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Obama in Newtown„Wir haben alle mit euch geweint“

In seiner Rede in Newtown changiert der US-Präsident zwischen Trost und Glaube. Zum vierten Mal musste er am Schauplatz eines Massakers sprechen.

„Wir als Nation“, sagte Barack Obama, „tun nicht genug für die Sicherheit unserer Kinder.“ Bild: reuters

WASHINGTON taz | Das Wort „gun“ – Schusswaffe – kam kein einziges Mal in der Rede vor. Und dennoch ging es vor allem darum. Präsident Barack Obama hat am Sonntag Abend bei einer ökumenischen Gedenkveranstaltung in Newtown für die 20 erschossenen Schulkinder und ihre sechs Lehrerinnen Worte gesagt, die Millionen US-AmerikanerInnen von ihm erwartet haben: „Ich werde alle Macht, die mir mein Amt gibt, nutzen, um zu verhindern, dass so etwas wieder passiert“.

Er bekam langanhaltenden Beifall. Von der Trauergemeinde im Saal. Und von Menschen überall im Land. Geistliche verschiedener Konfessionen – von jüdisch, über islamisch, methodistisch, lutheranisch und Baha'i bis hin zu katholisch – haben bei der Zeremonie in Newtown Gebete für die Ermordeten und ihre Angehörigen gesprochen.

Unter anderem mit Gesängen auf Hebräisch und Arabisch. Am Ende der Veranstaltung ging Obama ans Mikrofon. In seiner 18minütigen Rede changierte er zwischen Trost und Glaube, zwischen Philosophie und Politik und kam immer wieder auf seine eigene Rolle als Vater und auf die Verpflichtung der Nation gegenüber all ihren Kindern zurück.

„Es hätte jede Schule treffen können“, sagte Obama: „jede Stadt“. Und: „Wir haben alle mit Euch geweint. Newtown, Ihr seid nicht allein.“ Vor der Trauerveranstaltung hat Obama sich am Sonntag Abend in Newtown mit Angehörigen der Opfer getroffen. In seiner Rede würdigte er jede einzelne der toten Lehrerinnen für ihren Mut und für ihre Liebe.

Sehr, sehr langsam liest er die Namen vor

Er beschrieb die letzten Momente, in denen sie sich schützend vor ihre SchülerInnen gestellt oder versucht haben, den Amokläufer zu überwältigen „Sie haben so reagiert, wie wir alle hoffen, dass wir in derartig schreckenerregenden Umständen reagieren“, sagte er. Am Schluss zählte er sehr, sehr langsam die Namen aller toten Kinder von Newtown auf. Für Obama war es das vierte Mal in seiner Zeit als Präsident, dass er an dem Schauplatz eines Massakers in den USA sprach.

Vor Newtown war er im Januar 2011 in Tucson, Arizona, wo ein Mann sechs Menschen erschossen und unter anderem die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords schwer verletzt hatte. Im Juli 2012 war er in Aurora, Colorado, wo ein Mann in einem Kino 12 Menschen erschossen und 58 verletzt hatte.

Im August war er in Oak Creek, Wisconsin, wo ein Mann sechs Menschen in einem Sikh-Tempel erschossen hatte. Bei jeder dieser Reisen trat Obama als „comforter-in-chief“ – als oberster Tröster – auf. Überall setzte er den Opfern in seinen Reden ein Denkmal. Doch in Newtown wollte er mehr als das. In Newtown hielt er eine politische Rede.

Sie könnte zu dem Wendepunkt in dem langjährigen politischen Laxismus gegenüber der Schuss-Waffenlobby werden könnte. Auch wenn bislang nicht klar ist, was der Präsident konkret unternehmen will. Und wie ers sie gegenüber den starken FreundInnen der Waffenlobby im Kongress durchzusetzen gedenkt.

„Wir, als Nation“, sagte Obama, „tun nicht genug für die Sicherheit unserer Kinder“. Er verwies ausdrücklich auf die vier vorausgegangenen großen Massaker und auf die beinahe täglichen tödlichen Schiessereien in den USA: „Wir können solche Ereignisse nicht als Routine akzeptieren“. In Newtown, wo seit Freitag zahlreiche Altäre mit Kerzen, Teddibären und Blumen an Straßenecken entstanden sind, beginnen am Montag die Beerdigungen.

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12 Kommentare

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  • P
    Peter

    @Sammael

    Es ist mir völlig egal wie sich Munition, die ihre Energie direkt nach dem Einschlag umsetzt, nennt.

