Öl- und Gasriesen gründen Klimaclub: Multis entdecken Herz für Umwelt
Zehn Energiekonzerne setzen sich für ein starkes Klimaabkommen ein – zu Lasten der Kohle. Der Kampf zwischen den Ölfirmen ist entbrannt.
Außerdem unterstützen sie „die Errichtung eines klaren und stabilen Politikrahmens, der mit dem Zwei-Grad-Ziel in Einklang steht“. Damit versprechen die Öl- und Gasbosse weniger Emissionen von Klimagasen und Zusammenarbeit bei Energieeffizienz, Forschung, der Suche nach Gas und der umstrittenen unterirdischen Lagerung von Klimagasen (CCS).
Am Montag beginnt in Bonn die letzte Woche der UN-Verhandlungen vor dem entscheidenden Klimagipfel von Paris Anfang Dezember. Dort wollen 195 Staaten einen weltweit verbindlichen Vertrag zum Klimaschutz schließen – und die Öl- und Gasfirmen der OGCI wollen sich dabei als Teil der Lösung präsentieren - und nicht als Teil des Problems. „Unser gemeinsames Ziel sind zwei Grad“, heißt es in der Erklärung, „das ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten“.
Dazu wollen die Multis, die gemeinsam für 20 Prozent der weltweiten Produktion von Öl und Gas stehen, bei der eigenen Produktion Energie sparen und Effizienz fördern. Außerdem wollen sie den Anteil von Gas und erneuerbaren Energien am Energiemix erhöhen und das Abfackeln von ungenutztem Gas reduzieren, den Ausstoß des Klimakillers Methan senken und den Zugang zur Energieversorgung sicherstellen.
Mit Eigenlob sparen die Mitglieder der OGCI – Shell, BP, Statoil, Total, Saudi Aramco, Pemex, Repsol, BG Group, Eni und Reliance – nicht: Über die letzten zehn Jahre seien „die CO2-Emissionen unserer Arbeit um 20 Prozent gesunken“, erklärten die Vorstandsvorsitzenden bei ihrem Treffen in London.
Ölbarone kämpfen ums Image
Der Vorstoß der Ölbarone zeigt aber auch, dass der Kampf der Energiekonzerne um Image und Marktanteile in den Zeiten des Klimawandels voll entbrannt ist. So erklären die Öl- und Gaskonzerne mit ihrer Forderung nach mehr Gas und nach mehr Erneuerbaren bei der Stromerzeugung der Kohle den Krieg – Unternehmen aus den Kohleländern China und Indien sind folgerichtig nicht Mitglieder der Vereinigung.
Deutlich wird auch, dass es zwischen den mehrheitlich europäischen Firmen und den US-Konzernen wie ExxonMobil und Chevron knirscht: Die amerikanischen Firmen haben schon die Forderung von Shell, BP und Statoil aus dem Sommer nach einem „Preissystem für Kohlenstoff“ nicht mitgetragen. Diese Idee, per Steuern oder Emissionshandel die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zu verteuern, fand auch in der OGCI keine Mehrheit. Weil Firmen wie Saudi Aramco oder die mexikanische Pemex dabei sind, fordern die „grünen“ Ölfirmen also nur einen „stabilen Politikrahmen“.
Die Konzerne bekennen sich zum Zwei-Grad-Ziel und gestehen ein, dass „der existierende Trend bei den Emissionen nicht mit diesem Anspruch übereinstimmt“. Aber sie erwähnen mit keinem Wort die Berechnungen, dass für eben das Zwei-Grad-Ziel etwa zwei Drittel aller –also auch ihrer - Reserven an Kohle, Öl und Gas nicht verbrannt werden dürfen. Die Multis halten an ihrem konventionellen fossilen Geschäftsmodell fest und wollen den Erneuerbaren nur eine Nebenrolle zugestehen.
Deshalb gab es von der Umweltorganisation Greenpeace, die ihren Plan einer „Energie (R)evolution“ mit 100 Prozent Erneuerbaren bis 2050 propagiert, auch scharfe Kritik: „Brandstifter eignen sich nicht als Feuerwehrleute“, sagte Campaigner Charlie Kronick. „Diese Firmen haben jahrelang gegen Klimaschutz Lobbyarbeit gemacht und heute noch Geschäftsmodelle, die zu einem gefährlichen Temperaturanstieg führen. Ihr Vorstoß enthält nichts, was die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft voranbringt.“
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