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Neuregelung der OrganspendeSpeicher für Nieren, Lungen, Herzen

Jeder Bürger soll künftig sagen, ob er nach dem Tod Organe spenden möchte oder nicht. Der Gesundheitsminister bringt nun eine Gesetzesänderung ins Spiel.

Organspende reformieren? Der Gesundheitsminister schlägt einen simplen Änderungsantrag zum Transplantationsgesetz vor. Bild: dpa

BERLIN taz | Mit der elektronischen Gesundheitskarte verknüpft werden soll eine medizinethische Frage: die Neuregelung der Organspende. Jährlich warten in Deutschland 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan, aber nur 3.000 können eines bekommen. Pro Tag sterben deswegen drei Menschen. Zugleich sagen in Umfragen 75 Prozent der Deutschen Ja zur Organspende, aber nur 25 Prozent haben einen Spenderausweis.

Wie also die Zahl der Spendewilligen erhöhen? Als fraktionsübergreifender Konsens zeichnet sich eine Neuregelung des Transplantationsgesetzes ab. Danach soll jeder Bürger künftig alle fünf Jahre von seiner Krankenkasse zu seiner Organspendebereitschaft befragt werden und mit "Ja", "Nein" oder "Möchte mich noch nicht entscheiden" antworten können. Gespeichert werden soll das auf der Gesundheitskarte. Bislang war das Tragen eines Organspendeausweises freiwillig.

Eine Pflicht zu antworten soll es nicht geben. Diese würde dem verfassungsrechtlichen Grundsatz widersprechen, wonach das Recht auf Selbstbestimmung auch das Recht umfasst, sich nicht zu verhalten. Wer sich jedoch enthält oder noch nicht entscheiden will, muss damit rechnen, dass seine Angehörigen im Todesfall über eine etwaige Organentnahme entscheiden.

So weit, so Konsens. Strittig ist indes, wer die Reform wie auf den Weg bringen soll. Seit Monaten arbeiten sechs Bundestagsabgeordnete von CDU, FDP und SPD an einem gemeinsamen Gruppenantrag für einen Gesetzentwurf - fraktionsübergreifend, wie es bei ethisch umstrittenen Fragen im Parlament üblich ist. Geplant war eine große parlamentarische Debatte, an deren Ende die Botschaft stehen sollte: Die gesellschaftspolitische Dimension der Organspende ist größer als parteipolitisches Gezänk.

Zu Wochenanfang preschte dann der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor und erklärte, die Organspende könne ebenso gut mit einem simplen Änderungsantrag zum Transplantationsgesetz reformiert werden, den er praktischerweise auch schon ausgearbeitet habe. Die Neuregelung der Organspende ginge damit einzig auf das Profilierungskonto des Ministers. Bislang war Bahr Expertenanhörungen zum Thema eher ferngeblieben.

Die Abgeordneten sind empört, zumal der Änderungsantrag des Ministers fast wortgleich mit ihrem Gruppenantrag ist, den Bahr kannte. "Das ist Plagiat pur", urteilt die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD). Allerdings sind Bahrs Erfolgsaussichten gering: Die Abgeordneten von FDP und CDU erklärten am Mittwoch, sie wollten an ihrem Gruppenantrag mit der SPD festhalten.

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6 Kommentare

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  • H
    harri

    Nun, ein Problem besteht auch sicher darin, dass die Entscheidung getroffen werden muss, WER ein Organ erhält. Vermutlich werden dabei überdurchschnittlich viele Kassenpatienten zu Spendern von Privatversicherten? Underdogs als Vorratsspeicher?

  • W
    W.Albers

    Also ich habe 2 Nierentransplantationen hinter mir.

    1 Niere kam von meinem Vater und die 2. Niere von einem Motorradfahrer aus St. Gallen (Schweiz).

    Da ich in der Schweiz gearbeitet habe, wurde ich dort behandelt. Auf die 2.Niere habe ich ca. 3 Jahre warten müssen und die Zeit mit Heimdialyse hinter mich gebracht.

