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Österreich verschärft Strafen für RaserWenn das Auto zur Waffe wird

Wer auf österreichischen Straßen deutlich zu schnell unterwegs ist, kann künftig sogar sein Fahrzeug los sein. Die neuen Regeln gelten ab März.

Mit dem Auto mehr als 80 km/h zu schnell? Wird in Österreich nun ganz drakonisch bestraft Foto: dpa

Wien dpa | Wer auf den Straßen Österreichs extrem rast, riskiert ab 1. März den Verlust seines Fahrzeugs. Eine Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) sieht vor, dass bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von über 80 Stundenkilometern im Ortsgebiet und 90 Stundenkilometern außerorts das Auto beschlagnahmt und in weiterer Folge auch versteigert werden kann.

Gibt es bereits eine einschlägige Vorstrafe, etwa durch die Teilnahme an illegalen Autorennen, sind Beschlagnahme und endgültige Abnahme schon bei einer Überschreitung von mehr als 60 Stundenkilometern innerorts und 70 Stundenkilometern außerhalb von Ortschaften möglich.

„Es gibt eine Geschwindigkeit, bei der wird das Auto zur Waffe. Wir setzen dem nun ein Ende und sorgen dafür, dass den Tätern ihre Tatwaffe in Zukunft sofort und dauerhaft aus der Hand genommen werden kann“, sagte die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler. Österreich folge mit der Maßnahme Ländern wie Italien und der Schweiz. Schon 2021 hatte die Alpenrepublik in einem ersten Anti-Raser-Paket die Geldstrafen sowie die Dauer des Führerscheinentzugs drastisch erhöht.

Erst vergangene Woche waren der Polizei im österreichischen Bundesland Tirol zwei Raser ins Netz gegangen. Auf der Brennerautobahn A13 erwischte eine Zivilstreife einen 18-jährigen Deutschen in einer 60er-Zone mit 164 Stundenkilometern. In Kössen im Bezirk Kitzbühel war ein 27-jähriger Niederländer statt erlaubter 50 Stundenkilometer mit Tempo 105 unterwegs.

Realitätscheck wird spannend

Der Verkehrsclub ÖAMTC bezweifelt indessen die Wirksamkeit der Maßnahme und hat rechtliche Bedenken: „Es gibt einerseits keine Studien, die besagen, dass härtere Strafen mehr abschrecken als niedrigere. Zudem sollten derart drastische Eingriffe in das Eigentum von Strafgerichten entschieden werden und nicht von Verwaltungsbehörden“, erklärt ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf. Juristen sähen grobe Mängel. „Für die Verkehrssicherheit wäre es schade, wenn das Gesetz schon beim ersten relevanten Anwendungsfall durch Anrufung der Höchstgerichte oder des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wieder gekippt wird“, so der ÖAMTC-Experte.

Das Ministerium verwies darauf, dass die Maßnahmen verfassungsrechtlich geprüft seien. In einem Frage-und-Antwort-Katalog des Ministeriums heißt es dennoch: „Gewisse Schlupflöcher können nie ganz ausgeschlossen werden, aber das liegt in der Natur eines neuen Rechtsinstruments und davor dürfen wir nicht zurückschrecken, wenn wir Verbesserungen für die Zukunft schaffen wollen.“

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11 Kommentare

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  • na es gibt ja noch Leihautos

  • Sehr gute Lösung, die ich mir auch für Deutschland wünsche. Die deutsche Autolobby und entsprechende Politiker werden aber wohl was dagegenhalten.

    Was gibt es wirkungsvolleres als Rasern und illegalen Rennfahrern das Auto wegzunehmen und zu verkaufen.



    Vielleicht achten dann Autovermietungen dann auch mehr darauf welche Klientel sich hochmotorisierte PKW ausleiht.

  • Ich finde das grundsätzlich richtig. Aber eine Überschreitung von 80/90 km/h sieht doch eher nach Symbolpolitik aus.

    Eine solch massive Überschreitung ist auch extrem risikobereiten Fahrenden nur selten möglich und noch seltener wird sich dies gerichtsfest beweisen lassen. Bei den beiden Beispielen überschreitet nur eines diese Schwelle, das andere dagegen nichtmals die Schwelle für Wiederholungstäter.

  • Bei uns ist man ja schon "Raser" bei versehentlich 40 in der 30er Zone.

