Obama zu Besuch in Hannover: Noch diese eine Gelegenheit

Als Präsident besucht Barack Obama Deutschland vermutlich zum letzten Mal – und nutzt noch einmal die Möglichkeit, um TTIP voranzubringen.

Obamas und Merkels Gesichter kommen sich zur Begrüßung ganz nah

Obamas letzter Deutschlandbesuch als US-Präsident Foto: ap

HANNOVER taz | Begleitet von einer Entourage von 650 Menschen ist US-Präsident Barack Obama am Sonntag zu seinem vermutlich letzten Deutschland-Besuch als Staatsoberhaupt in Hannover eingetroffen. Ursprünglicher Auslöser der nur etwa 30-stündigen Stippvisite Obamas in der niedersächsischen Landeshauptstadt ist die „Hannover Messe“, bei der die USA in diesem Jahr Partnerland sind. Neben Messeeröffnung und -rundgang stehen Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel auf dem Programm.

Für den heutigen Montag hat Merkel dann zu einem Fünfergipfel geladen: Am Nachmittag werden im Schloss Herrenhausen auch Frankreichs Staatspräsidenten François Hollande, der britische Ministerpräsident David Cameron und Italiens Regierungschef Mateo Renzi erwartet.

Nach seinem ersten Treffen mit Merkel warb Obama bei einer Pressekonferenz für das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU. Der Vertrag bedeute „mehr Jobs, mehr Wohlstand“ sowohl für die USA als auch für die Bundesrepublik. Er gehe nicht davon aus, dass die Ratifizierung von TTIP bis Ende des Jahres zu schaffen sei, sagte Obama. Er habe aber die Hoffnung, dass bis dahin zumindest die Inhalt des Abkommens so weit abgearbeitet seien, dass Parlamente sich damit befassen könnten.

Mit Blick auf die Ukraine betonte der Präsident, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland dürften erst aufgehoben werden, wenn der Vertrag von Minsk vollständig umgesetzt sei. Italien betrachtet die im Juni anstehende Verlängerung der Sanktionen dagegen kritisch.

Wie schon im Gespräch mit Merkel dürften die gemeinsame Anti-Terror-Strategie, die Situation der Flüchtlinge und damit die Lage besonders in Syrien und Libyen auch Thema des Fünfergipfels sein. Kanzlerin Merkel nutzt den Besuch des US-Präsidenten auch dazu, ihre führende Rolle in Europa zu betonen: Das im Diplomatensprech „Quint-Gipfel“ genannte Fünfertreffen hätte genauso in London stattfinden können, wo Obama zuvor Station gemacht hatte.

Dort positionierte sich der Demokrat deutlich zum „Brexit“ genannten drohenden Austritt Großbritanniens aus der EU. „Als Ihr Freund“ sage er den Briten, dass die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft den Einfluss Großbritanniens vergrößere, hieß es in einem Text Obamas im Daily Telegraph.

VW wird gemieden

Der US-Präsident, der sich bei seiner Amtsübernahme eher auf den pazifischen Raum konzentrieren wollte, denkt gerade in Wirtschaftsfragen in großen Blöcken: Neben TTIP hat Obama auch ein Trans-Pacific Partnership (TPP) genanntes Handelsabkommen mit Japan, Australien, Malaysia, Vietnam und anderen Pazifikanrainern angeschoben. Das Vertragswerk ist bereits unterschrieben, aber noch nicht ratifiziert. Das Kampagnennetzwerk Avaaz hat mittlerweile eine Million Online-Unterschriften gegen TPP gesammelt: Wie TTIP untergrabe der Vertrag Umwelt- und Sozialstandards, so Kritiker.

Für Unterstützung hat dabei die Energiefirma TransCanada gesorgt. Nach Obamas Absage für die sogenannte Keystone-Ölpipeline verlangt sie von der US-Regierung 15 Milliarden Dollar Schadenersatz. Die Begründung: Der Präsident habe gegen Investorenschutzrechte verstoßen, die in den Verträgen der TTIP und TPP ähnlichen nordamerikanischen Freihandelszone Nafta festgeschrieben sind.

Als irrational gelten deshalb Hoffnungen, Obama könne bei seinem Hannover-Besuch auch zur Lösung des VW-Abgasskandals beitragen. Bei ihrem Messerundgang am Montag wollen Präsident und Kanzlerin den Stand des Wolfsburger Konzerns meiden.

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