Noteninflation bei Doktortiteln: Summa cum Leichtigkeit

Welche Note eine Dissertation bekommt, hängt oft von der Uni ab. An manchen bekommen 70 Prozent die Bestnote „summa cum laude“, an anderen sind es 2 Prozent.

Hatte auch mal ein „Summa Cum Laude“: Ex-Doktor Guttenberg. Bild: dapd

BERLIN taz | Wer in Biologie promovieren will, sollte nach Konstanz gehen: An der dortigen Uni schließen 28 Prozent der Doktoranden im Fach mit der Bestnote „summa cum laude“ ab. München hingegen sollte man zumindest als Biologe meiden: Dort vergeben die Professoren nur für 2 Prozent der Dissertationen die Höchstnote.

Es ist nur ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich die Noten für wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten ausfallen. In der Medizin, wo die Doktorarbeit meistens in wenigen Monaten neben dem Studium entsteht, schließen 7 Prozent mit Auszeichnung ab. In den Wirtschaftswissenschaften sind es 32 Prozent; manche Universitäten wie etwa Erfurt oder die Privathochschule Vallendar geben gut 70 Prozent ihrer Wirtschaftsdoktoranden die lateinische Lobesformel mit auf den Weg.

Das Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (IFQ) hat amtliche Promotionsstatistiken ausgewertet und aufbereitet. „Von einem einheitlichen Maßstab kann keine Rede sein“, bemängelt IFQ-Leiter Stefan Hornbostel. Vor knapp drei Wochen schlug der Wissenschaftsrat, das höchste Beratungsgremium der Politik in Hochschulfragen, bereits Alarm wegen der vermeintlich zu laxen Bewertungspraxis bei Abschlussarbeiten: Vier von fünf Bachelorarbeiten erhielten 2010 die Noten „gut“ oder „sehr gut“.

Die Auswertung der IFQ-Forscher zeigt, dass dieser Trend auch für Dissertationen gilt. Der Anteil der mit der Höchstnote bewerteten Doktorarbeiten ist von 2002 bis 2010 von 12 auf 16 Prozent geklettert. Besonders stark ist der Sprung im Fach Psychologie – von 17 auf 25 Prozent.

Der Bochumer Professor Jürgen Markgraf, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, warnt jedoch vor der vorschnellen Klage über eine Noteninflation. Eine Ursache sei sicher auch die Zunahme von sogenannten kumulativen Promotionen, bei denen Doktoranden oft im Team Papiere für Fachjournale schreiben.

„Doktoranden werden heute viel besser betreut und sind von Anfang an angehalten, Papiere zu verfassen, die sich am Standard internationaler Zeitschriften orientieren.“ Außerdem seien die Doktoranden die qualifiziertesten Absolventen eines Fachs, das zu studieren vielerorts bereits ein Einser-Abitur voraussetzt. „Das sind die Besten der Besten“, sagt Markgraf. Kein Wunder, dass sich die Promotionsnoten am oberen Ende der Skala ballen.

IFQ-Chef Hornbostel widerspricht. „Wenn das so wäre, müsste es auch in den anderen zulassungsbeschränkten Fächern solche Muster geben. Das ist nicht der Fall.“ Er findet: Eine Note sollte nicht widerspiegeln, wie viel besser die Arbeit im Vergleich zu früheren Generationen ist – sondern wo jemand im Vergleich mit heutigen Nachwuchsforschern steht. Er plädiert dafür, Betreuung und Bewertung der Promotion teilweise zu entzerren: Nicht allein der Themensteller, auch externe Gutachter sollten die Arbeit bewerten.

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