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Null neue Sozialwohnungen in BerlinDarauf lässt sich nicht bauen

Rot-Grün-Rot streitet über die Förderung des Baus von Sozial­wohnungen. 2022 wurde noch kein einziger Antrag dafür gestellt.

Immer weniger Neubau, erst recht keine Sozialwohnungen Foto: dpa

Berlin taz | Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin wird immer größer. Dieses Jahr ist noch kein einziger Antrag auf Förderung zum Bau einer Sozialwohnung eingereicht worden. Dass die schon geringe Zahl von etwa 1.000 Anträgen im vergangenen Jahr nun auf null gesunken ist, liegt laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung daran, dass die Förderprogramme des Landes derzeit überarbeitet werden. Das bisherige Programm sei so unattraktiv, „dass es nicht in dem Maße abgerufen wurde, wie es notwendig gewesen wäre“, so Sprecher Martin Pallgen gegenüber dem Tagesspiegel.

Derzeit liegen den noch gültigen Förderbedingungen Baupreise von rund 2.500 Euro je Quadratmeter zugrunde – die Baupreise aber haben sich seit Corona, durch Lieferengpässe, gestiegene Baukosten und Mangel an Fach­ar­bei­te­r:in­nen verdoppelt. Private Bauherren, Genossenschaften und die landeseigenen Gesellschaften warten darauf, dass die Koalition eine erhöhte Förderung beschließt.

Das Geld dafür steht längst bereit. Die Wohnungsbauförderung ist der größte Titel im Haushalt 2022/23 – jährlich sind dafür 740 Millionen Euro vorgesehen. 5.000 Sozialwohnungen sollen damit laut Koalitionsvertrag pro Jahr entstehen. Die Zahl reicht indes gerade aus, um die Wohnungen, die in den nächsten Jahren aus der Sozialbindung fallen, auszugleichen. Schon seit Jahren sinkt die Zahl der Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung. Ende 2021 waren es noch 88.901 Wohnungen. Dabei haben fast eine Million Ber­li­ne­r:in­nen Anspruch auf eine geförderte Wohnung.

Dass die neuen Förderrichtlinien immer noch nicht beschlossen sind, liegt laut Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) an den Koalitionspartnern, den Grünen und Linken, die den Vorschlag seiner Verwaltung blockierten. Am Samstag schrieb Geisel einen Brief an die Koalitionsspitzen und forderte, dass das Abgeordnetenhaus möglichst schnell die neuen Förderrichtlinien beschließt. „Ihr wisst, diese Wohnungen sind dringend nötig für die Berlinerinnen und Berliner, die sich die Mieten im frei finanzierten Wohnungsbau nicht leisten können bzw. diese Wohnungen aufgrund ihres Einkommens gar nicht erst bekommen“, so Geisel.

Linke kritisiert Geisel

Im Gespräch mit der taz macht Linken-Mietenexperte Niklas Schenker allerdings Geisel verantwortlich. Er habe bis Juni gebraucht, um einen Vorschlag vorzulegen, diesen aber nicht mit den Koalitionspartnern abgestimmt. „Vom reinen Bekenntnis ‚Bauen, bauen, bauen‘ wird keine einzige Wohnung gebaut. Es geht stattdessen um Politikmachen, und da ist bislang zu wenig passiert“, so Schenker am Sonntag. Dem Senator wirft er einen „unkooperativen Politikstil“ vor: Die Verzögerungen seien entstanden, weil Geisel „im Vorfeld nicht mit der Koalition gesprochen habe“.

Kritik hatten Linke und Grüne an Geisels Idee der Entkoppelung. Bislang sind Bauherren, die eine Förderung erhalten, dazu verpflichtet, zunächst 30 Prozent Wohnungen im ersten Förderweg, also mit Einstiegsmieten von 6,50 Euro für Einpersonenhaushalte mit einem maximalen Nettomonatseinkommen von 1.800 Euro, zu bauen und erst danach Wohnungen des zweiten Förderwegs, die entsprechend teurer sein dürfen. Diese Auflage wollte Geisel aus den Förderrichtlinien streichen. „Wir haben die Gefahr gesehen, dass dann nur noch im zweiten Förderweg gebaut wird“, so Schenker, dabei gebe es im ersten „den größten Bedarf“.

Kritik gab es auch am Vorschlag, die Einstiegsmieten von 6,50 Euro auf 7 Euro hochzusetzen und landeseigenen Wohnungsgesellschaften zur Querfinanzierung den Verkauf von Eigentumswohnungen zu erlauben. Inzwischen haben sich die Koalitionsparteien angenähert; bald sollen die neuen Richtlinien beschlossen werden.

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1 Kommentar

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  • "Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin wird immer größer."



    Das liegt vor allem auch am Zuzug von Menschen.



    Auch die Flüchtlinge müssen ja irgendwo wohnen. Dass sie alle in Berlin wohnen müssen, ist falsch. Eine sinnvolle Umverteilung auf andere Bundesländer ist notwendig.

    Ein Zuzugsstopp wäre für eine begrenzte Zeit durchaus sinnvoll, sofern diese Leute nicht selbst ein Haus bauen.



    Hatten wir schon einmal in den 60er/70er Jahren.

    Ansonsten wird sich nichts ändern! Die blumigen Versprechen der Politiker bleiben im blauen Himmel hängen. Denen ist schon lange nicht mehr zu trauen. Giffey schon mal gar nicht!