Öffentlich-Rechtliche in Polen: Kampf um Polens Medien
Polens Präsident wollte mit einem Veto die Medienpolitik der neuen Regierung durchkreuzen. Doch er machte den Weg frei für das Ende der PiS-Propaganda.
Die drei Milliarden sollten der Parteipropagandaschleuder TVPis, dem Polnischen Radio und den Nachrichtenagenturen zugutekommen, die allesamt auf PiS-Linie waren. Doch am 15. Oktober hatte die Partei die Wahlen verloren, und die neue Mitte-links-Regierung unter Donald Tusk machte sich daran, aus dem Propagandaapparat der PiS mit mehreren Tausend Mitarbeitern wieder einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu machen, wie es ihn vor der PiS gegeben hatte. Allerdings war klar, dass Duda gegen dieses Gesetz zur Finanzierung des öffentlichen Dienstes, also der Lehrer und Lehrerinnen, des Verwaltungspersonals und der Hochschulbediensteten samt Sonderpunkt „Finanzierung von TVP & Co“ sein Veto einlegen konnte. Anders ist das beim regulären Haushaltsgesetz, gegen das Duda kein Veto einlegen darf.
In der Zwischenzeit hatte der neue Kulturminister Bartłomiej Sienkiewicz, der rechtlich gesehen der Eigentümer der Aktiengesellschaft TVP und der anderen öffentlich-rechtlichen Medien ist, alle von der PiS eingesetzten Aufsichtsräte entlassen und nicht parteigebundene Manager eingesetzt. Diese sollten neue Intendanten, Vorstände und Chefredakteure ernennen, die bekanntesten PiS-Propagandafunktionäre entlassen und neue Redakteure einstellen, die wieder Qualitätsjournalismus bieten.
Innerhalb von nur zwei Tagen gelang es, die TVP-Wiadomosci (Nachrichten) von einer Propagandaschleuder in die politisch ausgewogene Informationssendung „19:30“ zu verwandeln, die alle Perspektiven – natürlich auch die der PiS – zu Wort kommen lässt. Beim 24-Stunden Nachrichtenkanal TVP Info läuft zwar keine PiS-Propaganda mehr, sondern Programme anderer TVP-Kanäle. Doch bis der Nachrichtenkanal wieder mit verfassungsmäßigem und ausgewogenem Programm auf Sendung gehen kann, wird noch einige Zeit vergehen.
Mit PiS-Methoden gegen PiS-Medien?
Kritiker werfen der neuen Koalition aus liberalkonservativer Bürgerkoalition (KO), christlich-agrarischem Dritten Weg und Neuer Linken nun vor, dass dieses Vorgehen rechtlich nicht einwandfrei gewesen sei. Selbst wohlmeinende Kommentatoren warnen davor, mit PiS-Methoden gegen die PiS-Medien vorzugehen. Die sauberste Methode wäre gewesen, wenn die neue Parlamentsmehrheit ein Gesetz zur Umstrukturierung der PiS-Staatsmedien in einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk verabschiedet hätte.
Ein solches Gesetz allerdings muss Polens Präsident Duda unterzeichnen, der ohne die massive Unterstützung der medialen Propaganda kaum noch einmal Präsident geworden wäre. Zudem kündigte dieser bereits an, dass er gegen jeden Versuch der Rückabwicklung von PiS-Gesetzen sein Veto einlegen werde.
So legte er auch eines gegen das Gesetz zur Finanzierung des Öffentlichen Dienstes ein, weil hier auch der Posten „3 Milliarden Zuschuss für TVP, Polnisches Radio und die Agenturen“ stand. Duda wollte nicht, dass das Geld nun für den Wiederaufbau eines tatsächlichen öffentlich-rechtlichen Senders verwendet wird. Damit tat er aber – wider Willen – der neuen Regierung einen großen Gefallen. Denn ohne die Jahresfinanzierung droht den öffentlich-rechtlichen Sendern die Pleite. Genau mit diesem Argument meldete der Kulturminister am Mittwoch deren Konkurs an und leitete ihre Liquidierung ein. Die Sender verschwinden nicht, sondern werden umstrukturiert und bekommen eine neue öffentlich-rechtliche Mission – ohne den Nationalen Medienrat, den die PiS verfassungswidrig geschaffen hatte.
Zum Abschluss kommen wird der Reformprozess erst Mitte 2025, wenn die nächsten Präsidentschaftswahlen anstehen und Duda keine Gesetze mehr mit einem Veto blockieren kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Verbotskultur auf Social Media
Jugendschutz ohne Jugend