    Der Name ist egal, die innerliche Zerfetzung vorhanden. Der zivil deutsche Polizeibegriff, Mann-Stoppmunition und ist höchstrichterlich eine artgerechte Tötung von Menschen, Zivilisten. Entgegengesetzt zum Haager Abkommen. Siehe Rene Bastubbe!

    Nur Jäger, Soldaten und andere Waffennarren können sich an marginalen Begrifflichkeiten, ähnlich wie Surfer und ihr Surfboard mit Laschenverortung, hoch ziehen.

    Fakt ist das der Heimatschutzbehörde der USA für jeden Amerikaner eine Kugel kaufte.

    Das entspricht exakt der CIA universitären Aussage eines Huntington, der Clash kommt in den USA, nicht global, wie die Transantlantik Brücken verkünden.

    Vermutlich ist die inneramerikanische Aufrüstung die Folge, die NRA und Waffenlobby freut sich.

    Obwohl eine völlig andere Bevölkerungsdichte, forschen deutsche Universitäten in SFB700.

    Mit den Inhalten sind viele überfordert.

  • S
    Sammael

    @von Peter...

     

    wenn Sie schon versuchen Kompetenz zu heucheln dann sollten sie vorher gründlicher googlen... es gibt keine "Hohlmantelmunition"... es gibt entweder "Teilmantelmunition" und / oder "Hohlspitzgeschosse".. oder Kombinationen von beiden... .. eines haben diese Typen allerdings gemeinsam... sie haben nicht mit Dum-Dum Geschossen zu tuen...

  • JS
    Johan Schreuder

    @von noevil

     

    Lesen Sie mal den Kommentar von Heinzl, denn auch der hat recht.

    Bin kein NRA fan jedoch eine Sache ist richtig, Waffen töten keine Menschen sondern Menschen töten menschen.

    Und wenn Sie wirklich glauben das es einen Unterschied gibt wer da gerade Präsident ist dann tut es mir leid aber dann haben Sie wohl nichts verstanden von dem Land.

  • E
    econome

    "Alle Macht, die mir mein Amt gibt, einsetzen." Spannend ist nicht die Frage, was dabei heraus kommt, sondern wie Obama die Tränen aus der Pressekonferenz das nächste Mal toppen will....

  • S
    Sören

    Diese entsetzliche Tat sollte man auf keinen Fall nutzen, um etwa auf den Drohneneinsatz der USA hinzuweisen. Bei den Opfern handelt es sich größtenteils um kleine Kinder, denen keiner eine Verantwortung für die Handlungen der US-Regierung zusprechen kann. Und wer ernsthaft tote Kinder gegeneinander aufrechnen will, sollte sein eigenes Menschenbild überprüfen.

     

    Präsident Obama hat jetzt die Chance, die Waffenlobby und ihre Unterstützer im Kongress in die Defensive zu bringen, aber dieses komplexe Problem lässt sich nicht mit einfachen Antworten lösen.

     

    Denn selbst wenn man strengere Waffengesetze verabschiedet - was hoffentlich passiert - gibt es ja noch die unzähligen illegalen Waffen, die man nicht durch Gesetze aus der Welt schaffen kann. Und letztendlich geht es um die über Jahrhunderte gewachsene Mentalität eines Volkes, die nicht über Nacht verändert werden kann.

  • P
    Peter

    „Wir haben alle mit euch geweint“

    Nein, Mike Huckabee meint das wäre die Strafe Gottes.

    Zuvor bestellte die Heimatschutzbehörde 450 Millionen nach Haager Abkommen geächtete Hohlmantelgeschosse.

    Stellt sich die Frage ob der Junge genau diese Munition des Waffenherstellers ATK verwendete und die Waffennärrin damit ausgestattet war. Gibt es in Newtown eine bewaffnete Bürgerwehr?

    Zwischen der Dum-Dum Munition und den Kindern war eine Lehrerin.

    In Deutschland nutzt die Polizei ähnliche Mannstopp-Munition. Jeder Rettungsversuch ist überflüssig.

     

    Nach der Trauer kommt die Heldenverehrung mit ihren happy-clappy Runden.

    Und nichts dazu gelernt.

  • N
    noevil

    Was glaubt wohl Herr Schreuder, wer ohne diesen Nobelpreisträger regieren - und noch ganz erheblich mehr Unheil anrichten - würde? Der politische Arm der Waffenlobby NRA - die Republikaner!

     

    Die werden auch heute wieder scheinheilig tönen, dass jeder Erschossene einer zuviel sei. Da kann ja niemand widersprechen. Folglich wird es immer irgend jemanden geben, den solche Töne zu deren Gunsten an die Wahlurne bringen. Auf genausolche denkfaulen Schnellschützen haben sie mit ihren Versprechen ein Auge.

     

    Beängstigend wäre, wenn der Täter am Ende ein so verzweifelter Waffengegner gewesen wäre, dass sein Handeln für ihn die einzig verbleibende Alternative gewesen wäre, die Menschen von der fürchterlichen Gewalt von Waffen zu überzeugen. Und von den rauschhaften Machtgefühlen, die im erweiterten Suizid die Anwendung dieser Mordinstrumente erzeugen kann. Denn am Ende steht dann unweigerlich der perspektivlose Selbstmord, um sich der Gerichtbarkeit und dem gnadenlosen eigenen Gewissen zu entziehen.

     

    Das macht Angst. Damit arbeitet aber auch die NRA - denn Waffen sind die Sprache derer, die sich schwach fühlen.

     

    Gut und tapfer, dass der Vater des toten Mädchens seine Liebe und Mitgefühl dagegen stellt, auch wenn er sein gebrochenes Herz damit öffentlich macht.

  • H
    heinzl

    Die Gesellschaft der Vereinigten Staaten ist gewaltätig. Auge um Auge, das Recht des Stärkeren, erst schießen dann fragen - all das ist in dem bigotten Puritanismus verankert, der Amerika zu dem gemacht hat was es heute ist.

    Der Besitz von Waffen oder das relativ laxe Waffenrecht hat damit nichts zu tun. Würde diese Annahme stimmen müsste die Schweiz im Dauerfeuer liegen. Jeder Milzionär nimmt dort sein Sturmgewehr mit nach Hause. Munition dazu wurde bis vor wenigen Jahren auch noch mitgeliefert, heute muss der Schweizerf Wehrmann diese selbst bezahlen. Trotzdem gibt es nur sehr wenige Zwischenfälle mit Schusswaffengebrauch.

  • D
    Dr.K.Heine

    Was haben die Pilgrim-Fathers falsch gemacht, dass ihre Nachkommen schon als Kinder unter dem Beifall ihrer Eltern mit Waffen "spielen" dürfen, mit denen auch Menschen getötet werden können. Etwas Hoffnung gibt es wohl, wenn ich heute in den Nachrichten erlebe, dass sich ein erwachsener US-Amerikaner schämt, dass es so ist, wie es ist. "You must have a change"- können wir wohl nur den USA zurufen. Dürfen uns dabei aber nicht entspannt zurücklehnen, wenn wir daran denken, wie viel Gewalt wir in unserem eigenen Land immer wieder erleben!!

  • U
    Ute

    Dem Obama werden doch wohl auch schob Berichte über von Drohnen zerfetzte Kinder zu Ohren gekommen sein?

     

    Schließlich sind die Ohren eine seiner Markenzeichen, wie eben auch die Drohnen.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    Ausnahmsweise wende icgh mich weniger der Psychologie der Rache aus narzisstischer Kränkung (kurz gefasst) des Täters, sondern mehr den Lehren für die BRD zu.

     

    Endlich könne wie unds endgültig vom Comptuerspielverboztdebatten bei Attentane lösen, die von konversativen Parteien und Medien dann angezettelt werden, und direkt das mäöglichast totale Waffenverbot, wie es von Obama angeegt wurde als mit Abstand, vor jeder eher kontraproduktiven Psychiatrie, beste Hilfsmittel gen solche Attente,

     

    Ich und ander Linke, gegen den konversativen Compurtspieldiskussionsmainstream, haben schon imer Wafenvrrbor gegen Attenate in solche Dilsussioen angergt und diskutiert.

     

     

     

    Also. ehe es hier wiede "Amolkknallt": GTTITALWSD WFFENVERBOT. Schützenvereine, Jägervereingigungen: stell auf Yoga mit Sexualtantra (neben dem Spassfaktor: Triebtäterprophylaxe) und Wandern um!

     

    Kriminelle haben schon weitgehend auf Messer umgestellt.

     

    Ich habe es hier gepostet, sag eniemn, er hab es nicht gewusst!!!

  • JS
    Johan Schreuder

    Jaja, und was ist mit den Kindern die jede Woche durch diesen 'Nobelpreisträger' mit Drohnen umgebracht werden.

    Für mich ist er der Einzige der entwaffnet werden muss.