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Neues Onlineportal gestartetAntimuslimischen Rassismus melden

Ein Internetportal soll Diskriminierung und Übergriffe gegen Mus­li­m:in­nen in Deutschland registrieren. Bisher ist die Dunkelziffer wohl hoch.

Die Plakatkampagne gegen antimuslimischen Rassismus und die Bewerbung des Meldeportals I Report Foto: Claim-Allianz

Berlin epd | In Deutschland gibt es ab sofort ein bundesweites Meldeportal zur Erfassung von antimuslimischem Rassismus. Auf der Internetseite www.i-report.eu können künftig Vorfälle gemeldet werden, die sich gegen Muslime oder als muslimisch gelesene Menschen richten, kündigte die Initiative Claim-Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit am Mittwoch in Berlin an. Den Angaben zufolge handelt es sich um das erste bundesweite Melderegister für islamfeindliche und antimuslimische Übergriffe.

Laut Bundesinnenministerium wurden 2020 in Deutschland 1.026 islamfeindliche Straftaten erfasst. „Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs“, sagte die Projektleiterin der Claim-Allianz, Rima Hanano. Die Dunkelziffer werde von Experten und Expertinnen weitaus höher geschätzt. So würden viele Vorfälle von Behörden nicht als „islamfeindlich“ eingestuft oder von Betroffenen gar nicht erst zur Anzeige gebracht.

„Wir haben es bei antimuslimischem Rassismus keineswegs mit einem Randphänomen zu tun. Ausgrenzungen, menschenfeindliche Bedrohungen oder Beleidigungen sind für viele Menschen eine alltägliche Erfahrung“, sagte Hanano. Als Beispiele wurden physische und psychische Übergriffe und Diskriminierungen im Bildungsbereich, im Gesundheitswesen, auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt und im öffentlichen Raum genannt.

Eva Andrades, Geschäftsführerin des Antidiskriminierungsverbandes Deutschland (ADVD), berichtete von einer stetigen Zunahme von Beschwerden wegen rassistischer Diskriminierungen. „Das betrifft antimuslimischen Rassismus. Das betrifft aber auch andere Formen von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Anti-Schwarzen-Rassismus und jetzt ganz aktuell antiasiatischen Rassismus im Zuge der Coronapandemie.“ Diese Vorfälle hätten eines gemeinsam: „Sie verletzen die Menschenwürde. Sie verhindern Teilhabe. Und sie führen dazu, dass das Gleichheitsgebot, was wir eigentlich in unserer Gesellschaft haben, nicht zum Tragen kommen kann“, sagte Andrades.

Ziel des neuen Meldeportals für antimuslimischen Rassismus ist den Angaben zufolge die Schaffung einer Datengrundlage nach einheitlichen Indikatoren. Vorfälle können zum Start des Registers zunächst nur in Deutsch gemeldet werden. In Kürze soll das Angebot auch auf Englisch, Arabisch, Türkisch, Kurdisch und weitere Sprachen erweitert werden.

Betroffene sollen über das Portal zudem leichter eine Beratung oder Unterstützungsangebote vermittelt bekommen. Denn bislang wüssten diese oft nicht, an wen sie sich richten können. Ziel der systematischen Erfassung antimuslimischer Vorfälle sei zudem, „dass strukturelle Diskriminierung beseitigt wird“, betonte Andrades.

Anlass für den Start des neuen Melderegisters ist auch die am Donnerstag beginnende Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus, die bis zum 1. Juli läuft. Am 1. Juli 2009 wurde Marwa El-Sherbini im Landgericht Dresden ermordet, als sie nach einer Zeugenaussage das Gebäude verlassen wollte. Der Mord an der schwangeren, 32-jährigen Pharmazeutin aus Ägypten wurde auch international zum Beispiel dafür, welche Folgen Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus haben können.

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4 Kommentare

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  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Warum kann man das nicht gleich für antijüdischen Rassismus mit nutzen?

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Weil es da andere Plattformen und gar ganz andere Prozesse schon lange gibt. Diese haben aber umgekehrt sich nur um den anti-muslimischen Rasissmus kümmern wollen. Somit braucht es diese Portal eben auch für andere Minderheiten in diesem Land. Denn auf die Polizei ist ja bekanntlich kein Verlass.

  • hmmm - grundsätzlich bin ich freund davon, ross und reiter zu kennen und zu benennen. nur so kann man gezielte programme lancieren die änderungen herbeiführen. es sollte jedoch teil der polizeiarbeit sein und nicht politisch-lobbyistisch motiviert.



    kein freund bin ich von privat geführten denunziations-seiten. was unterscheidet diese seite (auch wenn sie hübsch gemacht ist) von anderen seiten die beispielsweise muslimischen rassismus thematisiert und zählt.



    wie sind hier die fraud-mechanismen. wer prüft die angaben?



    nach sichtung der möglichkeiten die man hier angeben kann ist so ziemlich alles ein anti-muslimisches motiv bzw. es hängt halt ganz einfach davon ab wie man gerade drauf ist.

    kurz und gut: natürlich gibt es eine dunkelziffer und ein problem ist vorhanden.



    "private" zählungen sind jedoch keine gute idee und haben stark das geschmäckle, das eigene image zu pflegen

    was ist im übrigen ein antimuslimischer angriff gegen sachen (ja das gibt es und nein - institutionen und gebäude sind nicht gemeint - das ist da eine eigene kategorie).

    • @Frank Manoe:

      Aber bei Antisemitismus gibt es doch auch ganz viele private Organisationen (z.B. die Eigeninitiative von Tagesspiegle und Zeit, oder die Amadeus-Stifung). Und zwar zu Recht, weil die Polizei eben nicht aktiv wird. Weil Sie Ermittlungen fahrlässig, bzw. bewusst schlecht durchführt. Oder gar nicht erst die Anträge aufnimmt.



      Das diese Angaben natürlich überprüft werden müssen, setze ich voraus!