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Niebels dubiose PersonalbesetzungenAbteilungsleiterin ohne Vorwissen

Die frühere McKinsey-Beraterin Uta Böllhoff wird Abteilungsleiterin in Dirk Niebels (FDP) Entwicklungsministerium. Unionspolitiker sind entsetzt.

Zukunft machen ohne Ahnung? Unter Niebel geht das wohl. Bild: dpa

BERLIN taz | In ihrem früheren beruflichen Leben hatte Uta Böllhoff eine eindeutige Mission: Sie erarbeitete Blaupausen für Personalentlassungen. Die 39-Jährige, bis vor kurzem Beraterin bei McKinsey, sprach dann gerne von "Personalüberhangsmanagement". Und davon, den Betroffenen "auch eine Perspektive" zu eröffnen. Seit Dezember hat auch Böllhoff eine neue berufliche Perspektive. Sie wird hochdotierte Leiterin der Abteilung 4 im Bundesentwicklungsministerium und damit zuständig für "Europäische und multilaterale Entwicklungspolitik, Südosteuropa, Naher Osten, Afghanistan/Pakistan".

McKinsey im Entwicklungsministerium? Zumindest unter Niebel kein Tabu mehr. Böllhoff profitiert davon, dass der FDP-Minister sein Haus personell aufrüsten kann, allein in diesem Jahr um rund 180 Personen. Der Haken: Böllhoff hat kaum Vorwissen in der Entwicklungspolitik. Schnell nach Bekanntwerden der Entscheidung empörte sich die Opposition über das "Postengeschachere" Niebels.

Wie jetzt bekannt wurde, ist es aber diesmal nicht nur die Opposition, die verärgert ist. Auch innerhalb der Koalition sorgt Niebels Personalpolitik für Streit. Selbst die Bundeskanzlerin ist eingeschaltet.

"Keinerlei nennenswerte Erfahrung"

Bereits am 14. Dezember hat die CDU-Bundestagsabgeordnete Sibylle Pfeiffer in einem dreiseitigen Brief an Angela Merkel ihrem Ärger Luft gemacht. Pfeiffer, eigentlich keine Frau des lauten Protests, zeigte sich erzürnt über die Entscheidung Niebels, Böllhoff aus dem Nichts zur Abteilungsleiterin zu machen und das Ministerium gleichzeitig um eine Abteilung aufzublähen. Böllhoff sei eine Person, "die über keinerlei nennenswerte entwicklungspolitische Erfahrung verfügt", beklagt sich die Abgeordnete. Zudem sei die Entscheidung "weder mit der Unionsfraktion abgesprochen noch in unserem Interesse".

Auch an dem Verfahren übte Pfeiffer Kritik. So habe der Minister nach ihrem Wissen die Entscheidung "ohne vorherige Kabinettsbefassung oder Beschlussfassung des Haushaltsausschusses" getroffen. Ihr Resümee: "Ungeachtet dessen halten wir Fachpolitiker den Sinn beziehungsweise die Notwendigkeit einer neuen Abteilung zumindest für fragwürdig."

Bereits seit einigen Monaten schwelt der Konflikt zwischen den Unionspolitikern und Dirk Niebel. Bei der Auseinandersetzung um die Zahlungen für den Yasuni-Nationalpark in Ecuador wollten die Unions-Leute die Einzahlung in einen Treuhandfonds. Niebel lehnte ab. Unions-Frau Anette Hübinger klagte: "Man wird einfach abgebügelt." Ihr Kollege Jürgen Klimke sagte: "Wir haben das Gefühl, am Katzentisch zu sitzen."

Schaden nur schwer zu reparieren

Offen ist, wie Angela Merkel reagiert. Über Briefwechsel der Bundeskanzlerin werde grundsätzlich keine Auskunft gegeben, teilte ein Regierungssprecher auf Anfrage mit. "Die interne Organisation ist Teil der Ressortautonomie." Auch allgemein gebe es keine Zweifel an der Arbeit des FDP-Ministers: "Dirk Niebel führt sein Ministerium erfolgreich."

