Öffentlich-Rechtliche in Polen: Kampf um Polens Medien

Polens Präsident wollte mit einem Veto die Medienpolitik der neuen Regierung durchkreuzen. Doch er machte den Weg frei für das Ende der PiS-Propaganda.

Der Bildschirm einer Kamera zeigt Donald Tusk

Der polnische Premierminister Donald Tusk am 13. Dezember Foto: Aleksandra Szmigiel/ reuter

WARSCHAU Schadenfreude, Häme und Ärger liegen nah beieinander, wenn Polen und Polinnen aktuell über das neueste Veto ihres Präsidenten Andrzej Duda diskutieren. Denn kurz vor Weihnachten hatte Duda sein Veto gegen ein Gesetz zur Finanzierung des öffentlichen Dienstes eingelegt, das die neue Mitte-links-Regierung von Donald Tusk auf den Weg gebracht hatte. Der eigentliche Grund für Dudas Veto waren die drei Milliarden Złoty (ca. 680 Millionen Euro), die im Gesetz für die öffentlich-rechtlichen Sender TVP, TVP-Info, das Polnische Radio, die Polnische Presseagentur PAP und die Fernseh-Informations-Agentur (TAI) bestimmt waren. Vorbereitet worden war dieser Teil des Gesetzes noch von der Vorgängerregierung unter der nationalpopulistischen PiS.

Die drei Milliarden sollten der Parteipropagandaschleuder TVPis, dem Polnischen Radio und den Nachrichtenagenturen zugutekommen, die allesamt auf PiS-Linie waren. Doch am 15. Oktober hatte die Partei die Wahlen verloren, und die neue Mitte-links-Regierung unter Donald Tusk machte sich daran, aus dem Propagandaapparat der PiS mit mehreren Tausend Mitarbeitern wieder einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu machen, wie es ihn vor der PiS gegeben hatte. Allerdings war klar, dass Duda gegen dieses Gesetz zur Finanzierung des öffentlichen Dienstes, also der Lehrer und Lehrerinnen, des Verwaltungspersonals und der Hochschulbediensteten samt Sonderpunkt „Finanzierung von TVP & Co“ sein Veto einlegen konnte. Anders ist das beim regulären Haushaltsgesetz, gegen das Duda kein Veto einlegen darf.

In der Zwischenzeit hatte der neue Kulturminister Bartłomiej Sienkiewicz, der rechtlich gesehen der Eigentümer der Aktiengesellschaft TVP und der anderen öffentlich-rechtlichen Medien ist, alle von der PiS eingesetzten Aufsichtsräte entlassen und nicht parteigebundene Manager eingesetzt. Diese sollten neue Intendanten, Vorstände und Chefredakteure ernennen, die bekanntesten PiS-Propagandafunktionäre entlassen und neue Redakteure einstellen, die wieder Qualitätsjournalismus bieten.

Innerhalb von nur zwei Tagen gelang es, die TVP-Wiadomosci (Nachrichten) von einer Propaganda­schleuder in die politisch ausgewogene Informationssendung „19:30“ zu verwandeln, die alle Perspektiven – natürlich auch die der PiS – zu Wort kommen lässt. Beim 24-Stunden Nachrichtenkanal TVP Info läuft zwar keine PiS-Propaganda mehr, sondern Programme anderer TVP-Kanäle. Doch bis der Nachrichtenkanal wieder mit verfassungsmäßigem und ausgewogenem Programm auf Sendung gehen kann, wird noch einige Zeit vergehen.

Mit PiS-Methoden gegen PiS-Medien?

Kritiker werfen der neuen Koalition aus liberalkonservativer Bürgerkoalition (KO), christlich-agrarischem Dritten Weg und Neuer Linken nun vor, dass dieses Vorgehen rechtlich nicht einwandfrei gewesen sei. Selbst wohlmeinende Kommentatoren warnen davor, mit PiS-Methoden gegen die PiS-Medien vorzugehen. Die sauberste Methode wäre gewesen, wenn die neue Parlamentsmehrheit ein Gesetz zur Umstrukturierung der PiS-Staatsmedien in einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk verabschiedet hätte.

Ein solches Gesetz allerdings muss Polens Präsident Duda unterzeichnen, der ohne die massive Unterstützung der medialen Propaganda kaum noch einmal Präsident geworden wäre. Zudem kündigte dieser bereits an, dass er gegen jeden Versuch der Rückabwicklung von PiS-Gesetzen sein Veto einlegen werde.

So legte er auch eines gegen das Gesetz zur Finanzierung des Öffentlichen Dienstes ein, weil hier auch der Posten „3 Milliarden Zuschuss für TVP, Polnisches Radio und die Agenturen“ stand. Duda wollte nicht, dass das Geld nun für den Wiederaufbau eines tatsächlichen öffentlich-rechtlichen Senders verwendet wird. Damit tat er aber – wider Willen – der neuen Regierung einen großen Gefallen. Denn ohne die Jahresfinanzierung droht den öffentlich-rechtlichen Sendern die Pleite. Genau mit diesem Argument meldete der Kulturminister am Mittwoch deren Konkurs an und leitete ihre Liquidierung ein. Die Sender verschwinden nicht, sondern werden umstrukturiert und bekommen eine neue öffentlich-rechtliche Mission – ohne den Nationalen Medienrat, den die PiS verfassungswidrig geschaffen hatte.

Zum Abschluss kommen wird der Reformprozess erst Mitte 2025, wenn die nächsten Präsidentschaftswahlen anstehen und Duda keine Gesetze mehr mit einem Veto blockieren kann.

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