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Oberstes Gericht der USAVerbot zur Behandlung von Trans-Jugendlichen bestätigt

Konservative Richter überstimmen liberale Minderheit. Verbote wie das jetzt bestätigte in Tennessee gibt es in über der Hälfte aller US-Bundesstaaten.

Protest in New York City nach der Entscheidung des Supreme Court Foto: Kylie Cooper/Reuters

Washington taz | Die Queer-Community der USA hat einen rechtlichen Rückschlag einstecken müssen. Der US-Supreme Court entschied am Mittwoch, dass ein Verbot zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die unter Geschlechtsdysphorie leiden, rechtmäßig sei. Mit 6 zu 3 entschieden die Richter, dass das Gesetz im US-Bundesstaat Tennessee, das in diesem Fall zur Diskussion stand, nicht verfassungswidrig sei. Es verstoße nicht gegen die in der US-Verfassung verankerte Gleichbehandlungsklausel.

Das in Tennessee 2023 in Kraft getretene Gesetz verbietet die Behandlung von Trans-Jugendlichen mit Medikamenten oder Hormonen, die die körperlichen Entwicklungen während der Pubertät verzögern oder ganz stoppen. Das Gesetz verbietet auch sämtliche chirurgischen Eingriffe, doch dieser Teil des Gesetzes stand nicht zur Debatte vor dem obersten Gerichtshof.

Verstöße gegen das Gesetz können eine Strafe von bis zu 25.000 Dollar nach sich ziehen. Der vorsitzende Richter des Supreme Courts John Roberts begründete die Entscheidung der konservativen Mehrheit am Gerichtshof mit den sich stetig weiterentwickelnden medizinisch-wissenschaftlichen und politischen Debatten zum Thema.

„Die Stimmen in diesen Debatten äußern ernsthafte Bedenken; die Auswirkungen für alle sind tiefgreifend […] Die Gleichbehandlungsklausel löst diese Meinungsverschiedenheiten nicht. Sie gibt uns auch nicht die Befugnis, sie nach eigenem Ermessen zu entscheiden“, schrieb Roberts.

Ideologischer Kampf um Trans-Rechte

Richterin Sonia Sotomayor, die Teil der liberalen Minderheit am neunköpfigen Gericht ist, widersprach dieser Auslegung und erklärte, dass der Supreme Court mit dieser Entscheidung „Transgender-Kinder und ihre Familien den politischen Launen überlässt“. Sie widerspreche „in großer Traurigkeit“.

Die drei liberalen Richter argumentierten weiter, dass die konservative Mehrheit vorangegangene Entscheidungen ignoriert hätte. Diese besagten, dass Gesetze, die Trans-Personen betreffen, zwangsläufig aufgrund des Geschlechts diskriminieren. „Die Mehrheit weigert sich, die Dinge beim Namen zu nennen“, schrieb Sotomayor.

Der Generalstaatsanwalt aus Tennessee, Jonathan Skrmetti, bezeichnete die Entscheidung als Sieg gegen „gerichtlichen Aktivismus.“ Familien in Tennessee und im gesamten Land hätten Lösungen verdient, „die auf Wissenschaft und nicht auf Ideologie basieren“.

Trans-Rechte und der Zugang zu medizinischen Behandlungen für Menschen mit Geschlechtsdysphorie sind seit Jahren ein großes Thema in den USA. Die Bekämpfung dieser Rechte ist Teil des Kulturkampfs von US-Präsident Donald Trump und den Republikanern gegen linke Ideen und „Wokeness“.

Seit 2021 haben 27 der 50 US-Bundesstaaten Gesetze erlassen, die die medizinische Behandlung von Trans-Jugendlichen einschränken oder ganz verbieten. So gut wie alle diese Verbote wurden in republikanisch regierten Bundesstaaten verabschiedet.

„Verbot beruht auf Stigmatisierung, Fehlinformation und Angst“

Demokraten und Gruppen, die sich für Trans-Rechte einsetzen, beklagten die Supreme-Court-Entscheidung. „Wieder einmal mischen sich Politiker und Richter in ärztliche Untersuchungsräume ein. Dieses Urteil untergräbt die Fähigkeit der Ärzte, einige der gefährdetsten Patienten unseres Landes zu versorgen“, sagte die erste und einzige offene transsexuelle Kongressabgeordnete Sarah McBride in einem Post auf der sozialen Plattform X.

Die Bürgerrechtsorganisation ACLU bezeichnete das Urteil als „einen verheerenden Verlust für Trans-Personen“. Die World Professional Association for Transgender Health (WPATH) erklärte, ein Verbot von medizinischer Versorgung würde immer auf Stigmatisierung, Fehlinformation und Angst basieren.

„Ein Urteil wie dieses ändert nichts an der grundlegenden Tatsache, dass es transsexuelle Jugendliche gibt. Ihr Leben verbessert sich, wenn sie Zugang zu medizinischer Versorgung haben, und es verschlechtert sich, wenn sich die Regierung zwischen sie und die professionellen Experten stellt, die für die Bereitstellung dieser Versorgung ausgebildet wurden“, erklärte WPATH.

Kritiker befürchten zudem, dass sich die Entscheidung negativ auf geschlechtsspezifische Rechte oder Frauenrechte im Allgemeinen auswirken könnte.

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5 Kommentare

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  • Jetzt würde mich wirklich interessieren wie sich das auf die Frauenrechtle auswirkt.

  • Wo hat der "Supreme Court" seinen Sitz? In Pjöngyang? In Teheran?



    In Moskau?

    • @Perkele:

      Im Vatikan, wenn ich mir die Kofessionszugehörigkeit der Mitglieder so anschaue.

      • @Flix:

        Yep. Das hatte ich ganz vergessen aufzuzählen....