    Meine ganze Familie trägt Organspendeausweise und ich habe eine Slightshow über meine Art mit diesen

    Herausforderungen fertig zu werden gemacht und an verschiedenen Anlässen in der Schweiz gezeigt und mich den Diskussion gestellt. Patientenverfügung haben wir selbstverständlich auch.

    Für mich sollten ALLE,die keinen Organspenderasuweis haben, in der Zuteilungsliste ganz nach hinten kommen, da diese Personen (für mich) grosse EgoistInnen sind. Mag hart sein, aber das Leben ist eben nicht nur Sonnenschein.

  • H
    hann0s

    @ Silvia: "Danach soll jeder Bürger künftig alle fünf Jahre von seiner Krankenkasse zu seiner Organspendebereitschaft befragt werden und mit "Ja", "Nein" oder "Möchte mich noch nicht entscheiden" antworten können"

    Lesen bildet, aber hey, hauptsache ma gegen die pösen Organspenderfaschisten gepöbelt, was? Wobei ich mir nicht sicher bin, der Beitrag ist verdammt wirr.

     

    @ Spender: Das kann gut sein mit dem Aktionismus, aber es gibt, wie du ja sogar hier bei Silvia siehst, oft einfach keinerlei Wissen über dieses Thema und aus blinder Angst vor dem Tod wird da auch nicht viel drüber nachgedacht. Wer außer Fachleuten weiß denn genau, wie sone Organspende dann genau abläuft? Solang die Leute sich nicht zwingend entscheiden müssen und das nicht zentral gespeichert wird finde ich es richtig, dass das Thema gesellschaftlich wenigstens angesprochen wird. Ich glaube keiner will israelische Zustände, bei denen Spender ganz oben auf der Liste stehen.(wobei ich es wirklich Schade finden würde wenn meine Leber einen aus der "wandelndes Ersatzteillager"-Fraktion bekommen würde.)

  • O
    Orgi

    Die meisten mit denen ich über das Thema spreche fragen mich, wo ich denn meinen Organspenderausweis überhaupt her habe. Ich denke mal, etwas mehr Aufklärung/Werbung in der Sache hätte vielleicht auch Erfolg gehabt. Aber die Versuche dahingegend waren in den letzten Jahrzehnten ja eher kläglich.

    Aber das jetzt auf diese unsichere, vermurkste Patientenauskunftskarte nochmal als kleines Extra draufzuschreiben macht mich als überzeugten Spender fast zum Gegner der ganzen Geschichte an sich.

    Kann man sich denn nicht für irgendetwas oder auch dagegen entscheiden, ohne dass es gleich ALLE wisen die ein Lesegerät haben oder das passende Tool für ein paar Euro? Wer berät diese Leute im Bundestag eigentlich nur?

  • S
    Spender

    Also nochmal für alle die in dieser Problematik das grundsätzliche Problem immer wieder NICHT erwähnen...

    Das Organspende Problem besteht nicht darin das zu wenige Bürger spenden möchten. Das Problem besteht darin, dass die Kassen keine Kosten für einen Organspendebeauftragten in den Kliniken bezahlen. Daher ist ein Organspendebeauftragter quasi von der Klinik für lau zustellen. Da machen viele Kliniken nicht mit. So werden die Organe erst gar nicht entnommen, selbst wenn diese angefragt und verfügbar wären.

    Aber dem Bürger vorhalten er wäre nicht spendewillig find ich zum ekelhafte Propaganda.

    In meinen Augen ist dies reiner politischer Aktionismus anstatt es richtig zu machen... Gelder für Organspendebeauftragten in den Kliniken zu bereitzustellen.

  • S
    Silvia

    aha-und was genau ist denn jetzt die neuregelung?dass ich solange organspender bin bis ich nein sage?sage ich nichts,laufendes ersatzteillager?also,da bleibe ich lieber ethisch verzottelte chimere und überlege mir einen vernünftigen umgang mit dem tod-schmerzhaft sind alle wege...aber ethik ist wohl auch gentechnisch verändert...mähääähäääääääähhäääääääääähhhäääää