Ölförderung in den USA: „Vom Import abhängig“
Wird Amerika ein Ölscheichtum? Experte Josef Braml sagt, die USA werden kein Selbstversorger. Damit widerspricht er der Internationalen Energieagentur.
taz: Herr Braml, die USA werden unabhängig von Erdöl- und Gasimporten. Mit dieser Nachricht überraschte jetzt die Internationale Energieagentur. Ändert sich damit die globale Rolle der Vereinigten Staaten grundlegend?
Josef Braml: Nein. Wer so etwas behauptet, ignoriert die Zusammenhänge auf den globalen Energiemärkten und die geostrategischen Kalküle der Weltmacht. Die USA bleiben abhängig von Erdöl-Importen sowie von Energiepreisen, die vor allem durch internationale Entwicklungen beeinflusst werden. Sie müssen deshalb weiter weltweit militärisch präsent sein.
Der Internationalen Energieagentur widerspricht auch die US-Behörde für Energie-Information. Demnach müssen die USA im Jahr 2035 sogar knapp 40 Prozent des Öls importieren. Ist das näher an der Wahrheit?
Ich halte die Prognose der US-Energiebehörde für realistischer. Aber beide Organisationen versuchen nur, die Zukunft zu beschreiben. Ihre Szenarien sind notwendigerweise unscharf. Tatsache ist: Es wird immer Öl geben – die Frage ist, zu welchem Preis. Wenn die Preise so hoch liegen wie in den vergangenen Jahren, lohnt es sich beispielsweise, in Kanada Öl-Sand unter hohen Kosten abzubauen. Steigt dadurch das Angebot, kann der Preis auch wieder sinken und der Verbrauch zunehmen. Vor dem Hintergrund dieser Mechanismen ist es unwahrscheinlich, dass die USA irgendwann auf Ölimporte verzichten.
Heute müssen die Vereinigten Staaten 50 Prozent des Erdöls einführen. Warum sollte ihr Importbedarf abnehmen?
Erstens setzen die USA mehr Biokraftstoffe aus Mais und Zucker ein. Zweitens drückt die Politik den Verbrauch durch Grenzwerte. Und drittens steigt die Öl- und Gasproduktion in den USA an. Mit der Fracking-Methode, bei der Sand und Chemikalien in Schiefergestein gepresst werden, lassen sich in North Dakota und anderen Bundesstaaten zusätzliche Vorkommen ausbeuten.
Jahrgang 1968, forscht und publiziert bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin.
Wenn die USA weniger Öl importieren, sind der Nahe und Mittlere Osten für sie nicht mehr so wichtig. Wird Washington seine Rolle als Weltpolizist dann aufgeben?
Auch wenn die USA nur noch zehn Prozent ihres Ölbedarfs durch Import decken, bleiben sie abhängig von der Preisbildung auf dem Weltmarkt. Denn die Preise bestimmt das Kartell der Ölproduzenten, die Opec. Saudi-Arabien hat eine besondere Bedeutung, weil nur die Ölmonarchie so große, günstig förderbare Vorräte besitzt, dass sie kurzfristig die Mengen auf dem globalen Markt beeinflussen kann. In der strategischen Partnerschaft zwischen beiden Ländern profitieren die USA von der saudi-arabischen Preismoderation, die Saudis umgekehrt vom militärischen Schutz durch die USA. In diesem Sinne macht US-Außenministerin Hillary Clinton ihren Landsleuten klar, dass man sich weiter global engagieren muss.
Sie raten der US-Regierung zu einer transatlantischen Umwelt- und Energiepartnerschaft mit Europa. Was brächte das?
Die USA können sich wesentlich höhere Energiepreise als heute nicht leisten. Sonst würde anderen Bereichen des Konsums zu viel Geld entzogen. Eine aussichtsreiche Möglichkeit aber, die Kosten in Grenzen zu halten, besteht darin, den Verbrauch zu senken. Da haben wir in Deutschland und Europa etwas zu bieten. Beispielsweise ist hier die Forschung für Elektroautos und sparsame Motoren schon weiter vorangeschritten. Deshalb könnten die USA von einer technologischen und wirtschaftlichen Kooperation profitieren.
Ist diese Vision denn überhaupt realistisch?
Präsident Barack Obama hat verstanden, dass es nicht reicht, die Öl- und Gasförderung zu steigern. Er sieht auch Potenzial in den erneuerbaren Energien und Umwelttechnologien. Einzelne Staaten wie Kalifornien tun ebenfalls das Ihre dazu. Angesichts der klammen Haushaltslage werden wohl eher früher als später auch die Subventionen für die Ölindustrie kassiert werden, die bislang Alternativen benachteiligen.
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