...).

  • L
    Leo

    "Islamophobie"?? (Islamkritik)

     

    Was ist das nun? Geisteskrankheit oder Kapitalverbrechen?

  • K
    karin

    Kontrolle halte ich für sehr gut.

  • A
    anke

    Ein Europäer ist ein Mensch, der in Europa lebt. Ein Muslim ist ein Mensch, der sich zum Islam bekennt. Wenn also 28% aller muslimischen Religionslehrer glauben, als Europäer könne man kein Moslem sein und umgekehrt, ist ihnen entweder bisher entgangen, auf welchem Kontinent sie unterrichten, oder sie sind vom Glauben abgefallen.

     

    Es heißt zwar immer, religiöse Menschen hätten es nicht so sehr mit der Logik, dass die Dummheit aber so weit geht, ist dann doch erstaunlich. Die islamische Glaubensgemeinschaft unter Anas Schakfeh scheint wenigstens ein Drittel ihre Lehrer tatsächlich hinter irgend einer Düne oder unter irgendwelchen Dattelpalmen aufgelesen zu haben. Den großen islamischen Gelehrten früherer Jahrhunderte ähneln sie jedenfalls nicht. Ihre eigenen Lehrer können nicht all zu viel gewusst haben von der ruhmreichen Vergangenheit des Islam. Aber wer weiß, vielleicht herrscht ja in den Herkunftsländern dieser "Pädagogen" auch gerade Personalmangel. Ein Wunder wär’s nicht. Bei dem Entwicklungsstand...

     

    Übrigens: Hätten die Europäer, die angeblich so unendlich stolz sind auf ihre Erfindung, die Menschenrechte in den letzten 220 Jahren wirklich allen Menschen gleichermaßen angedeihen lassen, gäbe es das Phänomen der logikfernen Islamlehrer wahrscheinlich überhaupt nicht. Die Typen hätten dann nämlich kaum etwas zu tun (schon gar nicht in Europa) und fürs faul Rumsitzen würden sie wohl nicht einmal von Führungskräften wie Anas Schakfeh bezahlt werden.

  • T
    Torsten

    Lieber Frank Fuchs,

    haben Sie nach dem alten Testament aufgehört zu lesen? Sonst hätten Sie vielleicht im Neuen auch Wörter wie Vergebung, Liebe (selbst für Feinde), Hilfe für Arme, Schwache und Kranke und andere positive Sachen gelesen. Man kann natürlich immer negative Sachen finden, doch was das dann mit "gründlich lesen" zu tun hat, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist einfach nur Suche nach Negativem um die eigene Meinung zu unterstützen. Nach ihrer Argumentation müssten Sie in allererster Linie gegen Juden sein (was wahrscheinlich auch stimmt ...). Ich lehne den Vatikan mit seiner Machtbefugnis und der Unfehlbarkeit in allen Glaubensfragen auch ab (keine Kondome, etc.), aber deswegen die Bibel als "böses Buch" abzustempeln ist ja wohl sowas von kleinkariert. Klar kann man damit Missbrauch treiben (Kreuzzüge, etc.), aber genau DIESER Missbrauch mit einem Glaubensbuch wird heute noch in heftiger Manier von vielen muslimischen Lehrern betrieben. Das Christentum hat sich weiterentwickelt ... es mag nicht perfekt sein und es gibt und wird wohl auch bei uns immer Hardliner geben, aber das was von Islamisten (das sollen jetzt die "bösen" Muslime sein ;-) ) ausgeht (Tod für Islamabfaller) IST viel schlimmer und gefährlicher. Damit will ich nicht die Religion als solche diffamieren ... aber sie wird heftig missbraucht für skrupellose Zwecke ... meiner Meinung nach ist die Einstellung vieler muslimischer Lehrer (insbesondere in muslimischen Staaten) leider auf dem Level der Einstellung christlicher Lehrer im Mittelalter

     

    Aber es muss halt immer Leute geben, die Missstände mit anderen Missständen überdecken wollen. Als ob über die negativen Sachen aus dem Vatikan noch nie berichtet worden wäre.

     

     

    PS: Ich bin Protestant.

  • KH
    Karl Hammer

    http://oe1.orf.at/inforadio/101669.html

     

    "Lehrer wollen Überlegenheitsgefühl vermitteln

    Dem widersprechen aber die Ergebnisse der Studie: Gerade die jungen Religionslehrer sehen ihre Aufgabe nicht darin, das Zusammenleben in Österreich zu fördern. Gerade in Hauptschulen haben viele Lehrer die Vorstellung, sie müssten den Schülern ein Überlegenheitsgefühl der Muslime gegenüber den Nicht-Muslimen vermitteln."

     

    Die Stellungnahme der sog. "islamischen Glaubensgemeinschaft" (ihre Vertretungsrolle erfolgt nur aus eigenem Anspruch und durch die Ernennung der Bundesregierung) sollte um diese Tatsache ergänzt werden. Es geht hier keineswegs nur um Altlasten...

     

    Wenn ein Viertel der öst. Wähler keine Demokraten wären, dann hätten sie eine antidemokratische Partei wie die NPD gewählt. Derartige Gründungsversuche gab es auch in Österreich, sind aber bezeichnenderweise alle gescheitert.

     

    Die FPÖ saugt zwar das ganze Rechte Lager auf (mit Ausnahme der Neonazis), aber sie ist defenitiv keine antidemokratische Partei.

  • FF
    Frank Fuchs

    Liebe Mitmenschen. Nehmt euch einmal eine Bibel zur Hand und blättern darin ein wenig herum. Ihr werdet darin Wörter finden, wie: Rache, Blut, Vergeltung, Ungläubige, Sklaven, Frauen als Untertanen, Krieg, Inszest usw.

    Und diese Worte werden als Gut und Richtig beschrieben. JA! Es ist so! Wer das Gegenteil behauptet hat die Bibel nicht gründlich gelesen.

     

    Was den Vatikan und Terrorstaat betrifft, ein Gläubiger Katholik wird niemals eingestehen, dass dieses so ist. Aber der weiß auch nicht auf wieviel Milliarden der Vatikan sitzt, während die meisten seiner Gläubigen hungern müssen. Der weiß auch nicht wieviele Aidskranke in Afrika sterben müssen, weil sie kein Kondom benutzen dürfen. Der weiß auch nicht, dass es Absprachen zwischen dem Vatikan und dem 3. Reich damals gab. Der weiß auch nicht, dass ein Holocaustleugner gerade seinen Segen vom papst erhalten hat.

  • A
    Alicja

    Da die Menschheit es schon einmal verpasst hat, die Macht der katholischen Kirche abzuwenden, sollte sie jetzt nicht schlafen und schön den Einfluß jeglicher Religion unterbinden. Es gibt nichts Schlimmeres als die Machtinstitution Religion.

  • A
    Anne

    Pardon, hab mich an einer Stelle ungeschickt ausgedrückt: Artikel 16, Absatz 2 impliziert nicht nur das Verbot von Zwangsheirat, sondern auch positiv, dass jede/r sich ohne Zwang selbst freie eine/n Partner/in wählen darf.

     

    Voraussetzung ist nur, dass auch der Partner / die Partnerin einverstanden ist - und vorausgesetzt ist sicher auch, dass es sich um einigermaßen Erwachsene & zurechnungsfähige Menschen handelt.

     

    Auch ein Vetorecht der Eltern, gegen eine von beiden PartnerInnen gewollte Eheschließung, widerspricht dem also (wenn man ernst nimmt, was da steht und diese Worte alle bedeuten, was sie sonst normalerweise auch bedeuten), nicht nur Zwangsheirat. Diese aber freilich erst recht umso mehr.

