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Noch mehr Geld für VW-VorständeUmverteilung nach oben

Friederike Gräff
Kommentar von Friederike Gräff

Der Vorstand bei VW will mehr Gehalt, während die Zeit­ar­bei­te­r:in­nen nicht mal Weihnachtsgeld bekommen. Wo bleibt die öffentliche Empörung?

Auch bei VW gilt: in den oberen Etagen lebt es sich besser Foto: Melissa Erichsen/dpa

V W will die Gehälter seiner Vorstände rückwirkend erhöhen. Aus den bislang maximal zwölf Millionen Euro brutto pro Jahr sollen 15 Millionen für Vorstandvorsitzende werden, Einfache Mitglieder des Vorstands sollen statt bislang sieben Millionen künftig maximal 8,5 Millionen bekommen. Die Begründung ist so ausgelutscht, dass man sie hier nur pro forma nennt: der harte Wettbewerb um Führungskräfte.

VW scheint dabei schlecht abgeschnitten zu haben, zumindest zeigen seine Führungskräfte wenig Talent für Timing: Der Prozess um allzu hohe Gehälter für einflussreiche Betriebsratsmitglieder ist gerade verloren und zeitgleich mit dem Vorstandszuschlagsbeschluss ging eine andere VW-Meldung raus – nämlich vom Warnstreik der Zeitarbeiter, die einen Inflationsausgleich, Urlaubs- und Weihnachtsgeld fordern. Schade für sie, dass ihre Forderung zur Unzeit kommt, irgendwoher müssen die Zuschläge für die Führungsetage ja herkommen.

Es ist absurd: Während sich die Studien häufen, in denen die stetig sich vergrößernde Kluft zwischen Arm und Reich beklagt wird, fordern die an der Gehaltsspitze ohne zu erröten mehr. Abgekoppelt vom Rest der Lohn-Gesellschaft, die all das durchwinkt, und sei es nur, weil es im Fußball genauso aussieht – nicht zuletzt dank Millionen aus der VW-Schatulle.

Es ist schwierig zu verstehen, warum diese Abkopplung so widerspruchslos hingenommen wird, ohne auch nur minimale Spuren des Empörungspotentials, für den ein klima­klebend blockiertes Auto zuverlässig sorgt. Vielleicht ist es die irrationale Erwartung, dass eine gehaltsprosperierende Führung auch für Zuschläge auf den untereren Rängen sorgt.

Warum sollte sie? Denkt man an die Vorschläge etwa der öffentlich-rechtlichen Führungskräfte, die Budgetprobleme mit Programmkahlschlag und Abstrichen bei den Freien lösen wollen, dann kann man nur hysterisch lachen. Oder aber dahin gucken, wo es Gegenbewegung gibt: etwa in einem Antrag der Hamburger Linken, die Managergehälter in öffentlichen Unternehmen an die untersten Gehaltsgruppen zu koppeln. Das ist nicht die freie Wirtschaft. Und trotzdem ein Signal.

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Friederike Gräff
Redakteurin taz nord
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • taz: "VW will die Gehälter seiner Vorstände rückwirkend erhöhen. Aus den bislang maximal zwölf Millionen Euro brutto pro Jahr sollen 15 Millionen für Vorstandvorsitzende werden, Einfache Mitglieder des Vorstands sollen statt bislang sieben Millionen künftig maximal 8,5 Millionen bekommen."

    Und der kleine VW-Angestellte steht morgens am Fließband und schaut weiterhin ins Auspuffrohr, und der VW-Zeitarbeiter (unbefristete Zeitarbeit haben wir übrigens der Agenda-2010-Politik der Schröder-SPD zu verdanken) darf seinen Gürtel sogar noch enger schnallen. Das war aber immer so bei Volkswagen AG, die ja das Auto fürs "Volk" bauen. Für das damalige Jahresgehalt von VW-Manager Martin Winterkorn hätte eine Krankenschwester übrigens 500 Jahre arbeiten müssen, und für die jetzt „angestrebten“ 15 Millionen - für VW-Vorstandvorsitzende - natürlich noch länger. Wer aber einmal in einem Krankenhaus war, der weiß allerdings, dass die Krankenschwestern und Pfleger für unsere Gesellschaft wichtiger sind, als überbezahlte und oftmals nutzlose Manager. Heute bekommt der ehemalige VW-Manager Martin Winterkorn 93.000 Euro Rente im Monat; aber auch den Daimler-Chef Dieter Zetsche - der 4250 Euro Rente bekommt, allerdings jeden Tag, was also ca. 130.000 Euro Rente im Monat sind - darf man nicht vergessen. So schaut in diesem Land soziale Gerechtigkeit aus. Die SPD und auch die Gewerkschaften haben da übrigens nie etwas auszusetzen gehabt und vielleicht mal gefragt, ob das noch normal sei, dass man Managern haufenweise Geld in den gierigen Rachen schiebt, während über 2 Millionen Kinder in Deutschland schon in Armut leben und Arbeiter immer noch keinen anständigen Lohn in diesem Land bekommen.

