Obdachlose im Iran: Gräber als Schlafplätze
Eine iranische Zeitung deckt auf, dass etwa 50 Obdachlose teils seit Jahren in leeren Gräbern hausen. Gesellschaft und Politiker reagieren entsetzt.
Zahlreiche Nutzer, darunter auch Prominente, reagierten alarmiert und traurig auf die aufgedeckten Missstände. Der Oscar-prämierte iranische Regisseur Asghar Farhadi sah sich veranlasst, Staatschef Hassan Ruhani einen Brief zu schreiben. Durch die Reportage sei sein „gesamtes Dasein angefüllt mit Scham und Trauer“, schrieb der Filmemacher darin. „Mit diesem Brief möchte ich meine Scham mit Ihnen und all denjenigen teilen, die irgendeine Verantwortung in diesem Lande hatten.“
Ruhani reagierte am Mittwoch in einer Fernsehansprache auf diesen „schmerzlichen“ Brief von Farhadi. Wer könne angesichts von Menschen, die in Gräbern hausen, „nicht beschämt sein?“, schrieb der Präsident. Er habe bereits davon gehört, dass in westlichen Ländern Menschen unter Brücken oder in U-Bahn-Stationen schlafen, „aber nicht in Gräbern“.
„Um diese Angelegenheiten zu lösen, müssen wir alle zusammenstehen und parteiische Dinge und Differenzen beiseite lassen und die grundlegenden Probleme des Landes angehen“, appellierte Ruhani an seine Landsleute. Die örtlichen Behörden wies er an, die Missstände zu beheben.
In einem Folgebericht über die Grabbewohner schrieb Scharwand, dass die Behörden die Obdachlosen von dem Friedhof vertrieben und ihnen eine Lösung versprochen hätten. Einige der Betroffenen hatten demnach schon seit zehn Jahren in den Gräbern gelebt.
„Sind wir keine Menschen“, fragte einer der Obdachlosen in einem von der Zeitung veröffentlichten Video. Der Mann rief die Behörden auf, ein Obdachlosenheim in der Gegend zu errichten.
Im Oktober hatte bereits ein Bericht über Obdachlose für Empörung gesorgt, die in den Abwasserkanälen an Teherans Autobahnen leben. Die Armut im Iran hat in den vergangenen Jahren zugenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!