Für die Fachpolitikerin Sibylle Pfeiffer ist der entstandene Schaden indes nur noch schwer zu reparieren: "Es dürfte Sie daher nicht wundern, dass die skizzierten Fälle und Entscheidungen von Minister Niebel im Ergebnis dazu führen, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Arbeitsgruppe Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit dem Bundesminister nur schwer zu bewerkstelligen ist", schreibt Pfeiffer: "Leider scheint er dies billigend in Kauf zu nehmen."

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10 Kommentare

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  • C
    Christine

    ..."die über keinerlei nennenswerte entwicklungspolitische Erfahrung verfügt" - das braucht ja nicht einmal der Minister selbst...

  • JK
    Juergen K.

    FDP:

    Jahrelang Lohnabstandsgebot gebrüllt: ABGESCHAFFT.

     

    5 te Abteilung:

    Jahrelang 5 te Kolonne gebrüllt.

  • S
    Sebas

    Ich finde es irgendwie lustig, wie sich hier alle aufregen. Dabei ist da - wenn man zwischen dem üblichen FDP-Beschimpfen mal zum Nachdenken kommt - eigentlich gar kein wirklicher Skandal.

     

    Man kann sicher trefflich über die Eignung von Frau Böllhoff streiten. Ich mag ja diese "Consultants" auch nicht und finde, dass es noch keinem Unternehmen geholfen hat, wenn sie diese Leute ins Haus gelassen haben (außer dass ein paar Manager jemanden haben, auf den sie die Verantwortung für Entlassungen abschieben können). Aber offiziell ist sie zumindest keine Fachfremde, wie hier getan wird. "Entwicklungshilfe" ist ja eben kein einzelner Beruf sondern eine interdisziplinäre Aufgabe. Und eine der Disziplinen dabei ist nun einmal auch die Wirtschaftslehre, und das ist nun mal genau Frau Böllhoffs Metier (wie gesagt, jetzt ohne beurteilen zu wollen oder zu können, ob sie darin gut ist oder ihre Expertise sich in "Entlassen Sie 10% ihrer Belegschaft" erschöpft).

     

    Zum anderen ist interessant, dass es hier überhaupt keinen Protest gab, als ein gelernter Städteplaner einen Prof. Dr. der Strahlenphysik mit über 300 einschlägigen wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet als obersten Strahlenschützer abgelöst hat. Im Gegenteil, als auch nur das leiseste Gerücht aufkam, die Regierungskoalition wolle Herrn König, der keinerlei Qualifikation im Bereich Strahlenschutz aufweist (da wären die gefragten Disziplinen Strahlenphysik, Radiochemie oder Medizin, vielleicht auch noch Biologie, ganz sicher aber nicht Städteplaung), durch einen Fachmann ersetzen, haben sich gerade hier auch viele er(g)eifert.

    Und von den vielen "Atomexperten" gerade der Grünen, die durch ein Soziologiestudium ja für ihre Aufgabe perfekt qualifiziert sind, wollen wir mal gar nicht reden.

     

    Aber so ist das eben bei vielen: Wenn jemand in Richtung Union / FDP geht, dann ist schon ein leiser Zweifel an der Eignung ein riesen Aufreger. Grüne und Linke hingegen können Leute einsetzen, die nachweislich nicht mehr Qualifikation haben als ein Frisör für Hirn-OPs - kein Problem, Hauptsache die Gesinnung passt.

  • S
    Schneider

    Entwicklungsministerium - Versorgungsdepot und Stellenpool für nicht benötigte Mitarbeiter und Anhänger der FDP?

     

    Am Dienstag, 10. Januar 2011 war auf ARD die Sendung Report München zu sehen. U.a. zur personellen Erweiterung des Entwicklungsministerium...

