OECD-Studie zu Hartz IV: Hinzuverdienst ist oft zu klein

Eine Studie der OECD zeigt: Die Hartz-IV-Leistungen hierzulande sind "eher gering" im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Doch an Anreizen zum Arbeiten mangelt es.

Warten auf Arbeit: Joblose in Frankfurt an der Oder. Bild: dpa

BERLIN taz | Die finanzielle Absicherung von Langzeiterwerbslosen hierzulande ist auch im internationalen Vergleich nicht besonders üppig. Allerdings mangelt es an Anreizen, eine existenzsichernde Beschäftigung aufzunehmen. Dies ist das Ergebnis einer am Donnerstag vorgelegten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Die finanziellen Leistungen, die in Deutschland Menschen erhalten, die fünf Jahre oder länger erwerbslos sind, fallen im europäischen Vergleich "eher gering" aus, heißt es in der Studie. So erhält ein Alleinstehender, der zuvor durchschnittlich verdient hat und seit fünf Jahren ohne Job ist, hierzulande nur noch 36 Prozent seines früheren Nettoeinkommens. In den Niederlanden erhält eine Vergleichsperson 61 Prozent vom früheren Netto, in Irland 54 Prozent.

Besser sieht die Grundsicherung bei langzeitarbeitslosen Alleinerziehenden aus. Sie erhalten in Deutschland 61 Prozent vom früheren Netto, damit landet Deutschland auf dem zehnten Platz. Angeführt wird diese Liste von den Niederlanden, Dänemark und Australien.

Deutschland liegt mit seinen Quoten allerdings zumeist noch über dem Durchschnitt der 30 OECD-Länder, in den die Leistungen in einigen osteuropäischen Staaten, Südkorea, der Türkei und den USA einfließen.

Die OECD rief dazu auf, insbesondere Arbeitslosen mit Kindern mehr Anreize zur Aufnahme einer existenzsichernden Beschäftigung zu bieten. Die Anreize zur Arbeitsaufnahme, auch in Form von Freibeträgen im Arbeitslosengeld II, seien "sehr auf geringfügige Beschäftigung konzentriert", bemängelte Matthias Rumpf, der Sprecher der OECD in Deutschland.

Rumpf verwies auf das Beispiel Irland, wo etwa alleinerziehende Langzeitarbeitslose ihr Gesamteinkommen auch unter Einrechnung der Sozialleistungen sprunghaft steigern können, wenn sie einen Job annehmen, bei dem sie mehr verdienen als die Hälfte des Durchschnittslohns. In Deutschland hingegen ist der Einkommensgewinn für Familien mit Kindern, die von Hartz IV leben, in manchen Soziallagen vergleichsweise gering, wenn ein Mitglied der Familie einen Vollzeitjob beginnt. So müsse ein Alleinerziehender oder verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern mindestens 2.100 Euro brutto verdienen, damit das Nettoeinkommen merklich über dem liegt, was ihm an Sozialtransfers zusteht, sagte Rumpf.

OECD-Experten schlagen vor, etwa die Freigrenzen bei Steuern und Sozialabgaben für Niedrigeinkommen zu erhöhen. Alternativ könnte die Förderung von Niedrigeinkommen an die Zahl der Arbeitsstunden gekoppelt werden. In Großbritannien beispielsweise werden Niedrigeinkommen durch einen Working Tax Credit aufgestockt, wenn der Beschäftigte zumindest 30 Stunden in der Woche arbeitet.

Im Sommer soll sich eine Kommission des Bundesarbeitsministeriums bilden, die an einer Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen arbeitet. Um die Ergänzung von Hartz-IV-Einkommen mit Minijobs zu unterbinden, schlägt Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vor, die ersten 200 Euro selbstverdientes Einkommen strenger auf die Sozialleistung anzurechnen als bisher, dann aber jenseits eines Hinzuverdienstes von 800 Euro großzügiger aufstockende Sozialleistungen zu gewähren. Dies vernichtet allerdings den Hinzuverdienst für Kleinstverdiener und birgt zudem die Gefahr, dass sich die staatliche Ergänzung niedriger Vollzeitlöhne verfestigt, was Gewerkschaften kritisieren.

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