Nitrat im Grundwasser: Groko werkelt auf dem Acker
Die Regierung muss ihre Düngeverordnung überarbeiten. Doch die neusten Vorschläge überzeugen Wasserversorger und Umweltverbände nicht.
Das Schreiben der Bundesregierung folgt auf einen Besuch von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und ihrer Agrarkollegin Julia Klöckner (CDU) Ende August bei EU-Umweltkommissar Karmenu Vella. Dieser hatte weitere Arbeiten und Verpflichtungen angemahnt. Berlin sollte bis Ende September eine vollständige Antwort dazu schicken.
Die nun übersandten, nochmals weitergehenden Vorschläge umfassen den Angaben zufolge unter anderem längere Sperrzeiten fürs Düngen auf Wiesen und Weiden im Herbst und Winter. An Hängen soll auf größeren Streifen zu Gewässern Düngen verboten sein. Vorgeschlagen werden auch Maßnahmen, um Phosphateinträge in Gewässer zu verringern. Vorgelegt worden sei zudem ein neuer Zeitplan zur Änderung der Düngeverordnung.
Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser verklagt und 2018 beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Recht bekommen. Düngen etwa mit Gülle ist eine Hauptursache der Belastungen. Das Urteil bezog sich zwar noch auf ältere Düngeregeln. Aber auch die erst 2017 geänderten Vorgaben müssen nun verschärft werden, sonst könnten letztlich hohe Strafzahlungen drohen.
Kritiker fordern, die Tierbestände zu senken
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der kommunale Wasserwerke vertritt, mahnte ein effizienteres Düngen an. Die Behörden müssten zudem in die Lage versetzt werden, Düngebeschränkungen überprüfen zu können, sagte VKU-Vizepräsident Karsten Specht der Deutschen Presse-Agentur. Zentral dafür sei ein flächendeckendes und transparentes Beobachtungssystem. Damit würden sich auch Rufe nach immer neuen Ausnahmeregelungen erübrigen.
Auch die Umweltorganisation WWF kritisierte die Nachbesserungen der Bundesregierung. „Auch mit den jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen wird Deutschland seine Nitratmisere nicht in den Griff bekommen“, sagte Rolf Sommer, Leiter des Bereichs Landwirtschaft und Landnutzung beim WWF Deutschland. Sperrfristen und ausreichende Gewässerabstände seien wichtig, lösten aber das generelle Problem von Nährstoffüberschüssen nicht. Dazu müssten die derzeitigen Überschüsse auf jedem Betrieb auf deutlich unter 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr sinken.
„Das gelingt aber nur, wenn insbesondere die viehstarken Regionen ihre Nutztierbestände deutlich absenken“, so Sommer. Und mit der verbindlichen Einführung einer Stoffstrombilanz für Stickstoff und Phosphor für alle Betriebe, wären die tatsächlichen Verursacher der Nitratmisere in der Pflicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja