Niederlage gegen Stuttgart: St. Pauli macht’s noch mal ein bisschen spannend
In Unterzahl unterliegt der FC St. Pauli dem VfB Stuttgart mit 0:1. Der Abstieg ist damit nicht vorzeitig abgewendet, bleibt aber unwahrscheinlich.
Bis dahin hatte der Bosnier wieder einmal alles gehalten, was zu halten war, und gefühlt noch viel mehr. Mit beiden Händen, mit dem Fuß, mit der Faust. Nach einer knappen Stunde schien es vorbei zu sein, als St. Paulis Verteidiger Siebe van der Heyden im Strafraum im Fallen den Ball an den Unterarm bekam, damit einen Torschuss blockte und mit Gelb-Rot vom Platz flog. Dazu gab es Elfmeter. Doch Vasilj hielt, schon seinen vierten von fünf Strafstößen in dieser Saison.
Dass er sich nach 88 Minuten doch noch geschlagen geben musste, zeigt, wie überlegen die Stuttgarter waren, nicht nur, aber erst recht, nachdem es gegen zehn St. Paulianer ging. Eine halbe Stunde hatte St. Pauli den Vizemeister stark unter Druck gesetzt und auch spielerisch mitgehalten.
Als die Stuttgarter Passmaschine ins Laufen kam, hielt der Aufsteiger konzentriert und mit enormem läuferischem Einsatz dagegen. Die Stuttgarter kamen zwar zu Chancen – aber dann war da ja immer noch dieser Vasilj, der sie alle zunichte machte. Bis nach einer halben Stunde in Unterzahl dann doch die Kräfte schwanden, der Ex-Bremer Nick Woltemade frei zum Schuss kam und das entscheidende Tor erzielte.
Vorzeitiger Klassenerhalt verpasst
St. Pauli hat es damit verpasst, frühzeitig den Klassenerhalt klarzumachen. Dafür hätte schon ein Unentschieden gereicht. Im vorletzten Saisonspiel bei der Frankfurter Eintracht, für die es noch um die Teilnahme an der Champions League geht, fehlen nun mit Vasilj und van der Heyden zwei gesperrte Stammkräfte. Und vermutlich Flügelstürmer Elias Saad, der sich beim Aufwärmen verletzt hatte, neben bereits drei langzeitverletzten Stammspielern.
„Was soll ich jetzt rumheulen?“, sagte St. Paulis Trainer Alexander Blessin dazu. „Wir haben genügend Spieler und genügend Qualität, um das aufzufangen, wie wir es bislang immer geschafft haben.“
Damit lobt Blessin – vielleicht unbewusst – auch sich selbst: Er hat immer wieder kreative Lösungen im eigenen Team gefunden: Für den Stamm-Verteidiger Karol Metz spielt seit Monaten völlig solide David Nemeth, der in der Vorsaison in der zweiten Liga kaum Einsätze bekommen hatte. In den letzten Wochen leistete Blessin sich sogar den Luxus, seinen Abwehrchef Eric Smith ins Mittelfeld vorzuziehen, um den kreativen Spielaufbau zu stärken.
Und, vielleicht die größte Überraschung: Im offensiven Mittelfeld trumpft seit Wochen Danel Sinani auf, Nationalspieler zwar, aber eben nur für das kleine Luxemburg. Vorher war er über fast zwei Jahre kaum zu sehen, spielte im Zweitligakader der Aufstiegssaison praktisch keine Rolle. Blessins größte Stärke ist, solche verborgenen Potenziale zu sehen und zu heben.
Zur Wahrheit gehört auch, dass St. Paulis Kader zu Saisonbeginn nicht breit genug für die Bundesliga war. Deshalb haben sie in der Winterpause vier neue Spieler geholt, von denen drei sofort eingeschlagen sind. So reicht es gerade eben, um die vielen Verletzungen zu kompensieren, die auch mit der betont körperlichen, laufintensiven Spielweise zusammenhängen könnten. Wie zuletzt die Stressreaktion im Fuß von Kapitän Jackson Irvine, der nun monatelang pausieren muss.
Endspiel gegen Bochum?
Auch dank der Alternativen im Kader sind die Aussichten auf mindestens ein weiteres Jahr in der Bundesliga gut – auch wenn der letzte dazu noch fehlende Punkt gegen Stuttgart verpasst wurde. Zwei Spiele bleiben dafür noch, am kommenden Sonntag in Frankfurt – oder am Sonnabend darauf am Millerntor gegen den Tabellenletzten Bochum.
Ein Szenario, das sie bei St. Pauli unbedingt vermeiden wollten. Doch selbst wenn beide Spiele verloren gingen, droht schlimmstenfalls der Relegationsrang 16. Und auch das nur, wenn der FC Heidenheim seine beiden letzten Spiele gewinnt.
Wegen dieser Konstellation dürfte bei St. Pauli, das schon seit November nicht mehr auf einem Abstiegsplatz gestanden hat, nun keine Panik mehr ausbrechen. Auch wenn Trainer Blessin sagt: „Ich hasse Relegation.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!