     

    Wenn man bedenkt, daß Niebel vor Antritt noch die Abschaffung dieses Ministerium wollte und es jetzt mit zusätzlichen Stellen als Vorsorge für FDP-Getreue einrichtet? Ein politischer Skandal? Oder soll offensichtlich nach dem Scheitern von Schwarz-Gelb der Abgang von FDPlern, nicht zum Jobcentern führen?

     

    http://programm.daserste.de/pages/programm/detail.aspx?id=99ED6C9A3C36EAE6A9FE8CCD7E59346F

  • S
    Sontag

    Na, dann hat ja Frau Böllhof einschlägige Erfahrungen, um die FDP-Mitglieder, die nun auf dem letzten Drücker in Niebels Ministerium "versorgt" werden sollen, schleunigst wieder zu entlassen:

     

    http://blog.br-online.de/report-muenchen/2012/4486/rette-sich-wer-kann-fdp-personalpolitik-in-bundesministerien.html

  • A
    abgeschafft

    Die FDP schafft sich selber ab. Ich muss nicht mal meine Energie hierfür verwenden, sondern kann sogar zu Hause auf dem Hosenboden sitzen bleiben und mich an leckeren Speisen laben.

    Im Ernst:

    Das Postengeschacher ist eine Farce gegenüber Arbeitssuchenden, die fachlich hoch qualifiziert oder auch so genannt ungelernt sind und eben nirgendwo zur Arbeit eingestellt werden und obendrein von Häme seitens der so genannten Arbeitsagenturen belästigt werden.

    Am Niebel'schen Liebesdeienst gegenüber der "Dame Unwissend" ist deutlich zu sehen, dass Fachkräfte nciht gesucht werden, sondern Unwissende, die vorbildlich geleistete Fach-Arbeit zunichte machen (sollen). Eben die Niebel'sche Strategie wie die Strategie der FDP überhaupt.

  • B
    BasisDemokrat

    report muenchen bringt die FDP schmieren-politik mit dem beitrag "FDP-Personalpolitik in Bundesministerien" nochmal deutlicher auf den punkt ....

    da kann einem doch nur schlecht werden.

  • SB
    Siegfried Bosch

    Und da hat die TAZ Herrn Niebel doch früher vorgeworfen, Teil eines "Männerclub" zu sein. (Siehe http://www.taz.de/Kluengel-im-FDP-Entwicklungsministerium/!64633/,http://www.taz.de/Niebels-Personal-fuer-die-Entwicklungshilfe/!62870/,http://www.taz.de/Offener-Brief-zur-Personalpolitik/!62132/,http://www.taz.de/Personalpolitik-in-der-Entwicklungshilfe/!61884/,http://www.taz.de/Umstrittene-Fusion-der-Entwicklungshilfe/!61788/). Und nun wird eine Frau ohne Qualifikation in ein Spitzenamt befördert.

    Merke: "Old Boys Networks" existieren nicht; Klüngel und Vetternwirtschaft existiert hingegen schon -- und das selbstverständlich ohne Ansehen des Geschlechts.

  • JK
    Juergen K.

    180 pro Jahr a 10 000 Netto / Monat plus 15 000 Pension lebenslänglich.

     

    Da werden viele Rentenkürzungen hinnehmen muessen.

  • B
    Bernd

    Das ist die neoliberale Schocktherapie mal auf einem ganz anderen Feld. Wurden früher unter dem Vorwand der Strukturanpassung Staaten in den Abgrund gerissen, ist es nun das BMZ.

    Wenigstens kann man sich sicher sein, dass Niebel - der FDP-Boygroup sei dank - spätestens ab der nächsten Legislaturperiode nicht mehr im Amt sein wird. Hoffentlich richetet er in der ihm verbleibenden Zeit nicht noch mehr Schaden an und der oder die ihm folgende Minister_in kann aus dem hinterlassenen Trümmerhaufen wieder etwas aufbauen.