Neues Kongo-Abkommen: Gerüchteküche in Goma
Was könnte der neue „Rahmenvertrag“ für Kongo in den Kriegsgebieten im Osten bringen? Eingreiftruppen, Drohnen – und zerstrittene Rebellen.
GOMA taz | Es knackt und rauscht in den Mobilfunkverbindungen. Telefongespräche in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma sind nur abgehackt, manche kommen nie zustande. Am Donnerstagabend brach das Telefonnetz komplett zusammen. Die wildesten Gerüchte spuken umher.
Von Zwist innerhalb der M23-Rebellenarmee in den Anhöhen nördlich von Goma ist die Rede: Streitigkeiten um die Kommandohoheit, gegenseitige Androhungen von Verhaftung, Auseinandersetzungen zwischen Kriegstreibern und Moderaten.
Klar scheint: die M23 (Bewegung des 23. März), die mit ihrem Blitzkrieg in Nord-Kivu letztes Jahr Kongos Regierung in die Defensive trieb und sogar elf Tage lang Goma besetzte, steht scheinbar mit dem Rücken zur Wand. Denn sie ist nicht Teil der internationalen Vereinbarung zur Befriedung der Demokratischen Republik Kongo, die am Sonntag in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba unterzeichnet werden soll.
Die Vereinbarung gilt als Grundlage, auf der eventuell Ende des Monats der UN-Sicherheitsrat über die Stationierung einer neuen regionalen Eingreiftruppe im Kongo entscheiden kann. Seit Monaten wird darüber diskutiert – letztes Jahr konnten weder die UN-Blauhelme noch Kongos Armee verhindern, dass die M23 in Goma einmarschierte, und das soll sich nicht wiederholen.
Tansania, Mosambik und Südafrika haben sich im Rahmen der SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) bereit erklärt, 4.000 Soldaten in den Ostkongo zu entsenden. Sie sollen ein robustes Mandat bekommen, um Rebellengruppen zu bekämpfen. Doch noch immer wird gestritten, ob diese SADC-Truppen im Rahmen der bestehenden UN-Blauhelmmission stationiert sein sollen und wie ihre Kommandohierarchie funktionieren könnte.
„Wenn wir eine Eingreiftruppe in Zusammenarbeit mit Monusco haben, dann haben wir bessere Kapazitäten, mit den Umständen in Kongo umzugehen“, sagt der Monusco-Kommandeur in Goma, Generalleutnant Chander Prakash. „Derzeit sind unsere Kapazitäten komplett ausgeschöpft.“
In Goma werden überall Zweifel laut, ob eine solche Eingreiftruppe – selbst mit einem offensiven Mandat – Sinn macht. Tansanier und Südafrikaner wären im unwegsamen Dschungel der Kivu-Provinzen mit fast 50 Rebellengruppen konfrontiert.
Überwachungsdrohnen über dem Dschungel
Beschlossene Sache scheint die Stationierung von unbewaffneten Drohnen: Das mit allerlei Hightechgerät ausgestattete unbemannte Flugsystem soll im Juni die ersten Aufklärungsmissionen über Ostkongo starten. 15 Millionen Dollar werden von der UNO bereitgestellt, die internationale Ausschreibung läuft.
Mit einer Überwachungsdrohne lassen sich sogar nachts Positionen und Bewegungen bewaffneter Gruppen ausmachen, auch eventuelle Truppenbewegungen über die Grenzen. Die Kameras seien so gut, bestätigen Experten, dass man selbst das Lächeln von M23-Präsident Jean-Marie Runiga erkennen könne.
M23-Chef findet das alles nicht lustig
Dem M23-Führer ist das Lächeln fast vergangen, seit er sich aus Goma wieder in seine Hauptstadt Bunagana an der ugandischen Grenze zurückziehen musste. „Ich sitze hier praktisch fest“, klagt Runiga vor dem großen Haus, das er als Amtssitz gewählt hat. Der UN-Sicherheitsrat hat ihn als obersten Chef der M23 auf seine Sanktionsliste gesetzt, jetzt hat er Reiseverbot.
Deswegen kann er auch nicht in Ugandas Hauptstadt Kampala fahren, wo seit Dezember die M23 und Kongos Regierung verhandeln. Die Gespräche scheinen im Sand zu verlaufen. Nach und nach ziehen beide Seiten ihre Delegierten ab – auch, um Geld zu sparen, sagt Runiga.
Der M23-Chef zeigt ein Dokument vor: 82 Forderungen hatte die M23 an die Regierung gerichtet. Nur drei Punkte hat die Regierung als legitim akzeptiert. „Anscheinend will die Regierung keinen Frieden schließen“, seufzt er.
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