Notfallverhütung ohne Rezept: Pille danach wird frei verkäuflich
Gesundheitsminister Gröhe (CDU) hebt die Rezeptpflicht für Pidana und Ellaone auf. Die SPD fordert eine Kostenerstattung durch die Kassen.
BERLIN taz | Die Pille danach wird in deutschen Apotheken künftig frei verkäuflich sein. Die bisherige Rezeptpflicht werde „schnellstmöglich“ aufgehoben, sagte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums am Donnerstag der taz – möglicherweise noch in diesem Frühjahr. Das Ministerium folge damit der Entscheidung der EU-Kommission.
Diese hatte, wiederum auf Empfehlung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) als Zulassungsbehörde, bereits am Mittwoch die Verschreibungspflicht für das Präparat Ellaone aufgehoben: Das Risiko der Anwendung erfordere keine ärztliche Verschreibung. Den Mitgliedsstaaten hatte sie aber mit Verweis auf den „ethisch sensiblen Bereich“ freigestellt, ob sie an der Rezeptpflicht festhalten möchten oder nicht.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) werde neben Ellaone nunmehr auch die Verschreibungspflicht für Pidana, das andere in Deutschland erhältliche Präparat zur Notfallverhütung, abschaffen, erklärte die Sprecherin. Gröhe war bislang als Verfechter einer ärztlichen Beratungs- und Rezeptpflicht bekannt.
Ganz beigelegt ist der innerhalb der Großen Koalition hoch emotional geführte Streit über die Freigabe der Pille danach damit aber noch nicht. Denn ein Arzneimittel, für das keine Rezeptpflicht existiert, wird von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet. Gleiches gilt hierzulande für Verhütungsmittel. Bislang wurde die Pille danach in Deutschland jedoch allen Frauen bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres von den Kassen bezahlt – insbesondere Minderjährige sollten so vor ungewollten Schwangerschaften geschützt werden.
Ob diese Regelung nach der Aufhebung der Rezeptpflicht erhalten bleibt, darauf wollte sich das Bundesgesundheitsministerium am Donnerstag nicht festlegen. „Alle offenen Fragen werden geklärt“, hieß es lediglich.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, plädierte indessen für eine Kostenübernahme: „Unsere Forderung ist, dass die Pille danach zumindest den Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr auch weiterhin erstattet wird“, sagte sie der taz. Es handele sich, so Mattheis, „schließlich um überschaubare Größen“. So werden jährlich in Deutschland insgesamt rund 73.000 Packungen Pillen danach verschrieben. Pidana kostet etwa 18 Euro, Ellaone etwa 35 Euro.
Die Wirkung der Pille danach ist umso sicherer, je früher sie eingenommen wird – der niedrigschwellige Zugang über die rezeptfreie Abgabe in Apotheken war stets das zentrale Argument der Befürworter einer Freigabe. Die Bundesapothekerkammer versicherte, Frauen „kompetent beraten“ zu wollen, um „Missbrauch zu verhindern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
US-Präsidentschaftswahlen
Warum wählen sie Trump?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala