Obama-Besuch weckt Hoffnung: Migranten fahren auf Obama ab
Unter MigrantInnen erfreut sich Barack Obama großer Beliebtheit. Sie hoffen, dass sein Vorbild auch die deutsche Politik beeinflussen und für bessere Chancen politisch aktiver Einwanderer sorgen wird.
Der Eingang zu dem mit Zäunen abgesperrten Festivalgelände an der Siegessäule öffnet um 16 Uhr. Die Security weist darauf hin, dass weder Taschen noch Transparente mitgenommen werden dürfen und dass möglichst wenige persönliche Gegenstände mitgebracht werden sollten. Der Eingang zum Gelände befindet sich auf der Ostseite des Großen Sterns auf halbem Weg zum Brandenburger Tor. Obama spricht ab
19 Uhr, die Rede wird auf mehreren Großbildwänden übertragen. Um die Wartezeit auf den Hauptact zu überbrücken, tritt von 17.30 Uhr bis 18 Uhr zuerst der Reggaesänger Patrice auf, anschließend die Popgruppe Reamonn. Die Besucher können sich an mehreren Bier- und Würstchenständen verpflegen. Der Eintritt ist frei.
Ahmet Iyidirli, SPD-Mitglied und Bundesvorsitzender der Föderation türkischer Sozialdemokraten, setzt große Hoffnungen auf Barack Obama: "Als Vertreter einer Minderheit bindet er Randgruppen in die Politik ein, die bisher nicht genug wahrgenommen werden."
Die deutsche Politik sollte dieses Phänomen genau verfolgen, meint Iyidirli, der selbst im letzten Bundestagswahlkampf Erfahrung darin sammelte, als Angehöriger einer Minderheit für ein politisches Mandat zu kandidieren. Damals trat er für die SPD gegen den Grünen Christian Ströbele an - und unterlag. Schon im Mai organisierte der aus der Türkei stammende Sozialdemokrat eine Veranstaltung, die sich mit dem Phänomen Obama beschäftigte. Aus der Einladung: "Es ist von Deutschland aus interessant, zu beobachten, dass es gerade dem Vertreter einer Minderheit gelingt, eine breite gesellschaftliche Erneuerung anzustoßen."
Dass eine Kandidatur Barack Obamas auch in der deutschen Politik zu besseren Chancen für Politiker aus Einwanderergruppen führen könnte - diese Hoffnung sei stark unter MigrantInnen, meint auch Cem Dalaman, Chef der türkischsprachigen Redaktion vom RBB Radio Multikulti: "Das Vorbild Obama beflügelt alle, die in dieser Hinsicht Karrierepläne haben." Es sei möglich, "dass wir in 10 bis 15 Jahren einen türkischstämmigen Minister haben", so Dalaman: "Jedenfalls in einer Landesregierung." Einen türkischstämmigen Präsidenten werde er aber wohl nicht mehr erleben, glaubt der 43-Jährige.
Noch größer ist die Euphorie über den Obama-Besuch unter BerlinerInnen afrikanischer Herkunft. "Ein historischer Moment", sagt Philippa Ebéné, Leiterin der Werkstatt der Kulturen. Natürlich geht sie zur Siegessäule. Und zwar nicht allein. "Wir starten einen Rundruf, damit möglichst viele Afrodeutsche mitziehen", sagt Ebéné. Noch nie sei ein Afroamerikaner in der Politik so weit gekommen. "Ich erhoffe mir, dass das auch auf die deutsche Politik ausstrahlt. Der Migrantenanteil hier beträgt 25 Prozent. In der Politik spiegelt sich das nicht wider."
Yonas Endrias, Mitglied im Afrikarat und im Integrationsbeirat des Senats, Lehrbeauftragter am Otto-Suhr-Institut und Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, glaubt nicht, dass Obama die US-Politik grundlegend verändern werde. Trotzdem hält er dessen Kandidatur "für ein wichtiges Signal für alle Schwarzen weltweit": "Er ist ein Vorbild vor allem für die Kinder: Er zeigt ihnen, dass sie das höchste Amt der Welt anstreben können", meint der Politologe. "Alle schwarzen Berliner werden hingehen."
Auch Herve Tcheumeleu, Herausgeber der Zeitschrift Lonam, eines deutschsprachigen Magazins für Berliner afrikanischer Herkunft, wird an der Siegessäule sein. "Obama ist ein Symbol für neue Chancen. Er ist ein Wendepunkt für die schwarze Geschichte und eine Chance auch für Deutschland." Es sei von nun an keine Illusion mehr, dass auch Schwarze es ins Berliner Abgeordnetenhaus schaffen könnten, meint Tcheumeleu. Robert Schaddach, Sohn einer deutschen Mutter und eines Kameruner Vaters, ist dort schon. Von der Obama-Euphorie lässt sich der 42-jährige SPD-Abgeordnete aber nicht mitreißen: "Das ist nur Show. Es wird sich nicht viel ändern. Auch nicht in der deutschen Politik."
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