Neuwahl in Niedersachsen beschlossen: Einstieg in den Wahlkampf
Alle Parteien haben sich im niedersächsischen Landtag für Neuwahlen ausgesprochen. Zugleich überzogen beide Lager sich mit wüsten Anschuldigungen.
Die Abgeordnete Elke Twesten, die mit ihrem überraschenden Wechsel von den Grünen zur CDU am vergangenen Freitag die Regierungskrise ausgelöst hatte, nahm erstmals in den CDU-Rängen an einer Landtagssitzung teil. Mit Twestens Wechsel hatte Rot-Grün seine Ein-Stimmen-Mehrheit verloren.
Beide Landtagslager nutzten die Debatte über die Auflösung zugleich zu einem Einstieg in den Wahlkampf. Die Landesregierung sei ungeachtet des Wechsels von Twesten gescheitert, sagte CDU-Fraktionschef Björn Thümler. „Tatsache ist: Diese rot-grüne Landesregierung war lange vor dem schwarzen Freitag ins Straucheln geraten.“ Der Landesregierung warf er Versäumnisse in der Bildungs- und Sicherheitspolitik vor.
Die SPD-Fraktionschefin Johanne Modder sagte an die Adresse von Twesten: „Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Ihre Verhaltensweise ist legal, aber sie hat keine moralische Rechtfertigung.“ Twesten habe der Demokratie schweren Schaden zugefügt. „Über Mehrheiten sollen Wähler entscheiden und nicht einzelne, persönlich enttäusche Abgeordnete“, sagte Modder weiter. Der Regierung stellte Modder ein gutes Zeugnis aus. „Die Regierungsmehrheit stand seit 2013 stabil und geschlossen.“
FDP spricht von einer „Mitleidsnummer“
Der überraschende Wechsel von Twesten habe dem Ansehen des Landtags geschadet, sagte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel. „Es wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Sie ihr Mandat niedergelegt hätten und für einen Nachrücker Platz gemacht hätten. Nicht mir zuliebe und auch nicht uns zuliebe, sondern dem Ruf der parlamentarischen Demokratie in Niedersachsen zuliebe.“
Die FDP bezeichnete die Kritik von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) an Twesten als „Mitleidsnummer“. „Herr Ministerpräsident, Sie sind an sich selbst gescheitert und nicht an Elke Twesten“, sagte FDP-Landeschef Stefan Birkner am Donnerstag im Landtag. Von Anfang an sei die rot-grüne Regierung von Chaos, Versagen und Genossenfilz geprägt gewesen.
Als eine inszenierte Wahlkampfkampagne bezeichnete Ministerpräsident Weil indes die am Wochenende unmittelbar nach Beginn der Regierungskrise gegen ihn erhobenen Vorwürfe im VW-Dieselskandal. Danach ließ Weil eine Regierungserklärung zur VW-Affäre im Oktober 2015 vorab an den Autokonzern geben. Anschließend gab es geringfügige Anpassungen im Text. „Die Landesregierung hat sich völlig korrekt verhalten, aber völlig“, betonte er.
Es sei in der Krise darum gegangen, Schaden vom Land abzuhalten. „Es gibt nichts zu beanstanden.“ Vielmehr schade der Wirbel um die Abstimmung zwischen Landesregierung und VW Niedersachsen massiv, weil nun erneut eine Diskussion um die Landesbeteiligung an dem Autobauer losgetreten worden sei.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale