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Niedersachsens "Buhmann" SchünemannEin Innenminister hebt ab

Niedersachsens Innenminister Schünemann (CDU) macht sich wenig aus der Kritik an seiner Ausländerpolitik. Doch nun hat die Abschiebung einer Kosovarin einen Entrüstungssturm losgelöst.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sieht Flüchtlinge am liebsten im Flugzeug sitzen Fotos. Bild: dpa

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann ist "gerne mal der Buhmann". Und so ließ er die Kritik an seiner rigiden Asyl- und Ausländerpolitik jahrelang über sich ergehen wie einen milden Frühlingsschauer. Doch nun hat die Abschiebung einer jungen Kosovarin in Wolfenbüttel einen parteiübergreifendes Entrüstungssturm entfesselt, das dem Black Sheriff aus Holzminden noch zu schaffen machen dürfte.

Auf Antrag der Grünen beschlossen die Fraktionen im Kreistag einmütig, die abgeschobene Frau und ihre beiden Kinder zurückzuholen und ihnen in Deutschland ein Bleiberecht zu verschaffen.

Es war eine dieser Szenen wie man sie aus finsteren Diktatoren-Filmen kennt. Die Ordnungskräfte rücken um drei Uhr nachts an, holen Elvira Gashi (21) und ihre zwei kleinen Mädchen aus dem Bett. Ihnen bleibt eine halbe Stunde Zeit, um ihre Habseligkeiten zusammenzusuchen, ehe man das verschreckte Trio nach Frankfurt schafft, um dort sie in eine Maschine Richtung Balkan zu verfrachten.

Die Gashis müssen ein Bild des Jammers abgegeben haben. Urlaubsreisende sammelten Geld und Lebensmittel, sagt ihr Anwalt Dietrich Wollschlaeger. "Die hatten ja kein Geld, nichts zu essen und trinken". Im Flugzeug erwartete Frau Gashi der nächste Schock. Ein paar Reihen weiter saß ihr ebenfalls ausgewiesener ehemaliger Lebensgefährte, der Elvira Gashi seit der Trennung immer wieder misshandelt hat.

Als die Grünen die Horrorgeschichte im Landkreis publik machten, mochte selbst der Landtagsabgeordnete Frank Oesterhelweg (CDU) seinem Parteifreund Schünemann nicht mehr folgen und plädierte für eine"humanitäre Lösung". Schünemanns Innenministerium sieht dafür allerdings keinen Spielraum. Sprecher Frank Rasche hält Elvira Gashi für "vollziehbar ausreisepflichtig", nachdem vier Asylverfahren der Kosovarin das Bleiberecht abgesprochen haben. Der Grund: Gashi habe schon einmal einer drohenden Abschiebung durch Flucht entzogen. Allerdings nicht freiwillig wie ihr Anwalt, Dietrich Wollschlaeger betont. Seine Klientin, die Anfang der Neunziger Jahren mit ihrer Familie aus dem umkämpften Kosovo nach Wolfenbüttel flüchtete, sei damals minderjährig und von ihrem Vater zum Untertauchen gezwungen worden. Seitdem habe sich Gashi nichts mehr zuschulden kommen lassen.

Diesen Umstand ignorierte die Ausländerbehörde ebenso wie die Tatsache, dass das Bleiberecht schon die Bedrohung durch den Partner seit 2005 ausdrücklich als Asylgrund definiert. Anwalt Wollschlaeger, der in diesem Zusammenhang wert auf die Feststellung legt, ein typischer Vertreter des bürgerlichen Lagers zu sein, vermutet hinter diesen "Nazimethoden" stecke eine Taktik.

Unter der Ägide des früheren Amtsleiter Klaus Krake galt die Ausländerbehörde Wolfenbüttel als vergleichsweise human im Umgang mit Flüchtlingen.

"Seit seiner Ablösung müssen alle Fälle dem Ministerium vorgelegt werden", weiß Wollschlaeger. "Da wird Dampf gemacht." Eine Einschätzung die Filiz Polat, migrationspolitische Sprecherin der Landtagsgrünen teilt. Auf einer Tour "durch 40 Ausländerbehörden habe ich mehrfach erfahren, dass das Innenministerium massiv Druck auf örtliche Behörden ausübt".

Doch der könnte demnächst auf Schünemann und Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) zurückfallen. Seit ihrem Antritt 2004 häufen sich die Proteste untadeliger Vertreter des Rechtsgedankens wie dem Braunschweiger Bischof Friedrich Weber oder Ernst Gottfried Mahrenholz, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, der Niedersachsens Ausländerpolitik schon 2006 für "zu rigide" hielt.

Abhilfe schaffen sollte die Härtefallkommission, die noch im selben Jahr eingesetzt wurde, um ausländischen Staatsangehörigen, die nach den üblichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes kein Bleiberecht haben, "aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen zu einem Bleiberecht zu verhelfen".

Zwölf Monate später kündigten die Vertreter der Wohlfahrtsverbände dem Innenminister zum ersten mal die Zusammenarbeit auf. Die Lage hatte sich nicht gebessert. Vor Kurzem traten die Kommissionsmitglieder in einen Streik, weil immer noch kaum ein Flüchtling die Chance habe, als Härtefall wahrgenommen zu werden.

Schünemann war not amused und beschimpfte die Kommission vor der Presse, als Menschen, die lieber arbeiten sollen, als Politik zu machen.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff fuhr seinem Innenminister in die Parade und versprach Besserung. Dann kam die Nacht von Wolfenbüttel und Schünemann war wieder der Buhmann…

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10 Kommentare

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  • M
    Müller

    Als Mitglied des betroffenen Kreistages möchte ich folgendes anmerken:

     

    1. Die Art und Weise der Abschiebung waren unmenschlich, die gemeinsame Verlegung mit dem Mann, der Fr. Gashi geschlagen hat unzumutbar.

     

    2. Der Kosovo wird (und das sage ich als Reserveoffizier) von der Bundeswehr (und den Alliierten) lediglich befriedet. Recht und Ordnung sollen die lokalen Behörden leisten. Eine Frau mit zwei Kindern ist aber dort auf den Schutz ihres Familienverbandes angewiesen. Das kann im vorliegendem Fall bezweifelt werden, da sich Fr. Gashi offensichtlich nicht unter diesen unterordnen wollte.

     

    Daher haben wir Grüne den Antrag eingebracht und hoffen, das Fr. Gashi schnellstmöglich nach Hause kommt!

  • EK
    Evel Knievil

    Ich würde gerne von den Kritikern wissen, ob sie generell gegen Abschiebungen und für ein Bleiberecht für alle sind. Oder sollen nur sympatische Menschen bleiben dürfen? Denn so richtig erschließt sich mir der Aufreger in diesem Fall auch nicht.

  • BB
    Bodo Bender

    Bei solchen Fällen (diese alltägliche Unmenschlichkeit findet übrigens genauso unter SPD-Innenministern statt) frage ich mich immer wieder, warum so unmenschlich "durchgegriffen" wird.

     

    Steht eigentlich unsere Demokratie oder unser Wohlstand oder was auch immer auf dem Spiel, wenn vielleicht ein paar tausende von Menschen jährlich jenseits unmenschlicher Abschiebeentscheidungen hier weiter eine Bleibe erhalten (wo sie sich oft viele Jahre aufgehalten haben, ohne oft genug noch irgendeine Bindung zu ihrem Ursprungsland zu haben).

     

    Einerseits brauchen wir unbestritten dringend Zuwanderer, andererseits schiebt man auf ganz barbarische Weise Menschen ab, die sich hier zumeist weitgehend integriert haben und vor allem deren Kinder keine Bindung zum Heimatland ihrer Eltern haben. Irrsinn pur.

  • B
    Berger

    entlich mal ein Politiker der hart durchgreift! Find ich gut! Auch wenn das ein oder andere mal nicht so gut läuft, aber Pannen gibt es immer wieder. Und bin mir sicher, das er nix von dem EX-Mann im Flieger gewusst hat.

    So schlimm ist der Kosovo auch nicht mehr, die Bundeswehr sorgt da ja für Recht und Ordnung.

    Da muss man dann auch nicht zweimal Geld ausgeben, einmal um den Kosovo zu stabilisieren und dann um die Kosovaren hier durchzufüttern.

     

    Und jetzt lasst euer "scheiß nazi" mal stecken. Informiert euch vorher mal über die definition von nazi

  • KK
    Klaus Keller

    Folgeschaden. Ich hoffe der Fall ist nicht Folge der Rot/Grünen Gesetzgebung zum Asylrecht aus früheren Jahren. Wenn darüber hinaus noch Bundeswehrsoldaten im Kosovo ihren Dienst tun ist ja alles in Ordnung. Das man Nachts zugreift ist wohl häufig da man alle antrifft. In einer psychiatrischen Klinik Frankfurt/Main bewacht die Bundespolizei nötigenfalls suizidgefährdete vor der Abschiebung über den Frankfurter Flughafen. Der böse Bube aus Niedersachsen setzt Gesetzte um, wenn sein Vorgänger pech hat bekommt er noch ein Verfahren wegen Unterlassung.

    Die Niedersachsen haben im Herbst die Möglichkeit sich an der Wahl einer neuen Bundesregierung zu beteiligen.Ich fordere die TAZ auf mal nachzusehen wie die erbosten Leute dort dann gewählt haben.

    klaus keller hanau

  • HF
    Heinz Faßbender

    Dieser Mann gehört nach Russland abgeschoben. DA gibt es so viele wachechte Demokraten....

  • H
    horst.pachulke

    Man sollte Schünemann die deutsche Staatsbürgerschaft aberkennen und ihn umgehend in den Kongo abschieben. Dann kann er mal Erfahrungen darin sammeln, was er da mit Menschen anstellt.

  • RH
    Rainer Hahne

    Liebe Taz-Redaktion,

     

    über die Vorgehensweise der Abschiebung kann man sicherlich diskutieren. Aber: Die Abschiebung erfolgte offensichtlich nicht ohne Rechtsgrund, sodass ich den Habitus dieses Artikels nicht nachvollziehen kann.

     

    Beste Grüße,

     

    Rainer Hahne, Koblenz

  • G
    Gott

    Ein sehr vorbildliches christliches Verhalten welches unsere beiden Politiker, Wulff und Schünemann, hier ablieferen. Schade, dass der Wähler in der Regel zu blöd ist an der Wahlurne weiter als bis zu den Steuerwahlversprechen zu denken und weiterhin sein Kreuzchen bei der Union macht.

  • AB
    anna blume

    Abhilfe schaffen sollte die Härtefallkommission, die noch im selben Jahr eingesetzt wurde, um ausländischen Staatsangehörigen, die nach den üblichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes kein Bleiberecht haben, "aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen zu einem Bleiberecht zu verhelfen".

     

    Liebe TAZlerInnen, ich habs nicht ganz verstanden, wo liegen in diesem Fall die oben angrführten Gründe? Zu wenig Zeit zum Packen gehabt?