: Nostalgie-Trip gelungen
Wenig Optik, gelegentliche schöne Soli – und ansonsten die üblichen biografischen Versatzstücke: „The Voice – Die Frank Sinatra Story“ mit Leslie Bisno und Katharina Müller-Elmau als Sommermusical im Altonaer Theater
Ein Womanizer mit Schmelzstimme und Italo-Charme: Frank Sinatra ist unnachahmlich, so dachte man. Nun jedoch ist Spielzeitpause und damit die Zeit der Sommerbespielung. Gelegenheit also für das Altonaer Theater, ein Musical der Münchner Komödie am Bayerischen Hof einzuladen: The Voice – Die Frank Sinatra Story. Hier soll Frankieboy in Gestalt des Amerikaners Leslie Bisno auferstehen.
Regisseur, Komponist und Pianist Mathias Christian Kosel hat Bisno die Rolle eigens auf den Leib geschrieben. Die überarbeitete Fassung von The Voice mit nur noch zwei Darstellern und einer kleinen Rolle für Kosel selbst scheint die Erwartungen vieler Zuschauer zu übertreffen: Leslie Bisno schlüpft in das mythengestrickte Sinatra-Kostüm und wird nach jedem der gut 20 Evergreens frenetisch bejubelt.
Doch letztlich gerät die Verkörperung der Legende zu einem Sing-alike- und Look-alike-Wettbewerb und bietet als Musical zu wenig für die Optik. Die Bühne ist spartanisch mit der Bar zur Linken und Bisno in der Mitte. Im Hintergrund spielt die Blue Eyes Swing Band unter Leitung von Kosel.
In diesem unspektakulären Milieu verfolgt das Publikum dann das, was als Frank Sinatra-Story angekündigt wird, jedoch nirgends über die bekannten Eckdaten aus dem bewegten Leben des Stars hinausreicht. Ob es nun um den Wahlkampf für JFK geht, die berüchtigten Kontakte zur Mafia oder seine vier Ehen: Mehr als schlagwortartige Informationen sind nicht drin.
Natürlich ist dies ein Problem von Musicals generell. Schließlich kommt es hier auf die Überleitung zwischen den Songs an und nicht auf Horizont erweiternde Dialoge. Gerade die Dialoge und vor allem Franks Monologe sind bei The Voice allerdings ziemlich schwach. Auch die Frau an Bisnos Seite, Katharina Müller-Elmau, lässt sich von ihrem Frank nicht die Sporen geben. Sie verkörpert seine zweite Ehefrau sowie ein weiteres Idol des vergangenen Jahrhunderts: Ava Gardner.
Müller-Elmau gibt den Leinwandstar als große Dame mit viel Stil, ohne in pure Nachahmung zu verfallen. Ihre burschikosen Verbalausfälle bringt sie mit viel Witz, und mit ihrer hervorragenden Stimme beschert sie dem Publikum einige schöne Soli. Zu Somethin‘ stupid und Love and Marriage kommt auch endlich etwas wie Choreographie in den Abend.
Gewiss: Nicht umsonst lautet Sinatras Beiname „Die Stimme“ und nicht „Der Tänzer“. Doch ein Tipp wie „Augen schließen und zuhören“ gilt nicht nur für das Musical, sondern genauso gut für den Abend zu Hause mit „The Voice“ aus der Stereoanlage.
Liv Heidbüchel
Weitere Vorstellungen: bis 3. August täglich, außer montags, jeweils 20 Uhr, sonntags 19 Uhr
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