  • A
    Anne

    Wundert mich gar nicht. Schließlich hat auch das Christentum, obwohl es z.B. die Nächstenliebe als eines der beiden "höchsten Gebote" predigt, bis heute so manche Probleme mit so manchen Aspekten der Demokratie, und zwar nicht nur extreme FundamentalistInnen. Und wieviele Frauen sind z.B. denn eigentlich Priesterinnen, Bischöfinnen, Kardinälinnen? Von Geburt an "gleich an Würde und Rechten"?

     

    Allein Artikel 16, Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO von 1948

    ist auch für Europa noch nicht allzu lange de facto weitgehend respektiert (das Recht, mit niemandem Zwangsverheiratet zu werden), vgl. das oft bis heute etablierte, ungeschriebene "Vetorecht" der Eltern bei der Partnerwahl, und dies nicht nur in islamischen Familien.

  • K
    Krause

    @ Hermann

    Es gibt zwei "bedeutende" Gottesstaaten auf Erden: der Vatikan und der Iran. Kurzer Vergleich: in welchem Staat werden die Menschenrechte mehr verletzt und woran liegt das wohl? Im übrigen, man kann dem Vatikan ja sehr, sehr viel vorwerfen, aber eine Terrorvereinigung ist er wirklich nicht.

     

    M.E. beweist diese Studie mal wieder, was ein Regierungsmitglied der Islam-Konferenz festgestellt hat: Der Islamismus gehört bei den Muslimen zum Mainstream.

  • A
    Anon

    o.O Unten ein perfektes Beispiel für das, was man von rechts gerne als Gutmenschen bezeichnet. Völlige Verdrehung der Fakten, bloß immer die Schuld auf sich selbst schieben. Echt traurig.

  • B
    Bert

    Einem Führer, Heiland oder Propheten gläubig zu folgen ist von der Logik her nicht vereinbar mit Selbstbestimmung und Demokratie und auch nicht mit der Erklärung der Menschenrechte durch die UNO.

     

    Somit kann es allenfalls ein nicht zusammenpassendes Nebeneinander von obrigkeitlichen Kulten und Demokratie geben. Eigentlich (dem Denkansatz nach) ist jeder obrigkeitliche Kult wie jede obrigkeitliche Ideologie verfassungsfeindlich.

  • H
    Hermann

    Wie sieht es denn mit christlich motivierten Menschen aus, die Schwule umbringen wollen? Das ist ja auch nicht so fein.

    Sollte man jetzt vielleicht auch mal die Christen auf Homophobie überwachen?

    Und dann gleich den Vatikan mit, dieser stellt meiner Meinung nach mit seinem Sex-Aufklärungsverbot, Kondomverbot und weiteren menschenrechtsverletzenden Initiativen eine der größten Terrorvereinigungen Europas dar.

     

    Hmm.

     

    Vielleich sollte man eher fragen, wie die Interpretation des Koran der einzelnen Menschen in Hinsicht auf Demokratie ist. Danach richten sich ja die meisten Muslime aus, wobei er von Männern teils anders als von Frauen interpretiert wird.

    Wiedermal eine typische Schublade: "Sind ja sowieso alles Terroristen".

    Langsam echt zum Kotzen von den achso demokratischen sog. Demokraten.

  • KT
    Kil T.

    Mindestens jeder vierte Österreicher ist im Grunde auch kein Demokrat, wenn man das so sagen darf. Ich denke die Anspielung ist verständlich genug.

    Die Konflikte entstehen nicht beim demokratisch sein, oder nicht demokratisch sein sondern beim immer weiter anschwellenden Fremdenhass in Österreich. Das Islamlehrer ankreuzen, dass der Islam in der Demokratie aneckt ist nicht weiter wunderlich. Die despotisch geführte Kirche ist , streng gesehen, eine ebenso wenig demokratische Institution. Man sollte seinen Horizont erweitern, nicht die Grenzen.