  • Bravo Österreich! Die Einwände sind aus meiner Sicht nicht stichhaltig. Der Eingriff in das Eigentumsrecht liegt nicht anders vor als bei der Beschlagnahme von Messern oder Schusswaffen. Es steht auch letztendlich eben gar keine Strafe im Raum, sondern das Verhindern von Straftaten durch Entzug der Möglichkeiten dazu. Die individuelle Abschreckung ist dabei gar nicht das Hauptargument, von daher muss man auch nicht über die Wirksamkeit diskutieren. Generalpräventiv ist die Wirkung nicht bezweifelbar, und darauf kommt es an. So oder so wird es in kurzer Zeit dazu Gerichtsentscheidungen geben, das ist aber bei nahezu allen veränderten Gesetzen der Fall, da kommt man nie drum herum.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Solche scharfen Gesetze gegen Raser und und betrunkene Autofahrer sind in Dänemark schon seit längerem in Kraft.



    Der EuGH hatte hier wohl wenig zu beanstanden. Obwohl in DK bereits Porsches konfisziert und verkauft wurden. Deren Besitzer haben bestimmt alles versucht.

    Schön, das immer mehr Länder hier umdenken.



    Auch hier ist Deutschland mittlerweile Schlußlicht. Einzig die vielen Baustellen auf maroden Autobahnen und Landstrassen wirken hierzulande entschleunigend.

    In Dänemark führen sicherlich auch solch rigide Gesetze zu einer sehr entspannten und rücksichtsvollen Fahrweise aller.



    Dazu kommt aber vielleicht auch eine andere Mentalität, die stärker am Gemeinwohl als am Ego ausgerichtet ist.



    Hierzulande darf ein Chefredakteur sich an der Freiheit der Raserei auf der linken Autobahn Fahrspur berauschen und bekommt dafür sogar noch medialen Beifall.

  • Der Verkehrsclub ÖAMTC bezweifelt indessen die Wirksamkeit der Maßnahme und hat rechtliche Bedenken: „Es gibt einerseits keine Studien, die besagen, dass härtere Strafen mehr abschrecken als niedrigere. Zudem sollten derart drastische Eingriffe in das Eigentum von Strafgerichten entschieden werden und nicht von Verwaltungsbehörden“

    Es ist doch völlig Wurst, ob höhere Strafen mehr abschrecken, jedenfalls wird mir der beschlagnahmten Waffe niemand mehr gefährdet. Und, ein derartig drastischer Eingriff in das Eigentumsrecht wirklich skandalös, die paar Behinderten und Toten sollten uns die Freiheit schon wert sein. Aber da bin ich nicht Jurist genug, bzw. - wie man früher - sagte, da kenne ich mich nicht aus.

    Jedenfalls sind die hiesigen Raser schon weiter, die leihen sich die Autos.

    • @0 Substanz:

      In Skandinavien und auch m.W. in manchen US Bundesstaaten wirkt die Beschlagnahme des Fahrzeuges excellent! Das ist eine sehr gute und salomonische Lösung.

  • Die Österreicher waren schon immer findig wenn es um Verfolgung von Temposündern geht. Früher war das "Geschätzt" oft Willkür.



    Jemanden das Auto abzunehmen der mit mehr als dem Doppelten des Erlaubten innerorts unterwegs ist finde ich aber legitim. In einer Dreissiger Zone mit 90 km/h zu brettern ist mehr als Vorsatz. In einer verkehrsberuhigten Zone rechnet der gemeine Verkehrsteilnehmer nicht unbedingt mit einem Fahrzeug im deutschen Landstrassentempo.



    Viele vergessen auch das es eben nicht das Recht ist 50 zu fahren wenn es erlaubt ist, sondern wenn es die Verkehrsverhältnisse zulassen. Da ist ein gewaltiger Unterschied. Das gilt im Übrigen inner- wie ausserorts, bei allen "Erlaubten" Geschwindigkeiten.

  • Aber, aber! Das ist doch kein Rechtsstaat mehr! Fragt man die Pseudo-Partei FDP, dann ist das der Entzug von Freiheit. Was hätte Rousseau denn dazu gesagt, oder Kant? Wo kommen wir denn hin, wenn man nicht mal mehr 250kmh fahren darf? Wenn jemand tödlich verletzt wird, dann steht dem Opfer doch die Freiheit zu, sich einäschern oder auf See bestatten zu lassen...

    • @Perkele:

      "Rasen" heißt doch jetzt "forciert durch den Verkehr gleiten".