Norwegen und Russland im Olympia-Streit: Verbotene Fragen

Ein Skilanglaufrennen steht im Schatten einer Fehde zwischen Norwegen und Russland. Wie beim russischen Eiskunstlaufteam geht es um Doping.

Alexander Bolschunow läuft gerade über die Ziellinie

Mit letzter Kraft: Alexander Bolschunow muss dieses Mal mit Platz zwei vorlieb nehmen Foto: Daniel Karmann/dpa

ZHANGJIAKOU taz | Ein Langlaufrennen gegen die Zeit ist eine brutale Angelegenheit – für alle. Der Sieger bricht im Ziel meist ebenso erschöpft zusammen wie der Letzte. Nicht anders war das nach den olympischen 15 Kilometern, die am Freitagnachmittag im klassischen Stil zu laufen waren. Alle hatten alles gegeben. Der Sieger Iivo Niskanen aus Finnland sowieso, aber auch der wackere Jonathan Soto Moreno aus Mexiko, der mit der letzten Startnummer ins Rennen gegangen war und es auf Platz 94 als Vorletzter beendet hat.

Eigentlich schön. Denn wenn alle ihr Bestes geben, dann müssten eigentlich alle mit sich im Reinen sein. Waren sie aber nicht. Der zweitplatzierte Russe Alexander Bolschunow war grantig. Er hatte Gold gewinnen wollen, so wie im Skiathlon ein paar Tage vorher.

Dass er den Norweger Johannes Klæbo, der Bronze holte, geschlagen hatte, das immerhin feierten die russischen Journalisten wie Gold. Denn neben dem Kampf um Medaillen gibt es noch eine zweite Auseinandersetzung, die seit dem ersten Langlaufwettbewerb oben in Zhangjiakou läuft. Es ist eine Fehde zwischen dem russischen Team, das angefeuert von den Journalisten aus der Heimat beinahe keine Gelegenheit auslässt, gegen norwegische Medien zu agitieren.

Auslöser für den Konflikt war ein Bericht im norwegischen Staatsfernsehen NRK, in dem es hieß, Russland hätte nach all den Dopingvergehen in der Vergangenheit bei diesen Winterspielen in China nichts verloren. Bei der Pressekonferenz nach Bolschunows überlegenem Sieg im Skiathlon, bei dem 7,5 Kilometer im klassischen und die andere Hälfte des Rennens im freien Stil gelaufen werden, hatte ein norwegischer Journalist Bolschunow gefragt, wie es denn sein könne, dass er der Konkurrenz so weit davongelaufen sei. Der Gefragte verstand das als Anspielung auf Doping und war stinksauer.

Boykott gegenüber norwegischen Medien

Am Sonntag war das. Seitdem vergeht kein Tag, an dem nicht weitergestritten wird. Jelena Välbe, die Chefin des Russischen Skiverbands forderte eine hochoffizielle Entschuldigung aus Norwegen, und weil diese bis zum Rennen am Freitag nicht erfolgt war, verkündete sie einen Medienboykott. Ihre Russen sollen nicht mehr mit norwegischen Medien sprechen. Alles sei sauber und niemand aus dem Team habe etwas mit dem russischen Dopingsystem zu tun, das 2014 bei den Spielen in Sotschi seinen Höhepunkt gefunden hatte. Wie das sein kann, wo sie doch 2014 Managerin des russischen Langlaufteams war, wurde dann wieder in norwegischen Medien gefragt. Gute Frage eigentlich.

Und so wirkte es beinahe wie eine Retourkutsche, dass ausgerechnet Välbe, zu Sowjetzeiten und kurz danach eine der besten Langläuferinnen der Welt, den drei Erstplatzierten bei der Siegerzeremonie im Zielbereich den obligatorischen Gummipanda überreicht hat. Das hat sie als Mitglied des Councils des Internationalen Skiverbands getan. Warum sie da sitzt? Auch das wäre doch mal ein schönes Thema für norwegische Medien.

Aber auch ohne den Zweikampf der Langlaufnationen neben der Loipe werden die Russen das Thema Doping einfach nicht los. Das liegt natürlich am verzwickten Fall der 15-jährigen Eiskunstlaufsprungfeder Kamila Walijewa. Da ist nun endlich offiziell bestätigt worden, was tags zuvor schon vermutet worden war. Eine Dopingprobe, die bei Walijewa am 25. Dezember genommen worden war, wurde am 8. Februar als positiv gemeldet. Ein Herzmittel, das auf der Verbotsliste der Welt-Antidoping­agentur steht, fand sich darin.

Die Athletin wurde erst mal suspendiert, die Goldmedaillen für das siegreiche russische Eiskunstlaufteam wurden nicht verteilt. Doch dann entschied die Rusada, die russische Antidopingagentur, die Suspendierung einfach wieder aufzuheben. Walijewa trainiert wieder und hält sich fit für den Einzelwettbewerb nächste Woche, bei dem sie als Favoritin auf die Goldmedaille gehandelt wird. Gegen die Rusada-Entscheidung haben sowohl das IOC als auch die Internationale Eislauf­union Widerspruch eingelegt. Das Sportschiedsgericht CAS soll nun möglichst schnell entscheiden.

Russische Sportler stehen also wieder einmal inmitten einer irrwitzigen Dopingdiskussion. Ein gestandener junger Mann wie Bolschunow mit seinen 25 Jahren ist vielleicht in der Lage, hier lautstark mitzudiskutieren. Bei Walijewa ist das anders. In sozialen Medien machen gerade Bilder die Runde, die zeigen, wie sie nach ihrem Training mit verhülltem Kopf an den Pressevertretern vorbeigeschlichen ist.

Für Iivo Niskanen, den Sieger des Rennens über 15 Kilometer, bleibt da kaum Aufmerksamkeit. Dabei hat auch er interessante Dinge gesagt. Dass sein Sieg auch etwas mit der Pandemie zu tun hat etwa: „Ich war zwei Jahre fast nur zu Hause und habe in diesem Rennen alles rausgelassen.“

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