: Norwegen will in Sri Lankas Bürgerkrieg vermitteln
Außenminister Vollebæk will Regierung und tamilische Rebellen an einen Tisch bringen. Oslo setzt nach dem Vorbild der Nahost-Verhandlungen auf diskrete Geheimdiplomatie
Delhi (taz) – Heute wird der norwegische Außenminister Knut Vollebæk in Sri Lankas Hauptstadt Colombo erwartet. Dort will er den ersten internationalen Vermittlungsversuch im Konflikt zwischen Tamilen und Singhalesen seit 1987 starten. Oslo pflegt seit zwei Jahren vertrauliche Kontakte zu den Hauptkontrahenten – der Regierung und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE).
Es wird angenommen, dass der Kontakt zur LTTE über deren Vertreter Anton Balasingham läuft, der sich seit Sommer 1999 aus gesundheitlichen Gründen in London aufhält. Die jährlichen Verhandlungen über Norwegens Entwicklungszusammenarbeit mit Colombo boten Staatssekretär Leif Lunde die Gelegenheit zu Vorgesprächen.
Der Mantel der Verschwiegenheit wurde im Dezember von Präsidentin Chandrika Kumaratunga in einem Interview gelüftet. Oslo bestätigte darauf seine Kontakte zu beiden Seiten und dass man Regierung und LTTE an einen Tisch bringen wolle. Es ist nicht klar, warum Kumaratunga die von Oslo bevorzugte – und im Fall der Nahost-Vermittlung erfolgreiche – Geheimdiplomatie preisgab. Vielleicht stimmte sie einer Vermittlung nur widerwillig zu und räumt ihr kaum Chancen ein.
Die Hindernisse sind enorm. Die LTTE hält an einem tamilischen „Homeland“ und am Recht auf Selbstbestimmung fest. Die Regierung dagegen besteht auf der Aufgabe der Forderung nach einem unabhängigen tamilischen Staat. Kürzlich baute sie eine weitere Hürde: Innerhalb von drei Monaten soll dem Parlament ein neuer Friedensplan vorgelegt werden. Auf den ersten Blick ist die zeitliche Vorgabe sinnvoll, weil im August Parlamentswahlen anstehen. Die Oppositionspartei UNP hat signalisiert, dass sie ihren Widerstand gegen die Verfassungsänderungen aufgegeben hat. Die Regierung war der UNP und den Nationalisten in der eigenen Partei entgegengekommen, doch damit droht Kumaratunga den Graben mit den Tamilen auszuweiten. Selbst gemäßigte Tamilen-Parteien fordern zumindest eine föderale Struktur.
Fraglich ist vor allem, ob sich die Regierung innerhalb von drei Monaten mit den Tamil-Tigern einigen kann. Zyniker in Colombo verweisen auf die Aussage von LTTE-Chef Vellupillai Prabhakaran, Verhandlungen seien „Bushaltestellen auf der Straße nach Eelam“. Es wird vermutet, dass beide Seiten eine Verschnaufpause in ihrem Zermürbungskrieg brauchen. Andere sagen, die Tiger wollten zuerst die Tamilen-Hochburg von Jaffna zurückerobern, bevor sie sich aus einer Position der Stärke verhandelten.
Norwegens Regierung hätte es vorgezogen, im Hintergrund zu arbeiten und damit dem Erwartungsdruck der Öffentlichkeit aus dem Weg zu gehen. Die Schwierigkeiten halten Oslo aber nicht davon ab, den Versuch zu wagen, seinen Erfolg im Nahen Osten in Südasien zu wiederholen. Nach Angaben von Botschaftssprechern gehe es Norwegen aber nur darum, beide Seiten an einen Tisch zu bringen – zusammenraufen müssen sie sich dann selbst. In Oslo erinnert man sich an die Vermittlung Indiens vor 13 Jahren, die beide Seiten tatsächlich zusammenbrachte – aber nur, um Delhis Friedenstruppe aus dem Land zu jagen. Als diese abgezogen war, schossen sie wieder aufeinander. Der 17-jährige Bürgerkrieg forderte bisher 60.000 Todesopfer. Bernard Imhasly
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