Neues vom Berlin-Pass-Nachfolger: Übergangslösung für Sozialticket
Der Senat lenkt ein: Geringverdiener können wieder mit dem Leistungsbescheid das BVG-Sozialticket nutzen. Unklar bleibt, was mit alten Bußgeldern ist.
Darüber hinaus gebe es nun Gespräche zwischen BVG, Wirtschafts- und Sozialverwaltung, wie eine „ordentliche digitale Lösung für das Sozialticket“ aussehen könnte. „Und es gibt einen SPD-Beschluss: Wenn das alles nicht funktioniert, gehen wir Anfang 2025 zum alten Berlin-Pass zurück!“ Seit der Abschaffung des Berlin-Passes vor einem Jahr haben Tausende Geringverdiener große Probleme mit der BVG.
Eigentlich sollten alle Bezieher von Sozialleistungen – von Jobcenter, Sozialämtern, Wohngeldstellen, Landesflüchtlingsamt – automatisch mit dem Leistungsbescheid einen „Berechtigungsnachweis“ bekommen, mit dem sie eine VBB Kundenkarte S bei der BVG beantragen konnten. Und nur mit dieser durften sie das günstige 9-Euro-Sozialticket nutzen. Doch Berechtigungsnachweise kommen oft Wochen zu spät oder gar nicht, die VBB-Kundenkarte war über Monate nur online zu beantragen, was viele Menschen überforderte. Die Folge: Über 7.000 Geringverdiener bekamen bei BVG-Kontrollen „erhöhte Beförderungsentgelte“ von 60 Euro aufgebrummt.
Ob diese nun obsolet sind, „ist eine gute Frage“, so Düsterhöft. Er erwarte jedoch, „dass die BVG hier sehr kulant ist“.
Bußgeld-Frage noch offen
Sozialsenatorin Cancel Kiziltepe (SPD) bestätigte der taz, dass man zur „Übergangslösung“ zurückgehe. „Wir haben das Problem erkannt und entsprechend mit Wirtschaftsverwaltung und BVG verhandelt.“ Ob die bisherigen Bußgelder aufgehoben sind, konnte sie nicht sagen. In Kraft trete das Ganze frühestens am Freitag oder Anfang nächster Woche, zuvor seien noch Absprachen mit der S-Bahn nötig.
Grüne und Linke hatten für die SItzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag einen Antrag eingebracht, der die Rückkehr zur unbürokratischen Anschaffung des Berlin Passes über die Bürgerämter forderte. Dass der Senat nun aktiv geworden sei, nachdem er über Monate trotz vieler Klagen von Betroffenen nichts unternommen hatte, „liegt nur am Druck von uns Grünen und den Linken“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Taylan Kurt, am Mittwoch der taz.
Er betonte, die Grünen wollten weiterhin eine digitale Lösung „in Form einer App“ und er erwarte dazu eine Lösung der Sozialverwaltung. Außerdem erwarte er von Kiziltepe, dass sie sich dafür einsetze, dass die erteilten Bußgelder erlassen werden. „Die ganze Situation ist entstanden aufgrund eines Verwaltungsversagens. Es kann nicht sein, dass die tausenden Betroffenen das nun ausbaden müssen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen