Neuregelung der Grunderwerbsteuer: Modell Holland gegen Share Deals
Die Grünen legen ein Gutachten zur Bekämpfung der Grundstücksspekulation vor. Das könnte Finanzminister Scholz bei einem neuen Gesetz helfen.
Ende Juli hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Eindämmung der Share Deals beschlossen. Damit soll eine Praxis unterbunden werden, mit der die Grunderwerbssteuer beim Kauf von Häusern und Grundstücken umgangen wird. Wer kein komplettes Grundstück erwirbt, sondern nur bis zu 94,9 Prozent der Anteile daran, muss bisher keine Grunderwebssteuer zahlen. Zudem kann er nach fünf Jahren die restlichen Anteile steuerfrei erwerben. Diese Umgehungsmöglichkeit der Grunderwerbssteuer erleichtert die Spekulation mit Grundstücken.
Der Gesetzentwurf, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zusammen mit den Länderfinanzministern erarbeitet hat, senkt nun die Schwelle für steuerfreie Anteilskäufe auf 89,9 Prozent. Die restlichen Anteile können erst nach zehn Jahren steuerfrei hinzuerworben werden.
Allerdings wären von dieser Regelung auch ganz gewöhnliche börsennotierte Unternehmen betroffen, wenn 90 Prozent ihrer Aktien innerhalb von zehn Jahren den Besitzer wechseln. Der Chemiekonzern BASF äußerte daher im Juli Bedenken gegen das geplante Gesetz. Vor allem auf Unionsseite gibt es nun Überlegungen, börsennotierte Unternehmen von der Neuregelung auszunehmen. Damit hätten auch börsennotierte Immobilienunternehmen wie die Deutsche Wohnen freie Hand bei Share Deals.
Das niederländische Modell, das die Grünen nun zur Diskussion vorlegen, böte einen Ausweg. Börsennotierte Immobilienunternehmen könnten mit der Grunderwerbssteuer belastet werden, ohne dass andere Börsenunternehmen einbezogen würden. Zudem würde die Steuer schon ab einem Erwerb von 33,3 Prozent der Anteile einsetzen.
Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus, zeigte sich bei der Vorstellung des Gutachtens skeptisch, ob die von der Regierung geplante Neuregelung jetzt noch zu verändern sei: „Ich bin Realistin“, sagte sie. „Die Regierung hat das nach langer Diskussion beschlossen.“ Die geplante Neuregelung sei jedoch eine „Pseudo-Lösung“, die Share Deals nicht beenden werde. Eine Debatte um eine weitere Novelle werde kommen, das Gutachten böte dann eine Diskussionsgrundlage.
Wichtig ist für Paus zunächst, dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht weiter verwässert wird. Ende September steht die erste Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren