OECD-Studie zur Alterssicherung: Druck auf Rentensysteme wächst
Lebenserwartung und Rente sollten verknüpft werden, so die OECD. Außerhalb Deutschlands werden Geringverdiener im Alter oft besser unterstützt.
Den OECD-Projektionen zufolge wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 2060 in den meisten süd-, -mittel- und osteuropäischen Ländern sowie in Japan und Korea um mehr als ein Viertel zurückgehen, in Deutschland um 21 Prozent.
Die Autor:innen des Berichts sowie der Rentenexperte Axel Börsch-Supan sprachen sich dafür aus, die steigende Lebenserwartung künftig automatisch bei der Berechnung der Renten in Deutschland zu berücksichtigen. In der Politik „drücke“ man sich davor, sagte Börsch-Supan.
Im Bericht zeigte sich, dass etwa in Dänemark das Renteneintrittsalter beträchtlich steigen könnte, weil die Höhe auch an die Restlebenserwartung geknüpft wird. Der OECD-Bericht geht von einem Renteneintrittsalter von 74 Jahren im Jahre 2060 in Dänemark aus.
Steuerzuschuss muss steigen
Ein 22-jähriger Däne, der heute ins Erwerbsleben eintritt, bekommt nach dieser Rechnung später bei Beginn der gesetzlichen Rente im Schnitt eine Bruttorente von 75 Prozent des vorherigen Bruttolohns. In Deutschland mit einem Renteneintrittsalter von 67 Jahren liegt dieser Wert laut der OECD-Berechnungen nur bei rund 42 Prozent. Im Durchschnitt der OECD-Länder beträgt der Vergleichswert 51 Prozent.
Die künftigen Senkungen der Lohnersatzquoten in Deutschland werden dabei laut dem OECD-Bericht vor allem vom sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor verursacht. Dieser misst das Verhältnis von Rentner:innen und Arbeitnehmer:innen und lässt dies in die Berechnung des Rentenwertes einfließen.
Greifen allerdings auch in fernerer Zukunft die von der neuen Ampelregierung versprochenen „doppelten Haltelinien“ für Rentenhöhe und Beitragssätze, müssten künftig die Steuerzahler:innen mit einem immer höheren Bundeszuschuss das Rentensystem stabilisieren, warnte Börsch-Supan.
In vielen OECD-Ländern werden Geringverdiener:innen im Rentensystem unterstützt. Bei Arbeitnehmer:innen, die nur die Hälfte des Durchschnittslohns verdienten, liegt die Bruttorente im OECD-Schnitt künftig bei rund 65 Prozent, in Deutschland mit der neu eingeführten Grundrente nur bei 47 Prozent des Bruttolohns, so der Bericht.
Grundrente verhindert Armut nicht
Die Grundrente sei „kein Instrument zur Verhinderung von Altersarmut“, sagte Reinhold Thiede, Entwicklungsexperte bei der Deutschen Rentenversicherung. Es gehe um die „Honorierung von langen Erwerbsbiografien“.
Thiede räumte ein, dass es bei der Berechnung des Grundrentenanspruchs, der rückwirkend ab Januar gilt, für ältere Bestandsrentner:innen noch „hake“. Die Daten in den alten Unterlagen entsprächen mitunter nicht den heutigen Erfordernissen.
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