    *Lobbisten und Seitenwechsler aus der Politik die jetzt bei VW sind.* lobbypedia.de/wiki/Volkswagen_AG

  • Großes Lob an Frau Gräff, das Thema Manager-Boni-aufzugreifen.

    Wie rechtfertigt VW-Aufsichtsrat Weil (SPD) die Manager-Boni? Vor Jahren war VW damit doch kritisch in den Schlagzeilen. Nichts daraus gelernt bei VW Herr Weil?

    Das scheint üblich zu sein. Denn eine kleine Spiegel-Meldung zu 29 Millionen Euro Boni für die Chefs bei einer Bertelsmann-Tochter, die im Rahmen eines Börsengangs gezahlt werden sollten, löste in deutschen Medien keine Recherchen oder eine Diskussion aus, obwohl in der betroffenen Callcenterbranche die Mehrheit der Angestellten nicht viel mehr als Mindestlohn verdient.

    Millionen für die Chefs, Peanuts für die Angestellten!

    Die Abkoppelung der Manager-Boni hat stark mit der Liberalisierung des Bankensystems in den USA zu tun.



    Hiermit kam es zu den Boni, die eine Soziologin so kritisiert:

    "Managerinnen oder Angestellte tun nur noch das, was ihnen persönlich mehr Geld bringt. Die Solidarität im Unternehmen kommt dann oft zu kurz – denn ob man den Kolleg:innen hilft oder nicht, fließt nicht in den Bonus ein. Es wird auch weniger in Innovationen investiert, da die Grundhaltung ist: nach mir die Sintflut. Betrug wird gefördert, denn die Menschen lernen, das System auszutricksen: Ziele werden einfach so verschoben, dass es zum eigenen Vorteil ist, gute oder schlechte Unternehmensmitteilungen werden zeitlich so verschoben, dass der eigene Vorteil maximiert wird. Schlechte Performance wird ja auch nicht mit einem Malus bestraft".

    Schweizer Bürger schafften es, die Manager-Boni mit einer Volksbefragung zu stoppen.



    Doch die Reform wurde von der Regierung verwässert und Unternehmen ungingen sie.

    Dazu gehörte auch die Crédit Suisse.



    Die Mega-Bank ist gerade fast Pleite gegangen und wurde von der Konkurrenz übernommen.



    Der Staat sichert das Geschäft der Großbank mit 100 Mrd. Euro.

    www.fr.de/wirtscha...nzes-90661458.html

  • Relotius-mäßig: es passt ins Weltbild.

    Fehler ist: es ist ein privates Unternehmen das mit einer Grünen im AR der die Gehälter selbst genehmigt. Die Zeitarbeiter sind nicht bei VW angestellt. Noch Fragen Claas?

  • danke, frau gräff für ihre empörung. sie dürfte noch gesteigert werden durch



    "Verfahren in Brasilien: Sklavenarbeits-Vorwurf gegen VW



    VW soll in den 70er Jahren in Brasilien unter unmenschlichen Bedingungen Leiharbeiter beschäftigt haben. Nun geht die Aufarbeitung voran – etwas."



    taz.de/Verfahren-i...22&s=vw+sklaverei/



    auf der ig metall seite bei vw sucht man dies verfahren vergebens -



    www.igm-bei-vw.de/meldungen



    vw verläßt inzwischen den verhandlungstisch ...



    www.zeit.de/wirtsc...u-sklavenarbeit-ab