Nobelpreisträger James Watson: Menschlicher Makel

James Watson galt als Koryphäe der Genetik - nun macht sich der einstige Gen-Pionier mit wissenschaftlicher Gründlichkeit endgültig lächerlich.

Watsons Genstruktur ähnelt der von Schwarzafrikanern - dabei hält er diese für unintelligent. Bild: ap

Er könnte die Güte selbst sein. Forschte gründlich als Biochemiker, erhielt für diese Arbeiten zur menschlichen Genetik 1962 den Nobelpreis für Medizin. Verdunkelt werden seine Leistungen allein deshalb, weil, wie sich in den Siebzigerjahren herausstellte, James Watson für seine wichtigsten Arbeiten die Datensätze von KollegInnen gegen deren Willen ausgeplündert hatte.

Watson, 79 Jahre, in seinem Fach eine Koryphäe, wurde neulich unangenehm einem weiteren Publikum bekannt, als er behauptete, Schwarzafrikaner seien zu Recht (auch materiell) ärmer dran, denn sie verfügten über geringere Intelligenz als Hellhäutige. Dass er von seinen Leitungsposten am Cold Spring Harbor Laboratory auf Long Island, New York, entbunden wurde, war nur die gerechte Strafe: Wissenschaftlich ist nämlich durch nichts belegbar, was Watson so herrenmenschig-unverblümt ausplauderte.

Peinlich wird jetzt nur, was über eine undichte Quelle eines auf Island beheimateten Genomprojektes publik werden konnte: Watson hat nämlich seine eigene Genstruktur dekodieren lassen - allerdings nicht vollständig.

Die auf Reykjavik sitzenden Entschlüsseler lasen aber die vorhandenen Genomsequenzen des Starwissenschaftlers genau durch und fanden heraus, dass dieser Mann ein genetisch begründetes Potenzial für eine Alzheimer-Erkrankung aufweist: Watson wollte also nicht preisgeben, dass er fürchtet, dement zu werden.

Doch der Clou: Die Isländer filterten ebenso heraus, dass Watsons genetische Struktur auffällig der von Asiaten - und noch krasser der von Schwarzafrikanern ähnelt. Watson ward auf diese Weise als, in dessen Sprache, "Neger" mit hellem Teint enthüllt. Die Story mag für Watson nun peinlich sein, vor allem ist sie ein weiterer Beleg für die Antithese zum mythischen Empfinden des Wissenschaftlers selbst. Wie alle seriösen Genomforscher wissen, ist die Hautfarbe die für die Körperlichkeit des Menschen unwichtigste Erbausprägung - Intelligenz aber, intellektuelles Vermögen, ist ohnehin nicht genetisch auffindbar. Biomediziner wie der US-Amerikaner Eric Kandel, der 2000 den Nobelpreis erhielt, erkannten: "Intelligenz ist Arbeit, Training und Erfahrung, also immer umweltgeprägt. Unsere Gene sind gar nichts, außer man nutzt sie."

Watson, der nun wie ein Held aus Philipp Roths "Der menschliche Makel" wirkt, verdient kein Mitleid. Immer wieder predigte er, er sei für die Freigabe der Abtreibung, wenn Eltern entdecken, dass ihr Kind homosexuell werden könnte. Er ist einfach ein Wissenschaftler, der offenbar selbst inmitten von Laborerkenntnissen noch ideologisch bleibt. Kein Greis, der nicht mehr weiß, was er sagt - und auch kein seriöser Forscher.

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