Neues aus der Vogelforschung: Kippenstummel halten Nester sauber
Stadtvögel können mit alten Zigarettenresten für weniger Schädlinge in ihren Nestern sorgen. Forscher vermuten, dass das Nikotin in den Stummeln Parasiten abhält.
LONDON dpa | Zigarettenstummel in Vogelnestern halten Parasiten fern. Das zeigt eine Untersuchung mexikanischer Forscher, die in der britischen Zeitschrift Biology Letters erschienen ist. Das Team um Isabel López-Rull von der Nationaluniversität UNAM in Mexiko-Stadt nahm in der Studie Nester von Haussperlingen und Hausgimpeln unter die Lupe. Beide Arten sind in Städten verbreitet.
In fast allen Nestern fanden die Wissenschaftler Zellulose von Zigarettenstummeln. Je größer das Gewicht der eingebauten Zellulose war, desto weniger Schädlinge fanden sie in den Nestern. Die Forscher vermuten, dass das Nikotin, das die Vögel über die eingebauten Stummel in ihre Nester bringen, viele Parasiten abschreckt.
López-Rull hatte in der Brutsaison des Jahres 2011 über 50 Nester von Haussperlingen (Passer domesticus) und Hausgimpeln (Carpodacus mexicanus) auf dem Universitätsgelände untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass diese umso weniger Außenparasiten, also etwa Federlinge und Milben enthielten, je mehr die Vögel alte, aufgerauchte Zigaretten im Nest verbaut hatten.
Während der zweiten Brut des Jahres bauten die Forscher kleine klebrige Wärmefallen in die Nester, die elektrisch auf 37 Grad aufgeheizt wurden und so Parasiten anlocken und fangen sollten. Jeweils eine dieser Fallen in jedem Nest wurde mit dem Stummel einer gerauchten Zigarette kombiniert, die andere mit dem Filterteil einer ungerauchten Zigarette. Dabei zeigte sich, dass an den Fallen mit gerauchten Zigarettenteilen im Schnitt nur höchstens die Hälfte an Parasiten klebten – unabhängig vom Brutstadium des Nestes.
Es ist den Forschern zufolge bekannt, dass gerade Stummel von gerauchten Zigaretten große Mengen von Nikotin und anderen giftigen Substanzen enthalten. Sie weisen daher darauf hin, dass die Gifte der Stummel – trotz ihrer Parasiten abwehrenden Wirkung – auch schädlich für die Vögel sein könnten.
Es sei zudem bekannt, dass einige Vogelarten bestimmte Pflanzen in ihr Nest bringen, um damit Schädlinge abzuwehren. Es könne also sein, dass Vögel in der Stadt Zigarettenstummel ins Nest einbauen, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen, so die Forscher. Aber auch die dämmende Wirkung der Zellulose könne eine Erklärung für den Einbau sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“