Notwehr gegen Vergewaltiger im Iran: Studentin droht Hinrichtung

Weil Reyhaneh Jabbari in Notwehr einen Mitarbeiter des Geheimdienstes erstach, der sie vergewaltigen wollte, wurde sie zum Tode verurteilt.

Immer wieder gibt es weltweit Proteste gegen Hinrichtungen im Iran, so z.B. 2010 in Berlin. Bild: dpa

BERLIN taz | Sollte die Familie des Opfers nicht doch noch bereit sein, auf eine Bestrafung zu verzichten, wird das Todesurteil gegen die 26-jährige Reyhaneh Jabbari vollstreckt. Eigentlich sollte die Hinrichtung bereits am 30. September erfolgen. Doch offenbar veranlassten Proteste aus dem In- und Ausland Justizchef Sadegh Laridschani, die Vollstreckung um zehn Tage zu verschieben.

Die Todesstrafe kann nach dem Gerichtsurteil gemäß „Qessas“ (Vergeltungsgesetz nach dem Prinzip Auge und Auge, Zahn um Zahn) nur ausgesetzt werden, wenn die Familie des Opfers auf eine Bestrafung verzichtet oder der Revolutionsführer die Verurteilte begnadigt.

Jabbari wurde mit 19 Jahren wegen Mordverdachts verhaftet. Die Informatik-Studentin war damals neben dem Studium als Dekorateurin tätig. Als sie eines Tages in einer Eisdiele ein Telefongespräch führte, wurde sie anschließend von einem Mann angesprochen, der offenbar aus dem Telefongespräch entnommen hatte, dass sie Dekorateurin war. Er sei Chirurg und gerade dabei eine neue Praxis zu eröffnen, sagte er und fragt, ob sie bereit sei, die Gestaltung der Räume zu übernehmen.

Der Mann, Mortesa Sarbandi (47), war verheiratet und Vater von drei Kindern. Wenige Tage nach der Begegnung in der Eisdiele holte er die junge Studentin mit dem Auto ab und fuhr zunächst an einer Apotheke vorbei. Dort kaufte er, wie sich später herausstellte, Kondome.

Sie rief noch den Notarzt

Die Wohnung, in die er sie dann brachte, war ziemlich leer. Nichts deutete auf eine Praxis. Jabbari schöpfte Verdacht, wollte schnell aus der Wohnung verschwinden. Doch Sarbandi versucht die Frau zu vergewaltigen. Sie wehrte sich, nahm ein Messer und stach ihm in die Schulter. Dann rannte sie aus dem Haus. Draußen rief sie anonym den Notarzt. Sarbandi wurde ins Hospital gebracht, aber die Hilfe kam zu spät. Er starb durch verbluten.

Jabbari wurde festgenommen, gestand die Tat und sagte, sie habe in Notwehr gehandelt. Wie sich herausstellte, war Sarbandi Mitarbeiter des Geheimdienstes. Das zwang offenbar die Justiz zur Rücksichtsnahme.

Ein Strafgericht verurteilte Jabbari 2009 wegen Mordes zum Tode, schon bald bestätigte der oberste Gerichtshof das Urteil.

Heftige Proteste aus dem In- und Ausland verzögerten die Vollstreckung. Zahlreiche iranische Künstler, Schriftsteller und Filmemacher baten immer wieder die Familie des Getöteten, auf eine Vergeltungsstrafe zu verzichten.

Galgenfrist läuft jetzt ab

Auch internationale Menschenrechtsorganisationen forderten die Freilassung der jungen Frau. Die von Justizchef Sadegh Laridschani festgesetzte Galgenfrist läuft bald ab. Noch kann Jabbari gerettet werden.

Der Fall, der international Aufsehen erregt, passt nicht zu dem Bild, das die Regierung von Präsident Hassan Rohani von der Islamischen Republik im Ausland präsentieren möchte. Doch die Regierung hat auf die Justiz, die sich in der Hand der Konservativen befindet, keinen Einfluss.

Im Gegenteil: Seit Rohanis Wahl 2013 hat die Justiz eine härtere Gangart eingeschlagen. Jabbari könnte jetzt den Rivalitäten zwischen den Gewalten zum Opfer fallen.

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