Nocebo-Effekt nach dem Impfen: Kochsalzlösung mit Nebenwirkung
Viele fühlen sich nach einer Impfung müde und erschöpft. Die Gründe dafür sind falsche Zuordnung der Symptome und Erwartungen an die Impfreaktion.
In Zeiten einer Pandemie, in der ein Tag dem anderen gleicht, scheint alles erwartbar, selbst die Impfreaktion: So fand eine Meta-Analyse heraus, dass wohl etwa zwei Drittel aller Covid-Impfreaktionen auf den Nocebo-Effekt zurückzuführen sind.
Nocebo-Effekt, das ist der weniger bekannte Cousin des Placebo-Effekts. Während beim Placebo-Effekt Medikamente eingenommen werden, die keine Wirkstoffe enthalten, aber trotzdem zu wirken scheinen, beschreibt der Nocebo-Effekt Reaktionen und Nebenwirkungen auf wirkstofffreie Attrappen. Für die aktuelle Analyse haben acht Wissenschaftler:innen zwölf Studien ausgewertet, in denen insgesamt 22.802 Personen eine Corona-Impfung bekamen und 22.578 Proband:innen eine Kochsalzlösung. Demnach sind etwa 76 Prozent aller leichten Impfreaktionen nach der ersten Dosis und 52 Prozent nach der zweiten Dosis wohl diesem Effekt zuzuschreiben.
Die Motivation für diese Analyse sind die Ungeimpften: Durchschnittlich zwanzig Prozent weltweit wollen sich nicht impfen lassen. Die meisten Impfgegner:innen geben laut einer Studie von 2021 an, dass sie die Impfung auslassen, weil sie Nebenwirkungen befürchten. „Es ist daher von entscheidender Bedeutung, den zugrundeliegenden Motiven für Impfzögerlichkeit entgegenzuwirken, um diese weltweite Krise zu überwinden“, schreiben die Autor:innen der Analyse.
Die Hauptsymptome des Nocebo-Effekts bei Covid-Impfungen sind Müdigkeit und Erschöpfung, aber auch Gelenkschmerzen und generelles Unwohlsein. Die Gründe dafür sind falsche Zuordnung der Symptome, Angst und Erwartungen an die Impfreaktion.
Psyche und Körper spielen so weit zusammen, dass Impfreaktionen, die von einem Nocebo-Effekt ausgehen, zu Impfnebenwirkungen führen können. Doch was nun? In der Meta-Analyse betonen die Autor:innen, wie wichtig die Aufklärung des Nocebo-Effekts ist, da Erschöpfung und Müdigkeit vor allem im Zusammenhang mit Nocebo auftreten. Zwar ist die Evidenz zurzeit dünn und nach wie vor wird geforscht. Die Autor:innen raten aber dazu, in Aufklärungskampagnen den möglichen Nocebo-Effekt zu erwähnen – genauso wie die Information, dass eine Reaktion auf die Impfung auch gänzlich ausbleiben kann.
„Nocebo“ lässt sich übrigens vom Lateinischen ins Deutsche übersetzen mit „Ich werde schaden“. Impfgegner:innen sollten sich das zu Herzen nehmen und sich endlich impfen lassen.
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