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Nordirland nach dem BrexitEingebaute Zwangslage

Ralf Sotscheck
Kommentar von Ralf Sotscheck

Die nordirischen Unionisten blockieren das Nordirland-Abkommen. Aus historischen Gründen sind sie regierungsentscheidend. Das ist ein Problem.

Proteste in Nordirland Foto: Brian Lawless/PA Wire

N ordirlands Democratic Unionist Party (DUP) hat gegen den Windsor-Rahmenplan gestimmt, auf den sich die britische Regierung und die EU Ende Februar geeinigt hatten. Es ging am Mittwoch im Unterhaus vorerst lediglich um den Teil des Plans, der vorsieht, dass das nordirische Regionalparlament mit Hilfe Londons ein Veto gegen künftige EU-Lebensmittelrichtlinien einlegen kann, sofern diese Nordirland betreffen.

Der DUP reicht das nicht, weil die EU das Veto zurückweisen kann. Zwar haben auch mehr als 20 Tory-Abgeordnete gegen den Rahmenplan gestimmt, darunter die Ex-Premiers Boris Johnson und Liz Truss, aber mit 515 zu 29 war das Votum für den Plan deutlich, weil auch sämtliche Labour-Vertreter dafür waren. Die EU-Kommission hatte den Plan bereits am Vortag abgesegnet.

Eine Rückkehr der DUP in die nordirische Regierung, die sie seit gut einem Jahr boykottiert, wird es vorerst nicht geben, auch weil die DUP Stimmverluste an radikalere unionistische Parteien befürchtet. Ohne die DUP aber gibt es in Nordirland keine Regierung. Im Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998 ist eine Zwangskoalition der beiden stärksten Parteien auf protestantisch-unionistischer und katholisch-republikanischer Seite festgelegt.

Die Probleme sind in das Belfaster Abkommen eingebaut. Damals war es notwendig, eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten leben konnten. Man wollte verhindern, dass eine Partei uneingeschränkt herrschen konnte, wie es die Unionisten ein Dreivierteljahrhundert rücksichtslos getan hatten. Aber 25 Jahre später ist es langsam Zeit, das Abkommen zu modifizieren.

Zwar sind die Fronten zwischen beiden Seiten noch immer verhärtet, aber viele junge Leute machen beim „Them and Us“ nicht mehr mit, wie der Aufstieg der neutralen Alliance Party bei den Wahlen im vorigen Jahr zeigt. Sie verzeichnete 13,5 Prozent und ist seitdem drittstärkste Kraft. Doch selbst wenn sie alle anderen Parteien überflügelte, könnte sie nicht den Regierungschef oder den Vize stellen, denn sie gehört keiner der beiden Seiten an. Von normalen politischen Verhältnissen ist Nordirland noch weit entfernt.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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